Strukturwandel damals & heute – Blühende Landschaften in der Lausitz: „Das Gegenteil war jedoch der Fall“

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Innenstädte üben mehr und mehr die Wirkung von Geisterstädten aus: Viele Geschäfte sind meist leer und finden auch keine Nachmieter mehr. Zudem schlägt die Wirtschaftskrise voll durch: Unternehmen schließen für ihre Pforten oder müssen große Teile ihrer Belegschaft entlassen.

Strukturwandel Lausitz: Zwischen Geisterstädten und Massenentlassungen?

Dagegen wirkt das Gutachten der Kommissare für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ regelrecht aus Zeit gefallen. Mittlerweile scheinen selbst quasi halb-staatliche Stellen ihren Glauben an die „Kommissare“ – die nennen sich wirklich so – verloren zu haben. Doch es soll kein Umdenken im eigentlichen Sinne erfolgen, sondern das sogenannte „Erzählmuster“ soll angepasst werden.

Blühende Landschaften in der Lausitz: „Das Gegenteil war jedoch der Fall“

>>Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung<<

„Anfang der 1990er Jahre waren die Hoffnungen groß. Sie basierten auf der Annahme, dass die nun verfügbaren Freiheiten nicht nur den Wohlstand erhöhen, sondern auch die individuellen Handlungsspielräume vergrößern würden. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Die gleichzeitigen, rasanten und bruchhaften Veränderungen aller Lebensbereiche wirken als individuelle und kollektive Erfahrungen eines materiellen und eines Identitätsverlusts bis heute nach. Sie nähren die Skepsis gegenüber den konkreten Vorschlägen der Kommission für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ und der prinzipiellen Handlungsfähigkeit der politischen und administrativen Akteure.“

Kommission: „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ – „Skepsis gegenüber den konkreten Vorschlägen der Kommission“

Das Bahninstandhaltungswerk in Cottbus soll unter anderen die „Handlungsfähigkeit der politischen und administrativen Akteure“ festigen helfen: Doch bei genauer Betrachtung stellen sich die angeblich dort geschaffenen Arbeitsplätze als reine Luftbuchung heraus. Die Deutsche Bahnals staatliches Unternehmen – kann gewissermaßen per Federstrich neue Arbeitsplätze schaffen und diese auch ganz schnell wieder streichen.

Bahninstandhaltungswerk in Cottbus: Wie 1.520 Mitarbeiter still und leise entlassen wurden

Im Bahninstandhaltungswerk in Cottbus sollen 1.200 Arbeitsplätze entstehen, aber zuvor hat man 1.520 Mitarbeiter rausgeschmissen: Über das letzte Detail wird im staatlichen Rundfunk kein einziges Wort verloren. Stattdessen wird eine unreflektierte Jubelmeldung verbreitet, die bei näherer Betrachtung sich als grobe Irreführung des Publikums herausstellt.

„Bahninstandhaltungswerk in Cottbus mit heute 420 Mitarbeitern“ – Einst hatte nur die DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH 2.000 Mitarbeiter

>>Staatsfunk „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ <<

„Im neuen Technologie- und Verwaltungszentrum sollen Experten der Hybridforschung nachgehen. Das Bahninstandhaltungswerk in Cottbus mit heute 420 Mitarbeitern … „

Bahninstandhaltungswerk in Cottbus: Im Summe fand ein Stellenabbau statt

Alleine die DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH hatte einst 2.000 Menschen beschäftigt. Die Arbeitsplätze wurden kontinuierlich über die Jahre abgebaut, ohne dass der Staatsfunk es nötig sah: Einen großen Bericht zur dramatischen Lage zu verfassen.

„Ist die Zahl der Jobs im Cottbuser Werk auf 500 gesunken“

>>Stadt Cotttbus<<

„So verfüge das Instandsetzungswerk der Bahn in Cottbus über ausreichend Kapazitäten. Dennoch müssen Fachkräfte aus Cottbus an andere Standorte pendeln, an die die Fertigung verlagert worden ist. Dadurch ist die Zahl der Jobs im Cottbuser Werk auf 500 gesunken. … „Der einstige strukturprägende Bahnstandort Cottbus wurde im Zuge der politischen Wende einem ständigen Rationalisierungsprozess unterzogen. Allein im Werk Cottbus der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH sind von ehemals 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch etwa 500 tätig.“

„Von ehemals 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch etwa 500 tätig“

Zudem ist es eher fraglich, ob der Standort tatsächlich dauerhaft erhalten bleibt. Immerhin ist die Staatsbahn eher durch ihr Rekorddefizit bekannt. Bei der „nächsten Sparrunde“ könnte das Instandsetzungswerk der Bahn in Cottbus ganz schnell erneut auf der Streichliste landen. Auch andere behördliche „Arbeitsplatzwunder“ für die Lausitz stellen sich bei genauen Hinsehen als Luftnummer heraus.

„Ansiedlung neuer Behörden“ … mit altgedienten Beamten?

>>Märkische Oderzeitung<<

„Neue Bundesbehörde für die Lausitz: … Der Bund halte Wort beim Versprechen, über die Ansiedlung neuer Behörden tausende neuer Arbeitsplätze in den Kohleregionen zu schaffen. … Ministerpräsident … zeigte sich erfreut: „Die Ansiedlung der neuen Außenstelle hier in Weißwasser ist ein großer Erfolg für die ‎Stadt und die Lausitz‎.“ Die Bundesbehörde schaffe viele neue Stellen und stärke damit dauerhaft die Kaufkraft in der gesamten Region. Gleichzeitig sei die Ansiedlung ein „wichtiger Mosaikstein“, damit der Strukturwandel in der Lausitz ein Erfolg ‎werde. Die neue Außenstelle des Bundesamts hat ihre Arbeit bereits aufgenommen, bis Jahresende sollen mehr als 100 Menschen dort beschäftigt sein.“

„Bundesbehörde schaffe viele neue Stellen“ – Wo sollen die Stellenausschreibungen dazu zu finden sein?

Allerdings wirft schon die Wortwahl einige berechtigte Fragen auf: „sollen mehr als 100 Menschen dort beschäftigt sein“ – Für gewöhnlich bringen die Behörden ihren Mitarbeiter selbst mit und stellen kaum neue Leute ein. Abgesehen von prekär-bezahlten Aushilfs- oder Teilzeitstellen fallen für gewöhnlich keine echten Arbeitsplätze ab. Zudem werden quasi nach „alter Tradition“ die lukrativen Behördenposten innerhalb der eignen Seilschaften verteilt. Da es mit objektiven Fakten beim Schaffen von neuen Arbeitsplätzen nicht weit her zu seien scheint, sollen nun ganz andere Akteure auf dem Plan treten.

Angepasstes Erzählmuster: „Sozialer Strukturwandel und responsive Politikberatung in der Lausitz“

>>Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung<<

“ …. im Projekt „Sozialer Strukturwandel und responsive Politikberatung in der Lausitz“ unsere Aufgabe, die sozialen Dispositionen und ihre Wirkungen zu identifizieren und gleichzeitig im Sinne eines transformativen Ansatzes, Handlungsoptionen zu bewerten und Akteure durchaus kritisch zu begleiten.“

„Handlungsoptionen zu bewerten und Akteure durchaus kritisch zu begleiten“ – Mit Steuergeld die Kritik mundtot machen

In einer sehr verklausulierten Sprache wird in etwa mitgeteilt: Das Kritiker des Strukturwandels und deren Argumente bekämpft werden sollen. Das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung arbeitet freilich nicht aus reiner Nächstenliebe heraus, sondern wird mit staatlichen Steuergeld gefördert.