Die Fallstricke des menschlichen Denkens bei Investitionen: Warum wir häufiger falsche Entscheidungen treffen
Screenshot youtube.comIn der Welt der Geldanlage ist es nicht nur das Fachwissen oder die Marktkenntnis, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Vielmehr spielen psychologische Faktoren, unbewusste Denkfehler und kognitive Verzerrungen eine entscheidende Rolle. Diese subtilen Fehlannahmen beeinflussen unser Verhalten in entscheidenden Situationen so stark, dass sie die Wahrscheinlichkeit, falsche oder unkluge Entscheidungen zu treffen, erheblich erhöhen. Gerade in Zeiten hoher emotionaler Belastung oder bei Unsicherheiten greifen diese Denkfeler wie unbemerkt wirkende Brandbeschleuniger, die unsere Urteilsfähigkeit stark erschweren. Das Verstehen dieser Mechanismen ist essenziell, um langfristig kluge finanzielle Entscheidungen treffen zu können und nicht Opfer unbewusster Fallstricke zu werden.
Automatisiertes Denken: Die Gefahr der Bequemlichkeit im Kopf
Das menschliche Gehirn ist grundsätzlich darauf ausgelegt, Entscheidungen möglichst schnell und mit minimalem Aufwand zu treffen. Das ist eine Überlebensstrategie, die uns im Alltag sehr hilft, weil sie uns vor Überforderung schützt. Statt jedes Mal eine komplexe Analyse durchzuführen, greift unser Kopf auf Faustregeln, Plausibilitätsprüfungen und sogenannte Heuristiken zurück – einfache Entscheidungsregeln, die uns durch den Alltag leiten. Daniel Kahneman beschreibt dieses Vorgehen als „schnelles Denken“, bei dem unser Gehirn sozusagen auf Autopilot schaltet.
Doch genau hier liegt die Gefahr: Unser rationaler, logischer Teil, der sogenannte Neocortex, wird bei dieser Automatik häufig umgangen oder ausgebootet. Das bedeutet, wir glauben, wir denken bewusst und kontrolliert, obwohl unser Unterbewusstsein oft nur nach den einfachsten Mustern entscheidet. Das führt dazu, dass wir Entscheidungen treffen, die wir im Nachhinein für richtig halten, obwohl wir in Wirklichkeit nur auf einer emotionalen oder intuitiven Ebene reagieren. Wer sich dieser Tatsache bewusst ist, gewinnt eine wichtige Grundlage, um sein Verhalten zu hinterfragen. Denn wer langfristig seine Lebensqualität sichern möchte, sollte versuchen, bewusst langsamer zu denken, um so die bewussten, logischen Überlegungen in den Vordergrund zu stellen. Nur so kann man das Potenzial des „langsamen Denkens“ nutzen: klüger, nachhaltiger und nachhaltiger zu handeln.
Kurzfristige Bezugsrahmen: Warum sie oft schaden
Ein häufig wiederkehrendes Problem bei vielen Anlegern ist die Nutzung eines viel zu kurzen Zeithorizonts, um ihre Investitionen zu bewerten. Viele schauen nur auf die Wertentwicklung innerhalb eines einzigen Jahres, manchmal sogar nur auf die letzten Monate oder Quartale. Die Finanzindustrie hat diese Praxis über Jahrzehnte hinweg geprägt: Anleger werden darauf konditioniert, ihre Anlagen anhand der Performance auf Jahresbasis zu beurteilen. Bei vermögenderen Kunden ist es üblich, die Entwicklung sogar quartalsweise zu messen – als wäre das die einzige relevante Zeitspanne. Doch warum eigentlich? Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum man nur wenige Monate oder ein Jahr als Bezug nehmen sollte. Warum nicht stattdessen einen längeren Zeitraum wählen, beispielsweise mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte? Die Antwort ist einfach: In einer Agrargesellschaft ist es sinnvoll, Ernteerträge innerhalb kurzer Zeiträume zu messen. Doch bei der Bewertung von Kapitalanlagen ist das kontraproduktiv, weil kurzfristige Bewertungen zu impulsivem Handeln und kurzsichtigen Entscheidungen führen.
Ein prägnantes Beispiel dafür ist ein Gespräch mit einem Mandanten, der im Sommer eines bestimmten Jahres zu mir kam. Er war zutiefst enttäuscht, weil er innerhalb eines Jahres die Hälfte seines Geldes verloren hatte. Sein Kommentar: „Ich hatte im vergangenen Jahr noch einen Gewinn von einer bestimmten Prozentzahl, jetzt sind es nur noch die Hälfte davon.“ Zunächst dachte ich, das sei ein Scherz, doch schnell wurde klar, dass er den Ernst seiner Worte meinte. Für ihn war der Verlust enorm, obwohl er vorher ein gutes Jahr hatte – und dabei komplett ignorierte, dass Verluste von bis zu einem Drittel oder mehr langfristig bei einer nachhaltigen Strategie normal sind. Außerdem übersah er, dass sein Anlagehorizont, der in der Regel mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte umfasst, längst alle kurzfristigen Schwankungen überdauert. Er wollte nur die letzten Monate oder das letzte Jahr betrachten und daraus Schlüsse ziehen, obwohl das wenig mit der tatsächlichen Entwicklung seiner Vermögensstrategie zu tun hatte.
