Feindbegünstigung – Ist es nun strafbar?

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Besteht die Gefahr eines Gesetzes zur Begünstigung des Feindes? Oder wurde dieses bereits eingeführt? Tatsächlich können einige unüberlegte Äußerungen zu hohen Geldstrafen oder sogar Gefängnisstrafen führen.

“Z wie Zerstörung, Z wie Zuversicht, Z wie Zusammenhalt – ein simples Z als Abkürzung könnte für viele Botschaften stehen”

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“Z wie Zerstörung, Z wie Zuversicht, Z wie Zusammenhalt – ein simples Z als Abkürzung könnte für viele Botschaften stehen. Aktuell steht es vor allem für eines: Für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.”

Feindbegünstigung – Ist es nun strafbar?

Bisweilen geht die Problematik weit über die Ukraine oder den Buchstaben “Z” hinaus. Hierzu wurde ein teils abenteuerliche juristische Konstruktion geschaffen, welche doch stark an vergangene Zeiten erinnert.

“Wegen ein paar leichtfertiger Sprüche in geselliger Runde?”

>>Der Hinrichter von Helmut Ortner (Buch) <<

“Die Zeit scheint stehen­ zubleiben. Sie fühlt sich wie in einem Vakuum. Irgendwann, Margot von Schade hat jegliches Zeitgefühl verloren, betreten Richter und Beisitzer wieder den Saal. … »Angeklagte von Schade – Aufstehen!« Ihre Augen schauen nach vorne: Rote Robe, rote Fahne . . . die Büste des Führers . . . »Wegen Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung, defätisti­scher Äußerung und Landesverrat verurteile ich Sie . . . zum Tode!« Todesurteil? Für mich? Das kann nicht sein . . . Ich bin keine Kriminelle, keine Mörderin . . . Todesurteil? Während Freisler die Begründung des Urteils verliest, bemüht sie sich, die ungeheure Tragweite des Richterspruchs in ihrem Bewußtsein zu verarbeiten. Todesstrafe? Soll es plötzlich zu Ende sein? Wegen ein paar leichtfertiger Sprüche in geselliger Runde? Die beiden anderen waren doch auch dabei, haben ge­ lacht, Späße gemacht. Warum werden sie freigesprochen? Warum soll ich getötet werden? Todesstrafe für so etwas – unmöglich! Sie sucht das Gesicht ihres Stiefvaters. Sie weiß, daß er unter den Zuschauern ist. Ist es wahr? Stimmt es? Soll ich, muß ich sterben? Soll dieser 17. November wirklich mein Schicksals­ tag sein? Wartet nur noch das Fallbeil auf mich?”

“Wegen Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung, defätisti­scher Äußerung und Landesverrat verurteile ich Sie . . . zum Tode!”

Am Ende wurde Margot von Schade wegen ein paar leichtfertiger Aussagen in geselliger Runde hingerichtet. Es handelte sich hierbei um keinen Einzelfall.

“27jährige Konzertpianist Kreiten in Berlin-Plötzensee wegen »Feindbegünstigung« und »Wehrkraftzersetzung« hingerichtet worden war”

>>Hitlers Eliten nach 1945 von Norbert Frei (Buch) <<

“Am 20. September 1943 hatte Höfer im 12 Uhr-Blatt – knapp zwei Wochen, nachdem der 27jährige Konzertpianist Kreiten in Berlin-Plötzensee wegen »Feindbegünstigung« und »Wehrkraftzersetzung« hingerichtet worden war – über den Fall des jungen Künstlers geschrieben, der aus privatem Kreise heraus denunziert worden war, weil er die Überzeugung geäußert hatte, der »praktisch verlorene Krieg« werde auch das Ende der deutschen Kultur bedeuten. »Es dürfte heute niemand Verständnis dafür haben«, schrieb Höfer, »wenn einem Künstler, der fehlte, eher verziehen würde als dem letzten gestrauchelten Volksgenossen.« Das Volk, so Höfer weiter, fordere gerade die in der Öffentlichkeit stehenden Künstler auf, ihre Pflicht zu tun, »wie jeder seiner unbekannten Kameraden aus anderen Gebieten der Arbeit« auch.”

