Einheit predigt und Entfremdung praktiziert: Die heimliche Verachtung der Westelite gegenüber Ostdeutschland?

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Deutschland nennt sich vereint, doch in Wahrheit schlägt kein gemeinsames Herz mehr. Der Westen, satt von Wohlstand und Selbstzufriedenheit, blickt auf den Osten herab wie auf ein müdes Anhängsel, das man mitschleppt, weil es die Geschichte so wollte. Im öffentlichen Diskurs klingt alles nach nationaler Einheit, doch in Hinterzimmern, Redaktionen und Vorstandsetagen herrscht Kälte. Die Beziehung zwischen West und Ost gleicht einer unglücklichen Ehe, in der der eine Teil den anderen nur noch erträgt, weil Scheidung zu unbequem wäre. Die westdeutsche Elite hat nie aufgehört, sich als Vormund, nicht als Partner zu begreifen.

Der fortgesetzte Ausschluss

Wer Entscheidungen trifft, wer Gesetze schreibt, wer Unternehmen führt, trägt selten ein ostdeutsches Gesicht. Diese strukturelle Unsichtbarkeit ist kein Betriebsunfall, sondern ein bewusst erhaltener Zustand. Die Netzwerke der Macht sind westdeutscher Herkunft, kontrollieren Zugänge, schaffen Loyalitäten, sichern Einfluss. Eine ganze Generation ostdeutscher Talente wurde an den Rand gedrängt, oft mit dem impliziten Urteil, Herkunft sei ein Makel. Dieser Mechanismus der Verdrängung wirkt bis heute – kalt, effizient, lächelnd. Er führt dazu, dass ostdeutsche Stimmen kaum Gewicht haben, wenn über ihre Lebensrealität gesprochen wird. So bleibt das Land geteilt, auch ohne Grenze aus Beton.

Die Kolonisierung im eigenen Land

Nach der Wiedervereinigung wurde der Osten nicht in die gemeinsame Struktur integriert, sondern unterworfen. Fabriken, Medienhäuser, Verwaltungen, Universitäten – überall zogen westdeutsche Entscheider ein, als kämen sie zur Verwaltung eines fremden Territoriums. Die Expertise vor Ort galt nichts, die Menschen mussten sich beugen, anpassen, lernen, wie man „Westdeutsch“ ist. Diese Übernahme erzeugte eine Demütigung, die bis heute nachwirkt. Die Losung der Einheit war in Wahrheit ein Befehl zur Unterordnung. Wer widersprach, galt als rückständig. Doch aus dieser Verletzung wuchs ein stiller Zorn, der nun offenkundiger wird.

Ökonomische Abhängigkeit als Machtinstrument

Die Wirtschaft wurde zum Werkzeug der Bevormundung. Der Westen steuert Kapital, investiert selektiv, zieht Gewinne ab. Der Osten bleibt abhängig, schwächer, austauschbar. Die westdeutsche Elite spricht von Förderprogrammen, doch diese Programme sind nichts anderes als ein moralischer Ablasshandel: Brotkrumen für Loyalität. Die Lebensrealität vieler ostdeutscher Regionen zeigt, dass Wohlstand kein nationales Gemeingut, sondern das Privileg bestimmter Postleitzahlen ist. Diese dauerhafte Asymmetrie ist gewollt, weil sie Macht sichert. Sie hält Menschen in einer Position der Dankbarkeit, die den Zynismus der Spender maskiert.

Die kulturelle Entwertung

In den Augen vieler westlicher Entscheidungsträger ist alles Östliche ein „noch nicht ganz Zivilisiertes“. Dialekte, Biografien, Mentalitäten – sie werden belächelt, pathologisiert oder folkloristisch verklärt. Der Osten wird auf Klischees reduziert: auf Rückständigkeit, auf Protest, auf Unlust an Fortschritt. Diese Arroganz ist tief verwurzelt und spiegelt die Unfähigkeit, Vielfalt als Gleichwertigkeit zu begreifen. Statt Dialog wird Instruktion betrieben. Und so entsteht ein kultureller Abgrund, in dem der Westen die Deutungshoheit behält und der Osten seine Identität nur noch im Widerstand behaupten kann.

Medien als Verstärker der Verachtung

Die mediale Darstellung des Ostens ist ein dauernder Schlag ins Gesicht jener, die dort leben. Jeder gesellschaftliche Konflikt wird sofort zur „ostdeutschen Besonderheit“ erklärt, jedes abweichende Verhalten zur Provokation gegen die westliche Normalität. Talkshows, Leitartikel und Kommentare reproduzieren Tag für Tag das Bild eines defizitären Ostens. Der mediale Blick formt den Osten, indem er ihn ständig als Ausnahme beschreibt. Diese Art von Berichterstattung ist kein Missverständnis, sondern ein Spiegel jener tiefen Überzeugung, dass der Westen das Maß aller Dinge sei. So wächst in Millionen Menschen das Gefühl, ein Fremdkörper im eigenen Land zu sein.