Was er dabei völlig übersah, ist die Tatsache, dass Rückschläge in der Regel ein fester Bestandteil jeder nachhaltigen Anlage sind. Verluste von bis zu einem Drittel oder mehr gehören dazu – und das ist selbst bei den besten Strategien unvermeidlich. Dennoch will man oft nur die positiven Entwicklungen sehen und die Verluste kleinreden. Das Ergebnis: Kurzfristige Referenzrahmen führen zu impulsivem Verhalten, zu Panikverkäufen oder unnötigen Umschichtungen, die den langfristigen Erfolg gefährden. Wer sich bewusst macht, dass die gesamte Anlage auf einem langfristigen Horizont basiert, schafft die Grundlage für einen ruhigen, disziplinierten Umgang mit Schwankungen und Rückschlägen.
Persönliche Geschichte: Ein Beispiel für emotionales Investieren
Ich möchte Ihnen eine persönliche Geschichte erzählen, die exemplarisch zeigt, wie emotionale Reaktionen auf Verluste das Vermögen nachhaltig beeinflussen können. Es geht um einen erfolgreichen Unternehmer, den ich im Sommer eines Jahres betreute. Er war ein intelligenter, sensibler Mensch, der sich leidenschaftlich für Kunst und Musik begeisterte. Er war großzügig, spendete regelmäßig und war im Grunde genommen ein sehr reflektierter Mensch. Doch bei seinen Geldanlagen zeigte sich eine andere Seite: Nach einem Verlust, den er als besonders schmerzhaft empfand, entschied er kurzerhand, seine gesamte Anlage aufzulösen und in bar zu halten. Sein Kernargument: „Ich möchte kein Risiko mehr eingehen, ich will nur noch Sicherheit.“
Der Verlust, den er damals erlitt, war zwar erheblich, doch die eigentliche Tragik lag in seiner emotionalen Reaktion. Er hatte die vergangenen Jahre, in denen seine Anlagen deutlich gewachsen waren, völlig ausgeblendet. Seine Entscheidung, alles zu verkaufen und in bar zu halten, war eine Reaktion auf Angst – eine Flucht vor weiteren Verlusten. Dabei ignorierte er, dass sein langfristiger Horizont noch Jahre oder Jahrzehnte umfasste und dass Schwankungen zum normalen Verlauf einer nachhaltigen Anlagestrategie gehörten. Seine Aktion führte dazu, dass er später Jahre lang kein Vermögen mehr investierte, obwohl die Marktchancen weiter bestünden.
Dieses Beispiel zeigt: Wenn Sie bei Ihren Investitionen nur auf kurzfristige Entwicklungen schauen und Ihre Entscheidungen emotional treffen, schaden Sie sich selbst. Das Ergebnis kann sein, dass Sie Ihre langfristigen Ziele aus den Augen verlieren und Ihre finanzielle Zukunft gefährden. Es ist wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass Erfolg beim Investieren eine Frage der Disziplin und der langfristigen Ausrichtung ist. Nur so kann man die emotionale Achterbahn vermeiden und die Chancen auf nachhaltigen Erfolg erhöhen.
Falsche Bezugspunkte: Warum Vergleiche oft irreführend sind
Ein weiterer häufiger Fehler bei Anlegern ist die Wahl der falschen Vergleichsgröße oder Benchmark. Viele glauben, dass der sogenannte deutsche Leitindex der richtige Maßstab ist, um die eigene Geldanlage zu beurteilen. Das ist jedoch eine große Fehleinschätzung. Der DAX, so nennt man den wichtigsten deutschen Aktienindex, ist im Vergleich zu den globalen Märkten nur ein winziger Ausschnitt – ein kleines Dorf in einer riesigen Welt voller Märkte, Branchen und Währungen. Deutschland machte in der Vergangenheit nur einen kleinen Bruchteil der weltweiten Aktienmärkte aus. Für den privaten Anleger bedeutet das: Das Vermögen besteht meist aus mehreren Komponenten wie eigener Arbeitskraft, Immobilien und Versicherungen, die nicht im Depot liegen. Das Portfolio hingegen besteht aus internationalen Aktien, Anleihen, Mischfonds und anderen Wertpapieren. Diese sind in der Regel weniger risikoreich als der DAX, weil sie breit gestreut sind und unterschiedliche Anlageklassen abdecken.
Wenn der deutsche Aktienmarkt gut läuft, sieht das Portfolio oft schwach aus – weil es eben nicht nur aus deutschen Aktien besteht. Und wenn die Kurse fallen? Dann rückt der DAX in den Hintergrund, und Anleger suchen sich eine andere Benchmark, zum Beispiel das Festgeld mit minimaler Verzinsung. Das ist gefährlich, weil es zu einer verzerrten Wahrnehmung führt: Man misst den Erfolg nicht mehr an der Vergleichsgröße, die wirklich relevant ist, sondern an einer, die kaum mit der eigenen Realität zu tun hat. Das Ergebnis: Der Anleger baut sich eine Welt der ständigen Unzufriedenheit auf, weil er sich ständig mit einem falschen Maßstab misst.