“Weil er die Überzeugung geäußert hatte, der »praktisch verlorene Krieg« werde auch das Ende der deutschen Kultur bedeuten” 

Die sogenannte Wehrkraftzersetzung besteht in abgewandelter Form als “Verfassungsfeindliche Einwirkung auf Bundeswehr und öffentliche Sicherheitsorgane” im Strafgesetzbuch fort. Der Wortlaut hat der Paragraphen hat sich augenscheinlich nur minimal geändert und ist immer noch sehr schwammig gehalten, nur die Todesstrafe ist rausgefallen. Auch die sogenannte “Feindbegünstigung” scheint fröhliche Wiederauferstehung zu feiern. Dazu wurde ein sehr abenteuerliche juristische Konstruktion erfunden.

“Subsumiert man das russische Vorgehen unter die Begriffe der Angriffshandlung und/oder des Angriffskrieges”

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“Subsumiert man das russische Vorgehen unter die Begriffe der Angriffshandlung und/oder des Angriffskrieges, was insbesondere angesichts des nicht durchgreifenden Versuchs der Rechtfertigung der militärischen Handlungen mit einem drohenden Genozid in der Ukraine (siehe hierzu IGH, Beschl. v. 16.3.2022 – 182, BeckRS 2022, 4556) nicht allzu schwer fallen dürfte, ist der objektive Tatbestand des § 13 Abs. 1 VStGB erfüllt. Verfolgt man die Verweisungskette über § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB zurück zu § 140 StGB, kommt mithin eine Strafbarkeit nach dieser Norm in Betracht.”

Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit: Weshalb nur bestimmte Angriffskriege davon erfasst werden?

Die allermeisten Nicht-Juristen werden bei dieser Verweisungskette nur ungläubig den Kopf schütteln. Es erscheint indes bemerkenswert, dass anscheinend nur ausgewählte Angriffskriege strafrechtlich verfolgt werden. Ob dies überhaupt mit der Rechtsstaatlichkeit vereinbar ist, lässt sich offenbar nicht mehr eindeutig beantworten. Es handelt sich hierbei jedoch nicht nur um einen einzelnen Buchstaben.

“Z-Symbol ” – “Könnte sich wegen des Billigens eines Angriffskrieges nach § 140 Nr. 2 StGB i.V.b. § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB, § 13 Abs. 1 VStGB strafbar machen”

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“Wer nun das Z-Symbol verwendet und hiermit seine Unterstützung der russischen Kriegshandlungen zum Ausdruck bringt, könnte sich wegen des Billigens eines Angriffskrieges nach § 140 Nr. 2 StGB i.V.b. § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB, § 13 Abs. 1 VStGB strafbar machen.”

Was darf im Rahmen der Meinungsfreiheit noch gesagt werden?

Die Interpretation des “Billigens eines Angriffskrieges” ist äußerst flexibel und scheint eher als Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen zu dienen. Letztendlich kann heute niemand mehr mit Sicherheit sagen, was im Rahmen der Meinungsfreiheit überhaupt noch sagbar ist. Andere Länder zeigen indes schon mal auf, wohin die Reise gehen könnte.

“Mich zwar zweiundzwanzig Vergehen unterschiedlicher Schwere anklagte, aber noch keine Beweise vorlegen konnte”

>>README.txt – Meine Geschichte von Chelsea Manning (Buch) <<

“Mein Verfahren zog sich hin. Immer wieder verschob die Regierung meine Verhandlung vor dem Militärstrafgericht, weil sie mich zwar zweiundzwanzig Vergehen unterschiedlicher Schwere anklagte, aber noch keine Beweise vorlegen konnte. Die laufenden Ermittlungen waren komplex und machten es erforderlich, dass sich Militär- und Zivilbehörden miteinander abstimmten. Die meisten Anklagepunkte bezogen sich auf die eigentliche Handlung der Enthüllung – die ich zugegeben hatte. Der umstrittenste Vorwurf lautete jedoch »Feindbegünstigung«. Sie zogen eine bisher beispiellose Auslegung des Gesetzes heran, um mir, einer Quelle, im Grunde genommen Hochverrat vorzuwerfen.”

“Feindbegünstigung” – “Beispiellose Auslegung des Gesetzes heran, um mir, einer Quelle, im Grunde genommen Hochverrat vorzuwerfen” 

Im Mai 2010 wurde Manning verhaftet, weil er verdächtigt wurde, Videos und Dokumente kopiert und an die Website WikiLeaks weitergeleitet zu haben. Dadurch entstand der Vorwurf der Feindbegünstigung, der später zu der Anklagen wegen Hochverrat führen sollte.