Lausitzer Geschichte: Der hartnäckige Glaube an die widerlegte „Slawenlegende“

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Die „Slawenlegende“ stellt eine der hartnäckigsten Geschichtslügen der Neuzeit da. Höchst wahrscheinlich geht sie auf die Promotion von Walther Steller zurück. Demnach sollen Slawen lediglich „Ostgermanen“ seien, die lediglich die Christianisierung abgelehnt haben.

Warum die „Slawenlegende“ noch heute geglaubt wird

Die „Slawenlegende“ wird zwar in weiten Teilen von etablierten Wissenschaft abgelehnt, aber Teile davon haben sich bis in die Gegenwart gehalten.

Krude Ideologie: Walther Steller war ein NS-Überzeugungstäter

Zu Walther Steller muss man Wissen, dass er nicht nur ein einfacher NSDAP-Angehöriger während der NS-Zeit war, sondern er war vielmehr ein regelrechter Überzeugungstäter. Viele traten nach der Machtergreifung von Hitler nur der NSDAP bei, weil sie sich eine große Kariere und andere Vorteile erhofften. Doch bei Walther Steller sieht die Situation ganz anders aus. Schon bei seiner Promotion – Anfang der 1920er Jahre – macht er aus seiner Gesinnung keinen großen Hehl und legt damit quasi zugleich dem Grundstein für die hartnäckige „Slawenlegende“ .

Zwischen „Urgermanentheorie“ und „Slawenlegende“

Die „Urgermanentheorie“ und „Slawenlegende“ gehen dabei Hand und Hand. Es waren hierbei – mehr oder minder – die selben Kreise und Personen, die sich als Quelle und Referenz gegenseitig bestätigten: In dieser in sich geschlossenen-wissenschaftlichen Filterblase entstand ein eigenes geschichtliches Universum, welches bis in die Gegenwart teilweise noch immer bestand hat.

Die slawische Haplogruppe R1a belegt die Anwesenheit von Slawen bereits vor 35.000 Jahren

>>Staatsfunk „Mitteldeutsche Rundfunk“ <<

„Während der Völkerwanderung im 6. Jahrhundert kamen einige slawische Stämme in die Region zwischen Saale und Neiße. Als „Sorben“ wurden die Verbände zwischen Saale und Mulde bezeichnet.“

Wider besseren Wissens werden Falschnachrichten verbreitet

Genetische Untersuchungen belegen zwar, dass die Slawen bereits vor 35.000 Jahren in der Region siedeln, dennoch wird – wider besseren Wissens – zumindest teilweise weiter an der „Slawenlegende“ des NS-Historikers Walther Steller festgehalten.

Slawen: „Bereits vor 35.000 Jahren in den böhmischen Eiszeitsteppen Mammuts jagten“

>>Radio Prag<<

„Nur ein Drittel der Tschechen ist Lucie Benešová zufolge genetisch tatsächlich slawisch, weitere 35 Prozent haben germanisch-keltische Wurzeln. Interessant ist, dass ganze 18 Prozent der Tschechen scheinbar Vorfahren haben, die bereits vor 35.000 Jahren in den böhmischen Eiszeitsteppen Mammuts jagten.“

Die slawische Haplogruppe R1a belegt die genetische Kontinuität

Die Haplogruppe R1a belegt die genetische Kontinuität von der Anwesenheit von Slawen in der Region. Auch andere gesicherte Fakten – wie die Römerschanze – belegen die dauerhafte Besiedlung durch Slawen.

„Imposantesten Burgwallanlagen – Deren Entstehung auf etwa 1200 v. Z. datiert wird“ 

>>Die Lausitzer von Günter Wermusch (Buch) <<

„Auf dem Gebiet der Lausitzer Kultur sind bislang etwa 150 befestigte Siedlungen, davon 30 in der Mark Brandenburg, bekannt. Auf die Reste einer der imposantesten Burgwallanlagen, deren Entstehung auf etwa 1200 v. Z. datiert wird, trifft man in der Nähe von Sacrow bei Potsdam. 19 Meter über dem Ufer des Lehnitzsees gelegen, erstreckte sie sich über eine Fläche von zwei Hektar, war von einem sechs Meter hohen Ringwall in Holz-Erde-Konstruktion umgeben und beherbergte schätzungsweise 1000 Menschen. Die im Volksmund „Römerschanze“ genannte Anlage wurde von den Slawen bis Anfang des 13. Jahrhunderts n. Z. genutzt. Das ursprüngliche Gebiet der Lausitzer Kultur war von sesshaften Bauern besiedelt. Die lernten sehr bald, durch gemeinschaftliche Unternehmungen Wasserläufe zu regulieren, Kanäle zu graben und Neuland urbar zu machen, das entweder zu trocken oder zu feucht war. Sie legten Dämme an, um Wasser zu speichern und damit das Land in sommerlichen Trockenzeiten zu bewässern.“

„Das ursprüngliche Gebiet der Lausitzer Kultur war von sesshaften Bauern besiedelt“

Rund 3.000 Jahre – bis ins 13. Jahrhundert unserer Zeitenrechnung – wurde die sogenannte „Römerschanze“ von dem Slawen genutzt, obwohl sie nach hiesiger Lehrmeinung angeblich erst im 6. Jahrhundert einwandert sein sollen? An solchen offenen Widersprüchen geben sich Teile hiesige Historiker-Gemeinde nur selbst der Lächerlichkeit preis. Spätestens an der Grenze zu Tschechiens und Polen endet ohnehin der wissenschaftliche Resonanzboden für diese Art von These. Aber nicht mal innerhalb eignen Gemeinde wird diese Theorie allumfassend geteilt: Denn die angesehene Akademie der Wissenschaften zu Göttingen steht wohl eher aktuelleren wissenschaftlichen Erkenntnissen nahe.

Die kaum tot zu bekommende „Slawenlegende

Die kaum tot zu bekommende „Slawenlegende“ scheint auch ein beispielhaftes Phänomen unserer Zeit zu sein. Eigentlich lebt Wissenschaft – wozu auch Historiker gehören – immer vom Streit. Eigentlich muss jede wissenschaftliche These – auf sachlichen Gebiet – verteidigt werden. Selbst Diplom-Arbeiten müssen in einer öffentlichen Anhörung diversen kritischen Fragen stand halten und erst danach darf derjenige sich offiziell Diplom-Ingenieur nennen. Es handelt sich also um eine Grundvoraussetzung für jede Art von wissenschaftlichen Arbeiten. Vereinfacht: Je Steiler die wissenschaftliche These, um so stichhaltiger müssen hierfür die Quellen und Beweise sein. Doch vom jenen grundlegenden wissenschaftlichen Verständnis entfernt man sich sukzessive immer weiter. Wenn aufgestellte Thesen nicht mehr offen kritisiert werden dürfen, dafür gibt es auch einem Begriff: Der nennt sich Religion.