“Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt”

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Es gilt als gesichert, dass auch lange Zeit nach der Wiedervereinigung Ost- und Westdeutschland noch deutlich voneinander getrennt sind. Die bestehenden Trennlinien haben sich teilweise sogar verstärkt. Die Ursache dafür liegt wohl kaum in der ehemaligen DDR, sondern muss andere Gründe haben. Die Tiefe dieser Gräben ist immer noch an einigen Beispielen erkennbar.

“Als “Minus-Ossi” abqualifiziert”

>>taz<<

“Ossis sind keine Ethnie – Geklagt hatte Gabriela S., die sich in Stuttgart erfolglos um eine Stelle als Bilanzbuchhalterin beworben hatte. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf war mit Tinte ein Minuszeichen notiert, daneben stand der Begriff “Ossi”. Die 49jährige, die aus Berlin-Lichtenberg stammt, aber schon seit 1988 im Schwäbischen lebt, war geschockt. Sie stehe zwar zu ihrer Ossi-Herkunft, wolle aber nicht als “Minus-Ossi” abqualifiziert werden.”

“Sie stehe zwar zu ihrer Ossi-Herkunft, wolle aber nicht als “Minus-Ossi” abqualifiziert werden”

>>Bild<<

“Aachens Teambus in Dresden beschmiert – Auf den Bus wurde in riesigen Lettern der Schriftzug „Dynamo“ gesprüht, dazu im vorderen Bereich kleiner „Wessis aufs Maul“.

“Wessis aufs Maul” – “Aachens Teambus in Dresden beschmiert” 

Tatsächlich ist die historische Trennung dieser beiden Regionen mitnichten bloß auf die Geschichte des 14. Jahrhunderts beschränkt. Die beiden großen Flüsse, die die Eroberungszüge des Römischen Reiches aufhielten, bilden bis heute die markanten Trennlinien innerhalb Deutschlands – mit einem eindeutig westlich orientierten Deutschland westlich des Rheins, einem ebenfalls westlich gelegenen klassischen Siedlungsgebiet der Deutschen zwischen Rhein und Elbe – bis wohin ungefähr die Römer auf ihren Expeditionen gelangten. Und dem mysteriösen Rest östlich der Elbe: Ostelbien, das irgendwie nie richtig dazugehörte und sich im Verlauf der Geschichte immer mehr nach Osten orientierte.

“Alles eigentlich slawisches Siedlungsgebiet war, das ab Karl dem Großen in den Fokus der westlichen Eroberer geriet”

>>Leipziger Zeitung<<

“Aus nachvollziehbaren Gründen, was aber anfangs nichts mit Moskau und Ulbricht zu tun hatte, sondern bis weit ins 13. Jahrhundert hinein natürlich damit, dass das alles eigentlich slawisches Siedlungsgebiet war, das ab Karl dem Großen in den Fokus der westlichen Eroberer geriet und auch zu Kaiser Ottos Zeiten, als eigentlich das deutsche Reich tatsächlich entstand, nur eine aufrührerische Provinz war, eher Kolonie, von Markgrafen mit fester Hand befriedet, aber erst spät wirklich ins Reich integriert.”

“Nur eine aufrührerische Provinz war, eher Kolonie, von Markgrafen mit fester Hand befriedet, aber erst spät wirklich ins Reich integriert”

Ursprünglich hatte es also nichts mit der Sowjetunion oder Ulbricht zu tun, sondern bis weit ins 13. Jahrhundert hinein damit zusammenhingen, dass es eigentlich slawisches Siedlungsgebiet – respektive Sorbisches Siedlungsgebiet – war.

“Deutsche Fürsten hatten bereits begonnen, sich ihren Teil des Kuchens zu sichern” – “Ostelbien war immer ein Niemandsland jenseits der Elbe gewesen”

>>Die kürzeste Geschichte Deutschlands von James Hawes (Buch) <<

“Ostelbien war immer ein Niemandsland jenseits der Elbe gewesen: weder deutsch noch polnisch, bewohnt von heidnischen Slawenstämmen, zusammenfassend als Wenden bekannt, eine raue, kalte und abgelegene Gegend voller Sümpfe, Wälder und Flüsse. Doch die längeren Vegetationsperioden ließen auch diese Gegend als potentielles neues Ackerland verlockend erscheinen. Deutsche Fürsten hatten bereits begonnen, sich ihren Teil des Kuchens zu sichern. Im Jahr 1147 verkündeten der Papst und sein Vertrauter und Berater Bernhard von Clairvaux (der Heilige Bernhard) offiziell den Wendenkreuzzug. Die Kirche plante einen totalen Krieg: Die heidnischen Handlanger des Teufels sollten zum Christentum gezwungen werden (im Widerspruch zur üblichen Doktrin, wonach eine Bekehrung nur durch freien Willen möglich sei), und die Schlacht solle nicht enden, bis »entweder ihre Rituale oder ihre Nation selbst ausgelöscht sind«.

