Modernes Framing bei der uralten Hexenverfolgung: Wenn Wissenschaft und Juristerei zu Höchstformen auflaufen

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Sind Sie über eine grüne Wiese gelaufen? – Dann müssen Sie logischerweise ein Umweltleugner sein. Immer neue Defermierungbegriffe werden geprägt, die bei genauer Betrachtung wenig bis gar nichts aussagen. Ein Phänomen der modernen Zeit? – Mitnichten.

Umweltleugner: Geben Sie es zu – Sie sind über eine grüne Wiese gelaufen

Schon die Hexenprozesse der frühen Neuzeit haben dafür die moderne Blaupause – respektive Framing – geliefert. Weltliche Universitäten haben für die Hexenverfolgung den wissenschaftlichen Unterbau geliefert und weltliche Gerichte haben die passenden Urteile gesprochen. Alles fein säuberlich in Akten sortiert und an der juristischen Fakultät problemlos nachzulesen.

Hexenverfolgung in bester bürokratischer Manier: „Akte ist ein Rechtsbescheid („responsum“) der juristischen Fakultät Ingolstadt“

>>Heimat- und Verkehrsverein<<

„Die Akte ist ein Rechtsbescheid („responsum“) der juristischen Fakultät Ingolstadt und als Antwort auf eine Anfrage aus Obernburg zu verstehen. Auf dem Titelblatt steht der Name der Angeklagten (Maerchtin, Katharina, von Obernburg) und das Datum 1642. Am Ende des Textes wird das Datum 26. Mai 1644 angeführt. Offenbar war also die Beschuldigte im Jahr 1642 verhaftet worden.“

Hexenprozesse: Warum noch heute finanzielle Entschädigungszahlungen fließen

Entgegen der teilweise noch weit verbreiteten Meinung: Die sogenannten „Hexenprozesse“ waren fast durchweg weltliche Gerichtsverfahren und die gesprochenen Urteile sind noch heute gültig: Die Stadt Trier beispielsweise muss noch heute – wegen eines uralten Hexenprozesses – finanzielle Entschädigungsleistungen zahlen. Also an Schadzauber, Werwölfe und derlei andere Dinge zu glauben: Das gehört noch immer zur guten Staatsräson dazu. Und schon damals hat sich die behördliche Justiz eine wissenschaftliche Rechtfertigung von einer Universität eingeholt.

„Universität Ingolstadt hatte für die Hexenprozesse in Bayern eine tragende Rolle gespielt“

>>Heimat- und Verkehrsverein<<

„Die Universität Ingolstadt hatte für die Hexenprozesse in Bayern eine tragende Rolle gespielt. In einem von Kurfürst Maximilian angeforderten Gutachten hatten die Jurisprudenz- und Theologieprofessoren im Jahr 1590 vehement gefordert, die Hexen mit Eifer und Strenge zu verfolgen. Dabei hatten sie den „Hexenhammer“ als Fachliteratur empfohlen, jenes heutzutage berüchtigte Buch, in welchem die angeblichen Taten der Hexen und Drudner sowie die Vorgehensweise beim Hexenprozess bis ins scheußlichste Detail geschildert waren. Außerdem waren in Bayern die Hexenverfolgungen streng nach den Vorschriften verlaufen … „

„Jurisprudenz- und Theologieprofessoren im Jahr 1590 vehement gefordert“ – „Die Hexen mit Eifer und Strenge zu verfolgen“

Kurzum: Die Hexenprozesse liefen also streng nach behördlicher Vorschrift und obendrein mit wissenschaftlicher Untermauerung ab. Sogar die Vorgehensweise im Hexenprozess war im behördlich Minutiös geregelt. Im Endeffekt hat sich seit der damaligen Zeit nicht so viel geändert.

