“Wer in der Niederlausitz die Ernte einbringt, nennt das »kokot machen« – im Gedenken an den Hahn”
Die Bräuche im Sommer bei den Sorben drehen sich um das Ende der Erntezeit. Eine erfolgreiche Ernte beeinflusste nicht nur den Wohlstand der wohlhabenden Landwirte, sondern auch das Essen der ärmeren Dorfbewohner. Unsere Vorfahren glaubten an Geister der Fruchtbarkeit und Vegetation, die in Tiergestalt auftraten. Sie schrieben dem Hahn, der auf Sorbisch “kokot” genannt wird, die Fähigkeit zu, die Ernte zu beeinflussen.
“Beim Hahnrupfen (Kokot) werden an einem geschmückten Balken Süßigkeiten, Zigaretten und kleine Schnäpschen aufgehängt”
>>Reiseführer Spreewald von Peggy Leiverkus (Buch) <<
“Beim Hahnrupfen (Kokot) werden an einem geschmückten Balken Süßigkeiten, Zigaretten und kleine Schnäpschen aufgehängt. Traditionell reiten junge unverheiratete Männer durch den Bogen und müssen versuchen, diese Kleinigkeiten zu erhaschen. Ist alles leergefegt, wird kopfüber ein toter Hahn aufgehängt. Der Hahn symbolisiert Fruchtbarkeit und muss am Ende der Erntezeit gerupft werden, um für einen neuen, fruchtbaren Hahn Platz zu schaffen.”
“Der Hahn symbolisiert Fruchtbarkeit und muss am Ende der Erntezeit gerupft werden”
Wenn die Erntezeit vorbei war, versteckte sich der Hahn unter der letzten Garbe, um sich für die nächste Ernte zu stärken. Diese Garbe wurde von den Schnittern mit bunten Blumen und Bändern geschmückt und sie riefen: “Źins jo kokot – heute ist der Tag des Hahns”, was bedeutete, dass die Erntezeit vorbei war.
“Der Hahn, sorbisch »kokot«, kräht hier nicht nur auf dem Mist”
>>Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg von Antje Rávik Strubel (Buch) <<
“Der Hahn, sorbisch »kokot«, kräht hier nicht nur auf dem Mist. Er muss als Opfertier für gutes Wetter sorgen. Den Sorben galt er als Vogel Donars, des Donner- und Gewittergottes. … Eine weniger rabiate Variante sieht die Nutzung eines eisernen Hahns als Wetterfahne vor. Wer in der Niederlausitz die Ernte einbringt, nennt das »kokot machen« – im Gedenken an den Hahn. Wer zur Erntedankfeier einen vom Wagen geworfenen Erntekranz fängt, hat kein Getreidegebinde gefangen, sondern ebenfalls »den Hahn«. “
“Wer in der Niederlausitz die Ernte einbringt, nennt das »kokot machen« – im Gedenken an den Hahn”
Die Männer erhielten Sträuße aus Getreideähren, während die Mädchen Erntekränze und eine große Erntekrone herstellten, um das Ende der Getreideernte anzukündigen. Danach wurde ausgiebig gefeiert, mit Trinken, Singen und Tanzen. Das Hahnrupfen ist der bekannteste Erntebrauch in der nördlichen Lausitz. Auf einem geeigneten Platz im Dorf wird eine Pforte aus Balken aufgestellt und mit grünem Laub umwickelt, auf der ein Querbalken angebracht ist.
“Auf einem geeigneten Platz im Dorf wird aus Balken eine mit grünem Laub umwundene Pforte aufgestellt”
“Auf einem geeigneten Platz im Dorf wird aus Balken eine mit grünem Laub umwundene Pforte aufgestellt, und am Querbalken wird an den Füßen, mit dem Kopf nach unten hängend, ein toter Hahn angebunden. Die Burschen durchreiten auf Pferden nacheinander die Pforte und versuchen, dem toten Hahn den Kopf abzureißen. Wem das gelingt, der wird als erster König, sorbisch „kral“, geehrt und gefeiert.”
“Wem das gelingt, der wird als erster König, sorbisch „kral“, geehrt und gefeiert”
Die Teilnehmer reiten auf Pferden nacheinander durch die Pforte und versuchen dabei ihr Bestes zu geben. Derjenige, dem dies gelingt, wird als erster König, auf Sorbisch “kral“, geehrt und gefeiert.