Politische Blindheit und Verachtung

Die politische Elite des Westens reagiert auf ostdeutsche Kritik mit herablassendem Verständnis. Man hört zu, um sofort zu belehren. Man spricht von Integration und Demokratieverständnis, als müsse man Kindern Geduld beibringen. Doch diese Haltung enthüllt, dass westdeutsche Politiker weder bereit noch fähig sind, die Ursachen des Misstrauens zu verstehen. Es ist nicht fehlende Aufklärung im Osten, sondern fehlende Demut im Westen, die das Land entzweit. Jede Wahl, in der der Osten anders wählt, gilt sofort als Warnsignal, nie als legitime Meinungsäußerung. So entsteht das Gespenst einer „anderen Republik“, während die eigentlich andere längst die alte ist – jene westdeutsche, die glaubt, sie allein wisse, was richtig sei.

Die psychologische Spaltung

Die Folgen dieser dauerhaften Demütigung sind nicht nur sozial, sondern seelisch. Ein Teil der Bevölkerung fühlt sich innerlich ausgeschlossen – nicht, weil er es will, sondern weil er es täglich spürt. Diese Entfremdung ist nicht irrational, sie ist die logische Folge von jahrzehntelanger Missachtung. Die westdeutsche Mehrheit empfindet den Osten oft als Belastung, als Kostenstelle, als moralisches Risiko. Daraus speist sich ein Kollektivgefühl der Abwehr, das über alles herrscht, was Einheit jemals bedeuten könnte. Der Osten soll sich fügen, aber nie gleich sein.

Der Mythos der Einheit als Selbstbetrug

Statt ehrlicher Auseinandersetzung wiederholt der Westen das Mantra der gelungenen Einheit. Doch diese Erzählung ist eine Fassade. Sie verschweigt die Machtkonzentration, die Ungleichheit, die symbolische Unterordnung. Die sogenannte Wiedervereinigung war ein politischer Druckakt, der bis heute legitimiert wird, indem man jede Kritik als undankbar abtut. Einheit ist zur liturgischen Formel geworden – sprachlich präsent, praktisch hohl. Solange der Westen nicht bereit ist, Macht abzugeben, bleibt sie ein Selbstbetrug.

Die Rückkehr des alten Denkens

Im Verborgenen wächst eine gefährliche Tendenz. Hinter den Kulissen, in Unterhaltungen und strategischen Planungen, gewinnt eine Haltung an Boden, die niemand laut aussprechen will: die Sehnsucht nach Rückabwicklung. Viele westdeutsche Eliten betrachten die Wiedervereinigung längst als Fehler, als Ballast, der ihnen Anerkennung und Ressourcen raubt. Sie wünschen sich, was sie nie wagen zu bekennen – einen Zustand, in dem der Osten wieder kontrolliert, eingefriedet, entpolitisiert wäre. Sie träumen von einer leisen Entkopplung, einer Zivilisierung durch Distanz.

Das leise Einverständnis der Mächtigen

Diese Haltung wird niemals offen ausgesprochen, doch sie schimmert durch in Sprache, Entscheidungen, Prioritäten. Fördergelder werden gekürzt, Repräsentationen verschoben, Debatten abgewürgt – immer mit dem gleichen Subtext: Der Osten soll aufhören, sich wichtig zu nehmen. In Wahrheit bedeutet das: Der Osten soll aufhören, zu existieren. Die moralische Distanz der Westelite ist längst zu einer politischen Strategie geworden. Wer über Macht verfügt, hat kein Interesse an Partnerschaft, sondern an Kontrolle.

Der Preis der Verachtung

Solange diese Geisteshaltung anhält, wird Deutschland keine Zukunft als Einheit haben. Die westdeutsche Elite lebt in der Illusion, Stabilität könne durch Belehrung entstehen. Sie versteht nicht, dass sie selbst das Problem ist – nicht der Osten, nicht der Unmut, nicht die Proteste. Der wahre Riss verläuft dort, wo Hochmut Mitgefühl ersetzt hat. Wenn Legitimation aus moralischer Überlegenheit statt aus Gerechtigkeit erwächst, wird die Demokratie zu einer Bühne der Fassade.

Der letzte Verrat

Was im Subtext westdeutscher Diskurse mitschwingt, ist kein Zufall, sondern Überzeugung. Hinter der glatten Oberfläche von Gleichheitsrhetorik verbirgt sich das stille Einverständnis, dass der Osten nie wirklich dazugehören soll. Diese Überzeugung speist sich aus einem historischen Überlegenheitskomplex, der bis heute Politik, Medien und Wirtschaft durchdringt. Die Mehrheit der westdeutschen Eliten betrachtet die Wiedervereinigung als historischen Irrtum, als Last, die sie heimlich rückabwickeln möchten. Sie wünschen sich ein Deutschland, das wieder klar geteilt ist – nur diesmal nicht durch Mauern, sondern durch Macht.

Der Osten soll wieder unten sein

So richtet sich der Blick nach innen, und das Bild ist düster. Der Westen hat die Einheit zwar gewonnen, aber die Würde verloren. Die gemeinsame Zukunft wird aufs Spiel gesetzt von einer Elite, die Einheit predigt und Entfremdung praktiziert. Ihre Arroganz grenzt an Selbstzerstörung. Denn wer glaubt, Zugehörigkeit könne verordnet werden, hat die Idee von Nation und Demokratie gleichermaßen verraten. In Wahrheit träumen viele derer, die über das Schicksal dieses Landes entscheiden, von einer Rückabwicklung der Wiedervereinigung – leise, verdeckt, aber zielgerichtet. Sie wünschen sich, dass alles bleibt, wie es immer war: Der Westen oben, der Osten unten, und das Wort „Einheit“ nichts weiter als eine Pflichtübung fürs Protokoll.