Modernes Framing bei der Hexenverfolgung: Wenn Wissenschaft und Juristerei zu Höchstformen auflaufen

Allerdings hat es im Mittelalter und weit bis ins 19. Jahrhundert sehr wohl Missernten, Hungersnöte und noch viel mehr gegeben. Die Armut war allgegenwärtig und dieser Umstand hat den nötigen Rahmen – respektive Framing – für die Hexenverfolgung gesetzt. Auf diese Weise konnte man schnell und unbürokratisch missliebige Personen hinrichten lassen.

Weltliche Gerichtsverfahren: „Barbara Koller wurde wegen Diebstahls und Zauberei schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt“

>>Verbrannte Kindheit 1677-1679 – Die vergessenen Kinder der Hexenprozesse um den Zauberer Jackl von Wolfgang Fürweger (Buch) <<

„Auf ihren Bettelrouten legten Mutter und Sohn Koller zwischen Bayern und Kärnten weite Wege zurück. Anfang der siebziger Jahre des 17. Jahrhunderts begannen sie, sich auf das Ausräumen von Opferstöcken in Salzburger Kirchen zu spezialisieren. 1675 wurden Barbara Koller und der halbwüchsige Bettler Paul Kaltenpacher in Golling verhaftet und beschuldigt, Opfergeld in drei Kirchen gestohlen zu haben. Bei den Verhören nannten beide Jackl als Mittäter. Unter der Folter sagte die Mutter zudem aus, sie und ihr Sohn hätten sich an jenen Bauern, die ihnen nichts geben wollten, durch Schadenzauber gerächt. Barbara Koller wurde wegen Diebstahls und Zauberei schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und im August 1675 vor den Toren der Stadt Salzburg erdrosselt und verbrannt. Schon zuvor hatte die Justiz Haftbefehl gegen ihren Sohn und Zauberer-Komplizen erlassen. Damit begann der größte Hexenprozess, den es je im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gab.“

„Die Justiz Haftbefehl gegen ihren Sohn und Zauberer-Komplizen erlassen – „Damit begann der größte Hexenprozess“ 

Die Hexenprozesse traten häufig als „Wellenauf. Es waren gewissermaßen losgetretene Säuberungswellen, wo unter Folter jeder irgendwie jeden gegenseitig beschuldigte. Vereinfacht: Man hat sich im großen Umfang von unerwünschten Personen entledigt. Gegen diese hanebüchene Anschuldigung konnte praktisch niemand sich ernsthaft verteidigen. Die vermutlichen echten Motive dahinter: Die waren teilweise leicht zu durchschauen: Die vermeintliche „Hexe“ Dorothea Flock wurde vermutlich aus sehr weltlichen Gründen hingerichtet: Nach deren Hinrichtung hat sich die Stadt Nürnberg das umfangreiche Vermögen eingezogen.

Hexenverfolgung und ihrer sehr weltlichen Ziele: Nach der Hinrichtung wurde das Vermögen „umverteilt“

Und hier zeigt sich recht eindrucksvoll, dass die Hexenprozesse längst kein abgeschlossenes Kapitel seien. Sollten also einige Urteile im Hexenprozesse aufgehoben werden, dann könnten deren Nachfahren einem Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beanspruchen: Vergleichbares fand ja auch nach dem Holocaust statt.

Hexenverfolgung als Blaupause: Warum immer neue Defermierungbegriffe geprägt werden

Zudem kommt die Blaupause „Hexenverfolgung“ in anderer Form noch heute zum Einsatz: Klimaleugner, Reichsdeutsche, Verschwörungstheoretiker und noch viel mehr. Am laufenden Band werden immer neue Defermierungbegriffe geprägt. Willige Juristen und Wissenschaftler basteln die schwammigen-nichtssagenden-rechtlichen Definitionen hinzu. Da die rechtlichen Definitionen – sofern überhaupt vorhanden – faktisch keine greifbaren Kriterien aussagen, deshalb kann jeder dieses Framing übergestülpt bekommen. Und zu allen Überfluss: Irgendein obskurer Geheimdienstmann teilt über die Bande in unmissverständlicher Geheimdienstsprache der Lausitzer Allgemeinen Zeitung mit: Wie sie über das Thema zu berichten hat.