Ostelbien: “Gegend als potentielles neues Ackerland verlockend erscheinen”

Dies Gebiet geriet so richtig erst unter Karl dem Großen ins Visier westlicher Eroberer und blieb auch zur Zeit Kaiser Ottos, als das deutsche Reich entstand, lediglich eine rebellische Provinz, vermutlich mehr eine Kolonie, welche durch Markgrafen mit harter Hand befriedet, aber erst spät wirklich in das Reich integriert wurde. Dies lässt sich anhand von Zahlen bezüglich des Grundbesitzes eindrücklich recht belegen.

“Die Bastion des Adels war der Grundbesitz” – “So gab es in Preußen deutlich mehr Adelige als etwa in der Pfalz”

>>Hurra, wir dürfen zahlen von Ulrike Herrmann (Buch) <<

“So gab es in Preußen deutlich mehr Adelige als etwa in der Pfalz. Die Bastion des Adels war der Grundbesitz, vor allem in Ostelbien. In Schlesien besaß der Adel 30,8 Prozent des Bodens, in Pommern waren es 27,8, in Mecklenburg 26,7 und in Brandenburg 22,3 Prozent der Gesamtfläche. In Bayern und in Baden hingegen verfügte der Adel nur über rund drei Prozent des Bodens.”

“Schlesien besaß der Adel 30,8 Prozent des Bodens, in Pommern waren es 27,8, in Mecklenburg 26,7 und in Brandenburg 22,3 Prozent der Gesamtfläche”

Zwar führte die DDR im Zuge ihrer Geschichte eine Bodenreform durch, wodurch am Ende nicht nur der Adel, sondern wesentlich mehr Leute enteignet wurden. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde dies wieder weitgehend rückabgewickelt. Die Folgen der Wiedervereinigung haben ihr übriges getan.

“Sollte sich die Modernisierung der DDR selbst finanzieren” – “Ostdeutschen Staatsbetriebe lukrativ verkaufen ließen”

>>Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen von Ulrike Herrmann (Buch) <<

“Der Staatsvertrag zur Währungsunion sah vor, dass man 1990 lediglich 25 Milliarden D-Mark an die ostdeutschen Länder überweisen würde. 1991 sollten noch einmal 40 Milliarden folgen. Ansonsten aber sollte sich die Modernisierung der DDR selbst finanzieren, denn anfangs hatte man große Hoffnungen, dass sich die ostdeutschen Staatsbetriebe lukrativ verkaufen ließen. Manche Schätzungen gingen gar davon aus, dass das DDR-Vermögen etwa 600 Milliarden D-Mark wert sei.”

“DDR-Vermögen etwa 600 Milliarden D-Mark wert sei”

Es drängen sich hierbei bis heute unbeantworte Fragen auf. Warum die Infrastruktur nicht aus dem regulären Haushalt finanziert werden konnte? Warum wurden die Staatsbetriebe überhaupt verkauft oder sogar zu niedrigen Preisen abgegeben? Besonders, da viele DDR-Staatsbetriebe aus zuvor enteigneten Privatunternehmen hervorgegangen sind. Die Auswirkungen dieser Umverteilung von Vermögen sind bis heute spürbar.

“Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt”

>>Welt<<

“Der CDU-Vorsitzende … dringt auf bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer. Ein ausführliches Konzept hierfür müsse im nächsten Grundsatzprogramm der CDU enthalten sein, das im kommenden Jahr verabschiedet werden soll, sagte der Oppositionsführer im Bundestag am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Er warnte: «Wir werden in diesem Land sozialen Frieden nicht erreichen, wenn wir nicht Wohneigentum- und Altersvermögensaufbau besser machen, als wir das gegenwärtig tun.» Eine «besondere Zuwendung» brauchen hier … die ostdeutschen Länder. Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt, wie das Aufkommen der Erbschaftssteuer zeige. «Die waren 40 Jahre lang nicht dabei und haben 40 Jahre lang die Chance nicht gehabt, in Frieden, Freiheit und marktwirtschaftlicher Ordnung auch Vermögen zu bilden», sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Menschen in Ostdeutschland. «Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft», bemängelte … .”

“Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft”

Den Vermögensaufbau in Westdeutschland kann man nicht allein auf die 40 Jahre West-BRD-Geschichte beschränken, sondern er reicht weit zurück. Tatsächlich wurde dieser Teil der Vermögensgeschichte nie wirklich untersucht.