Weimarer Republik & DDR: Frauen und Freikörperkultur als Gradmesser für verlorene Freiheitsrechte
Noch heute ist die DDR beinahe untrennbar mit der FKK-Bewegung verbunden. Stasi und Politbüro standen jenen textillosen Treiben eher skeptisch bis feindselig gegenüber. Doch die eigentlichen Ursprünge der heutigen Freikörperkultur können wohl im Ersten Weltkrieg gesehen werden. Nach gefühlt endlosen Blutvergießen des Krieges traten plötzlich ganz andere Fragen hervor.
Nacktunterricht in der Weimarer Republik: „Diese wurden nackt und teils auf Bäumen sitzend unterrichtet“
Die neue Freiheit zu Beginn der Weimarer Republik machte viele Dinge möglich, die heutzutage verboten oder schlicht Unvorstellbar wären. In der Lichtschulheim Lüneburger Land wurden Kinder: „Diese wurden nackt und teils auf Bäumen sitzend unterrichtet“ – Alleine solch ein Aufruf würde mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits ein Strafverfahren nach sich ziehen. Jenseits aller Ideologie stellt der Umgang mit Nacktheit auch immer ein Gradmesser für praktische Freiheitsrechte dar.
„Nackedeis fühlen sich am Südufer mit FKK-Badestrand und Campingplatz wohl“
>>Lausitzer Seenland (Heft) <<
„Nackedeis fühlen sich am Südufer mit FKK-Badestrand und Campingplatz wohl. Der blaue Barkas mitten im Wasser ist der Hingucker der Wakeboard- und Wasserskianlage am Halbendorfer See.“
Lausitz: Viele aktiven FKK-Badestrände rühren noch aus der DDR-Zeit her
Viele aktiven FKK-Badestrände rühren noch aus der DDR-Zeit her. Eigentlich stand die DDR-Führung der FKK-Bewegung skeptisch gegenüber, aber sie konnte Aufgrund der schieren Massen an Nacktbadern nicht wirklich etwas unternehmen.
„Wer kann schon sagen – Wo bei einer Mauer davor oder dahinter ist“
>>Anziehungskraft: Stil kennt keine Größe von Guido Maria Kretschmer (Buch) <<
„Die Ostdeutschen sind ja liberal, hatte sie gehört. »Ja ja, sie hatten nur Sex, FKK und die Mauer«, sagte sie. »Ganz ehrlich, wer kann schon sagen, wo bei einer Mauer davor oder dahinter ist.« Wo sie recht hat, hat sie recht.“
DDR: „Überall gab es FKK-Strände“
Tatsächlich wurde die Freikörperkultur aus dem 1920er Jahren nicht nur Fortgeführt, sondern blühte in der ehemaligen DDR regelrecht auf. Gerade die Frauen trieben die FKK-Kultur voran.
„Freikörperkultur aus den zwanziger Jahren wurde an der Ostsee traditionell weitergeführt“
>>Das gabs früher nicht: Ein Auslaufmodell zieht Bilanz von Bernd-Lutz Lange (Buch) <<
„Ich habe den Eindruck, in der DDR war man, was den Körper anbelangte, viel unverkrampfter als im Westen. Die Freikörperkultur aus den zwanziger Jahren wurde an der Ostsee traditionell weitergeführt. Überall gab es FKK-Strände. … Im Sommer tummelte sich dort die halbe DDR ohne textile Hüllen.“
FKK-Strände: „Im Sommer tummelte sich dort die halbe DDR ohne textile Hüllen“
Allerdings mit dem Ende der DDR war es mit Unverkrampftheit auch recht schnell vorbei. Nur selten waren zu DDR-Zeiten die FKK-Strände explizit ausgewiesen. Die vielen Absperrungen und Schilder sind erst nach der Wiedervereinigung aufgekommen. Auch ansonsten trat die „neue Freiheit“ in ganz anderen Erscheinungsformen hervor.
Freiheitsrechte nach der Wiedervereinigung: „In Leipzig und Dresden wurden Nacktradler-Demos verboten“
>>Das gabs früher nicht: Ein Auslaufmodell zieht Bilanz von Bernd-Lutz Lange (Buch) <<
„In Leipzig und Dresden wurden Nacktradler-Demos verboten. Fahrradaktivisten hatten zum Naked Bike Ride aufgerufen, um für das Rad als umweltschonendes Verkehrsmittel zu werben.“
Verbot von „Naked Bike Ride“ – Gradmesser an Freiheitsrechten
Die sogenannten „Nacktradler-Demos“ wurden aber erst nach der Wiedervereinigung verboten. Tatsächlich hagelt es bei sogenannten „Nacktprotest“ saftige Strafen herab, die mitunter sogar ins Gefängnis führen können. Außerhalb ausgewiesener FKK-Stränden stellt öffentliche Nacktheit praktisch eine Straftat dar: Zumindest ist es keine gute Idee – vor Gericht – auf seine „Freiheitsrechte“ hinzuweisen. Ohnehin hat die FFK-Bewegung eine ganz andere Geschichte innerhalb der West-BRD durchlebt.
FFK-Bewegung in der West-BRD: Häufig ein Einfallstor für Pädosexuelle
„Mit bürgerlichem Namen hieß er Hans-Joachim Oertel. Er war der Erfinder des FKK-Wasserwanderns, bei dem er seine beiden Vorlieben miteinander verband: den jugendbewegten Ausflug und die Freikörperkultur. Ortil gründete in Bremen die »Hansischen Seepiraten«. … Ortil gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg wohl zu den aktivsten Pädosexuellen der jugendbewegten Bünde.“
„Die Revolution missbraucht ihre Kinder“ – „Pädosexuellen der jugendbewegten Bünde“
Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten auch in der West-BRD viele Menschen an die Tradition der Freikörperkultur der 1920er Jahre anknüpfen. Doch viele Bewegungen wurden entweder durch Pädophile unterwandert oder sogar extra dafür gegründet. Nichtsdestotrotz sind viele Initiativen sicherlich einst mit den besten Absichten und Zielen gestartet.
Lichtschulheim Lüneburger Land: „Diese wurden nackt und teils auf Bäumen sitzend unterrichtet“
„In den zwanziger Jahren etwa betrieb der Pädagoge Walter Fränzel im Dorf Glüsingen das „Lichtschulheim Lüneburger Land“, eine reformpädagogische „höhere Schule für Knaben und Mädchen“. Diese wurden nackt und teils auf Bäumen sitzend unterrichtet.“
Beginn der Weimarer Republik: Wo sind eigentlich die Freiheitsrechte geblieben?
Der verantwortliche Pädagoge Walter Fränzel dürfte über jeden Zweifel erhaben sein. Die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg dürften gewiss eine entschiedene Rolle gespielt haben. Nach gefühlt endlosen Blutvergießen des Krieges traten plötzlich ganz andere Fragen hervor. Die neue Freiheit zu Beginn der Weimarer Republik machte viele Dinge möglich, was heutzutage undenkbar wäre. Vergleichbare Schulen wären jedenfalls in der heutigen vermeintlich „freiheitlichen Welt“ nicht mal mehr denkbar.