“Versteckte Preiserhöhungen um bis zu 75 Prozent” – Die Mogelpackung in der Wirtschaftsberichterstattung der öffentlichen Medien
Laut einer Studie ist die Wirtschaftsberichterstattung in ARD und ZDF zwar umfangreich, aber stark von der Bundespolitik beeinflusst und weist thematische Lücken auf. Das Herstellen von Zusammenhängen lässt zu wünschen übrig, wie beispielsweise bei der Berichterstattung über Mogelpackungen.
Inflation: “Versteckte Preiserhöhungen um bis zu 75 Prozent”
>>Staatsfunk “Norddeutscher Rundfunk” <<
“Die Verpackungsgröße bleibt gleich, die Füllmengen hingegen ist geringer: Versteckte Preiserhöhungen um bis zu 75 Prozent sind laut Verbraucherschützern keine Seltenheit. Grund dafür: Die entsprechenden Regulierungen im Lebensmittel- und Eichrecht sind oft schwammig formuliert und geben den Herstellern großen Spielraum – auf Kosten der Kunden. … Verboten sind die Tricks nicht, denn es gibt keine rechtlichen Vorgaben für bestimmte Füllmengen oder Preisaufschläge auf saisonale Produkte.”
Inflation: “Die Verpackungsgröße bleibt gleich, die Füllmengen hingegen ist geringer”
Natürlich ist der Artikel noch weitaus länger und gehört offenbar zu einer regelrechten Serie von Artikeln über Mogelpackungen dazu. Trotz des langen Berichts wird der Elefant im Raum einfach ignoriert: Die Inflation. Die “versteckte Preiserhöhungen um bis zu 75 Prozent” ließen sich auch als versteckte Inflation von bis zu 75 Prozent erklären. Die These ist keinesfalls weit hergeholt und zeigt gleichzeitig wie Unrecht den betroffenen Unternehmen getan wird. Die Hersteller stehen untereinander im Preiskampf und haben ebenfalls mit steigenden Preisen zu kämpfen, welche sie irgendwie an die Kunden weitergeben müssen. Vielmehr würden sich die Ergebnisse dazu eignen, die Inflationsberechnung und die lockere Geldpolitik zu kritisieren.
Inflationsberechnung: “An Warenkorb und Wägungsschema kann man herummanipulieren”
>>Börsenstrategien für Dummies von Judith Engst & Janne Jörg Kipp (Buch) <<
“Der Kaufkraftverlust wird in Deutschland monatlich berechnet und in Form des sogenannten Verbraucherpreisindex veröffentlicht. Das ist sozusagen die offizielle Inflationsrate. … Das Problem ist: An Warenkorb und Wägungsschema kann man herummanipulieren. Wird die Butter teurer, dann legt man eben Margarine hinein. Werden Handys immer teurer, dann nimmt man die Teuerung nicht auf, weil die neuesten Handys ja technisch wesentlich mehr zu bieten haben als bisherige Modelle, die schließlich zu Recht billiger verkauft wurden. … Aus den USA wissen wir, dass dort die offizielle Inflationsberechnung schon mehrfach »angepasst« wurde. Und zwar so, dass sich der amtierende Präsident und Notenbankchef immer mit einer moderaten Inflationsrate schmücken konnte.”
USA: “Offizielle Inflationsberechnung schon mehrfach »angepasst« wurde”
Alleine die Berichterstattung am Beispiel der Mogelpackungen spiegeln die Nähe des Staates und seiner Interessen wider. Zugleich die Art der Berichterstattung in die Nähe von bewusster Desinformation kommt. Die Thematik der steigenden Preise werden einfach auf die Hersteller abgeschoben, doch es ist längst nicht alles. Beim genauen Lesen treten noch ganz andere Dinge hervor.
“Verboten sind die Tricks nicht, denn es gibt keine rechtlichen Vorgaben für bestimmte Füllmengen”
>>Staatsfunk “Norddeutscher Rundfunk” <<
“Die Verpackungsgröße bleibt gleich, die Füllmengen hingegen ist geringer: Versteckte Preiserhöhungen um bis zu 75 Prozent sind laut Verbraucherschützern keine Seltenheit. Grund dafür: Die entsprechenden Regulierungen im Lebensmittel- und Eichrecht sind oft schwammig formuliert und geben den Herstellern großen Spielraum – auf Kosten der Kunden. … Verboten sind die Tricks nicht, denn es gibt keine rechtlichen Vorgaben für bestimmte Füllmengen oder Preisaufschläge auf saisonale Produkte.”
“Regulierungen im Lebensmittel- und Eichrecht sind oft schwammig formuliert” – Feld für Preiskontrollen bereiten?
Was sind diese schwammigen und subtilen Andeutungen bezogen auf “Regulierungen im Lebensmittel- und Eichrecht” zu verstehen? Augenscheinlich wird schon mal der politische Weg für Preiskontrollen geebnet. Statt die staatliche Geldpolitik und Inflation zu kritisieren, soll eine politische Agenda schon mal vorbereitet werden. Wohin dies führt, das lässt sich an der Geschichte der Sowjetunion recht gut nachvollziehen.