Ein anschauliches Beispiel ist ein Unternehmer, den ich im Laufe der Jahre begleitete. Er hatte in seinem Portfolio vor Jahren eine große Position in einem Edelmetall – Gold. Er war überzeugt, dass er damit auf der sicheren Seite sei. Doch seine emotionale Fixierung auf den Kurs, den er beim Kauf gesehen hatte, führte dazu, dass er die Entwicklung seiner Investition ständig kritisierte. Dabei übersah er, dass der tatsächliche Wert seiner Position viel wichtiger ist als der Preis, zu dem er gekauft hatte. Im Gegensatz dazu gab es einen anderen Anleger, der ebenfalls in Gold investiert hatte, aber auf eine andere Weise: Er hatte eine größere Position zu einem deutlich günstigeren Kurs erworben und den Höchstkurs in der Vergangenheit erreicht. Für ihn war das eine Strategie, die sich ausgezahlt hatte. Doch in Wirklichkeit war er nur vom Glück begünstigt, während der erste Anleger durch seine Fixierung auf den Einstiegskurs mehr Schaden anrichtete.
Dieses Beispiel zeigt: Es ist sinnlos, einzelne Wertpapiere nur anhand ihrer Einstiegskurse oder kurzfristigen Hochs zu bewerten. Viel wichtiger ist, das Gesamtportfolio und die langfristige Strategie im Blick zu behalten. Ansonsten läuft man Gefahr, in eine Irrlehre zu verfallen, bei der man nur noch auf vergangene Gewinne schaut und die tatsächliche Risikostruktur ignoriert.
Performance-Fallen: Warum ständiges Nachjagen schädlich ist
Ein weiteres großes Problem ist das sogenannte Performance-Chasing: Das ständige Vergleichen der eigenen Anlagen mit den neuesten Trendfonds oder den erfolgreichsten Aktien. Viele Anleger sind überzeugt, dass sie nur durch den Blick auf die besten vergangenen Ergebnisse das richtige Investment finden. Dabei ist es völlig egal, ob sie seriöse Zeitschriften oder vermeintliche Geheimtipps lesen – die Wahrheit ist: Es gibt immer mehr Fonds als Aktien, und kaum ein Fonds wird dauerhaft an der Spitze stehen. Wer also seine Anlagen ständig umschichtet, um den vermeintlichen „Gewinner“ zu greifen, handelt ähnlich wie beim Roulette: Man setzt immer auf die Zahl, die gerade gefallen ist. Das führt nur dazu, dass man durch ständiges Hin- und Herwechseln sein Vermögen systematisch zerstört.
Der bekannte Satz, dass vergangene Wertentwicklung kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft ist, wird dabei gern ignoriert. Das permanente Austauschen der Produkte ist für Banken ein gutes Geschäft, für den Anleger meist ein schlechtes. Es entsteht eine Spirale, bei der man immer wieder neue Produkte kauft, um die vermeintlich besten Chancen zu ergreifen – nur um am Ende festzustellen, dass die eigenen Kosten, Steuern und Transaktionsgebühren die Rendite schmälern. Viele Anleger sind so sehr damit beschäftigt, den nächsten Trend zu erwischen, dass sie die eigentliche Strategie aus den Augen verlieren.
Wenn Sie den Drang haben, Ihr Portfolio ständig umzubauen, sollten Sie sich fragen: Warum? Gehen Sie nur dann Risiken ein, wenn Sie wirklich langfristig an eine Strategie glauben, die Sie diszipliniert verfolgen können. Ansonsten riskieren Sie, sich selbst in eine Situation zu bringen, in der Sie nur noch den kurzfristigen Glücksgriff suchen – und dabei Ihre langfristigen Ziele aus den Augen verlieren. Eine solide, langfristige Strategie, die konsequent verfolgt wird, ist der beste Weg, um nachhaltig Vermögen aufzubauen und nicht den Nervenkitzel des kurzfristigen Glücks.
Ruhe bewahren und konsequent bleiben
Das zentrale Credo lautet: Bleiben Sie ruhig und lassen Sie sich nicht von kurzfristigen Einflüssen oder emotionalen Reaktionen leiten. Stattdessen sollten Sie eine klare, verständliche und langfristig tragfähige Strategie entwickeln, die Sie diszipliniert umsetzen und auch in schwierigen Phasen durchhalten können. Nur so sichern Sie Ihren Lebensstandard dauerhaft und können Ihr Vermögen so aufbauen, dass es Ihre Lebensqualität langfristig verbessert. Die wichtigste Lektion ist: Wer langsam und bedacht handelt, ist meist am Ende der Gewinner – und wer seine Strategie konsequent verfolgt, hat die besten Chancen, auch in turbulenten Zeiten erfolgreich zu bleiben.
