“Sowjetische Wirtschaft mehr von Versorgungs- und Verteilungs-Seilschaften, frisierten Planzahlen und gefälschten Ergebnissen”
>>Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen<<
“Die staatliche Planungsbehörde der Sowjetunion Gosplan hatte von den 1920er Jahren bis zur Auflösung 1991 die Aufgabe, die gesamte Wirtschaft des riesigen Reiches zu steuern, Fünfjahrespläne für die Republiken, Regionen und jedes einzelne Werk zu erstellen, Ressourcen zu verteilen, die Fünfjahrespläne auf Jahrespläne herunterzubrechen, diese zu kontrollieren, nachzujustieren und Zahlen zu sammeln, um den nächsten Plan zu erstellen. Soweit die Theorie. Von der Praxis haben wir bis heute nur eine sehr vage Vorstellung. Fast scheint es, als sei die sowjetische Wirtschaft mehr von Versorgungs- und Verteilungs-Seilschaften, frisierten Planzahlen und gefälschten Ergebnissen, verschobenen Ressourcen und Waren, Unterschlagungen, Schwarzmarkt und nicht zuletzt „Gegenplänen“ bestimmt gewesen, mit denen im Hauruck-Verfahren die nicht mehr zu erfüllenden Planzahlen doch noch erreicht werden sollten. Den in den Medien stolz verkündeten Erfolgen standen die langen Schlangen vor Geschäften, die große Zahl von Defizitprodukten und die offiziellen Wartelisten für PKWs und Mietwohnungen gegenüber.”
“Medien stolz verkündeten Erfolgen” versus “Sanden die langen Schlangen vor Geschäften”
Preiskontrollen und Planwirtschaft hängen unmittelbar miteinander zusammen. Schließlich müssen die staatlich regulierten Preise vorher irgendwie ermittelt werden. Solche “Ideen” werden also bei der Berichterstattung über Mogelpackungen einfach mal eingestreut. Allerdings lässt es sich kaum als Zufall bezeichnen.
“Die Wirtschaftsberichterstattung von ARD und ZDF ist lückenhaft, der Mensch kommt hauptsächlich als Verbraucher vor”
“Die Wirtschaftsberichterstattung von ARD und ZDF ist lückenhaft, der Mensch kommt hauptsächlich als Verbraucher vor. Die Wirtschaftsberichterstattung in ARD und ZDF ist einer Studie zufolge zwar umfangreich, aber „stark von der Bundespolitik getrieben“ und thematisch „lückenhaft“. Kontinuität und Kontextualisierung, also das Herstellen von Zusammenhängen, ließen zu wünschen übrig, heißt es in der am Dienstag in Frankfurt veröffentlichten Untersuchung der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung.”
“Wirtschaftsberichterstattung” – “Stark von der Bundespolitik getrieben”
Die Autoren der Studie “Viel Kraft und wenig Biss” bezeichneten die inhaltliche Ausrichtung der Wirtschaftsmagazine als das “größte Fragezeichen“. Diese Magazine bezeichneten ihr Publikum hauptsächlich als “Verbraucher”. Laut der Brenner-Stiftung folgen die Nachrichtenformate in ihrer Berichterstattung über Wirtschaft größtenteils der Agenda des politischen Berlins. Andere Perspektiven bleiben hingegen oft unbeachtet und eine Konfrontation mit Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft findet nur selten statt. Insgesamt zeigt die Studie, dass es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen “viel Wirtschaft” gibt. Insgesamt könnte also die Wirtschaftsberichterstattung als Mogelpackung bezeichnet werden: Viel belanglose Berichterstattung, wenige relevante Informationen und das für einem sehr teuren Rundfunkbeitrag. Wenngleich die Studie insbesondere über Geldanlagejournalismus seltsame Logik aufstellt.
“Verbraucher- und Geldanlagejournalismus stiften interessierten Konsumenten unmittelbaren persönlichen Nutzen”
“Verbraucher- und Geldanlagejournalismus stiften interessierten Konsumenten unmittelbaren persönlichen Nutzen; hingegen sind ‚posttive externe Effekte‘ schwach ausgeprägt – die ja darin bestehen, dass ein hoher Informationsstand der Staatsbürgerinnen einer demokratischen Gesellschaft insgesamt zuträglich ist. Entsprechend ist bei diesen Formen des Wirtschaftsjournalismus mit einer soliden privaten Zahlungsbereitschaft zu rechnen. Zugleich sind die Fixkosten der Produktion relativ niedrig (die Skalenerträge sind nur schwach ausgeprägt), abhängig vom Qualitätsanspruch, weil teure spezialisierte Redaktionen nicht unbedingt benötigt werden. Eben deshalb gibt es für Verbraucher- und Geldanlagejournalismus ein breites und differenziertes privatwirtschaftliches Angebot, resultierend aus individueller Zahlungsbereitschaft und überschaubaren Kosten. Eine breite Palette von Zeitschriften und spezialisierten Websites bedient dieses Publikum.”
“Gibt es für Verbraucher- und Geldanlagejournalismus ein breites und differenziertes privatwirtschaftliches Angebot”
Praktisch zu jedem Themengebiet ist breites Angebot an Medien verfügbar, womit der gesammte der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk überflüssig ist. Nun wird genau dieses Angebot angeführt, um über Geldanlagethemen nicht berichten zu müssen. Zugleich der Rundfunkbeitrag mit erheblichen Kosten verbunden ist, welche auch noch sozial Schwache übermäßig belastet. Allerdings würde eine objektive Berichterstattung über die Inflation, das Thema “Mogelpackungen” in die Parade fahren.