Sterbender Schwan mal anders: Warum Tschaikowskys Schwanensee als klassische Inszenierung das Aus drohe

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Die klassische Inszenierung von Tschaikowskys Schwanensee stellt für so manches renommiertes Opernhaus gewissermaßen eine Art von Aushängeschild dar. Die akrobatische Leistung ist durchaus beeindruckend und Stück hat schon viele Generationen verzaubert.

Tschaikowskys Schwanensee als modernes Politikum

Aber damit soll Schluss sein. Denn die klassische Aufführung soll nicht mehr den hiesigen Zeitgeist widerspiegeln. Die Ballettkleider sind viel zu weiß und für Romantik ist ohnehin kein Platz mehr in der modernen Welt vorgesehen. Und damit stirbt auch ein Stück an Kultur aus.

Tanz des Schwanensees: „Verzauberte übernatürliche Wesen darstellen“

>>Wiener Zeitung<<

„Das romantische Ballett mit seinen „weißen Akten“, ja, sie heißen wirklich so, ist, korrekt vermutet: eben weiß. Der weiße Akt besteht aus Tänzerinnen, die in ganz kurzen Tutus – wie in „Schwanensee“, oder wadenlangen Tutus, wie in „Giselle“, verzauberte übernatürliche Wesen darstellen. Zu den weißen Tutus werden sehr helle Strumpfhosen (manchmal weiß, manchmal rosa) und in der gleichen Farbe Spitzenschuhe getragen. Strumpfhose und Schuhe müssen in der gleichen Farbe sein, denn das soll eine optische Verlängerung der Beine imaginieren.“

„Strumpfhose und Schuhe müssen in der gleichen Farbe sein“ – „Denn das soll eine optische Verlängerung der Beine imaginieren“

Die klassische Inszenierung von Tschaikowskys Schwanensee ist mittlerweile sehr selten anzutreffen. Zumeist finden nur noch moderne Interpretationen des Stücks statt.

„10-minütige Balletteinlage zu Tschaikowskys Schwanensee, in der alle Typen aus FALCO-Songs charakterisiert wurden“

>>Falco – Die Biographie von Peter Lanz (Buch) <<

„Das Management hatte die Show auf dem Residenzplatz ganz besonders konzeptioniert. Das Tanztheater Wien gab eine 10-minütige Balletteinlage zu Tschaikowskys Schwanensee, in der alle Typen aus FALCO-Songs charakterisiert wurden. Die Band trat im Frack auf und FALCO wechselte siebenmal die Bühnengarderobe.“

„Es war die Inszenierung, in der alle Schwäne Männer waren“

>>Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben von Matt Haig (Buch) <<

„Wir waren auf dem Weg zum Theatre Royal in Nottingham. Wir hatten Karten für Schwanensee. Es war die Inszenierung, in der alle Schwäne Männer waren.“

Warum klassische Inszenierung aussterben?

Im vermeintlich aufgeklärten Westeuropa ist heutzutage eine klassische Inszenierung von Schwanensee schwierig bis unmöglich zu sehen. Der aktuelle Zeitgeist lässt in der Kultur fast nur noch moderne Inszenierungen von klassischen Stücken zu. Die jüngere Generation hat somit kaum die Möglichkeit mehr die Wirkung von klassischen Stücken zu erfahren. Doch damit längst nicht genug.

Im akutellen Zeitgeist ist kein Platz mehr für klassisches Ballett

>>VAN Magazin<<

„Brauchen Komponistinnen angesichts des althergebrachten und manchmal muffigen männlichen Status quo in der Musikkultur gezielte Förderung? … Kirsten räumte ein, dass es für Frauen quälend mühsam gewesen sei, einen kreativen Fuß in die Tür der klassischen Musik zu bekommen, deren Repertoire in erdrückendem Maße männerdominiert sei.“

Auch Tschaikowsky musste viele Rückschläge hinnehmen

Gewiss mag die klassische Musik männerdominiert sein, aber die allermeisten Stücke haben nun mal Männer geschrieben und nur die allerwenigsten davon haben tatsächlich internationale Bekanntheit erlangt. Zwar ist Tschaikowskys unter anderen durch seinem Schwanensee eine Weltberühmt geworden. Aber er hat auch keinesfalls wenige sogenannte „Rohrkrepierer“ komponiert, die heute nahezu vergessen sind. Diese andere Seite der Medaille wird meist unterschlagen. Aber damit längst genug. Überdies soll Schwanensee nun auch Rassistisch sein.

„Schwanensee überschminkt“ – „Für „Schwanensee“-Vorstellungen weiß zu schminken“

>>Der Tagesspiegel<<

„Schwanensee überschminkt – Die Ballerina Chloé Lopes Gomes erhebt schwere Vorwürfe gegen das Staatsballett Berlin. … Sie hätte sich wiederholt rassistische Kommentare von der Trainingsleiterin anhören müssen und sei mehrfach aufgefordert worden, sich für „Schwanensee“-Vorstellungen weiß zu schminken. Die Vorfälle sollen sich noch unter der inzwischen beendeten Direktion von Johannes Öhman und Sasha Waltz zugetragen haben. Beide hatten erste Schritte unternommen, das Ensemble diverser aufzustellen.“

Tschaikowskys Schwanensee: Das endgültige Aus von klassischen Inszenierungen?

Sofern man mal die rassistische Kommentare und die anderen Vorwürfe ausblendet, tritt eine ganz andere Frage hervor: Ist die klassische Aufführung von Tschaikowskys Schwanensee überhaupt noch unter solchen Widrigkeiten möglich? – Die ehrliche Antwort müsste darauf eigentlich – Nein – lauten. Aber damit geht auch prägendes Stück an Kultur zugrunde.

„Kunstwerke an den subventionierten Bühnen zerstört“

>>open Petition<<

„In Deutschland wird jede Opernkarte und jede Karte für ein klassisches Konzert oder ein Theaterstück mit im Schnitt ca. 70 Euro pro Karte subventioniert. In ganz Deutschland werden jedes Jahr fast 10.000.000.000 Euro in die Förderung der Kultur gepumpt. Anstatt die Kultur, für die wir alle bezahlen müssen, zu pflegen, werden die Kunstwerke an den subventionierten Bühnen zerstört. Respekt vor dem Werk oder der Intention von Schriftsteller, Dramatiker, Texter oder Komponisten sind totale Fehlanzeige. Werktreue gibt es nicht – unsere Kinder haben keine Chance mehr, diese Werke so kennezulernen, wie der Künstler sie geschrieben hat.  In den meisten Fällen ist die Aussage des Werkes kaum noch zu erkennen oder sogar in das Gegenteil verkehrt. Unsere Kultur wird zerstört, nicht bewahrt.“

„Unsere Kinder haben keine Chance mehr, diese Werke so kennezulernen, wie der Künstler sie geschrieben hat“

Das trifft insbesondere auf Tschaikowskys Schwanensee zu. Das Stück wurde nun mal einer anderen Epoche geschrieben und versucht den damaligen Zeitgeist zu vermitteln. Ungeachtet aller Vorwürfe: Tatsächlich hat sich das Stück zum Kulturexport gemausert.

Kulturexport: Tschaikowskys Schwanensee in der chinesischen Provinz

>>China Internet Information Center<<

„In Duancun, einem Dorf in der Provinz Hebei, gibt es einen besonderen Ballettkurs für einheimische Kinder. … „Ich hoffe, dass diese Kunst ein Teil ihres Lebens werden kann“, sagt Lehrerin Guan Yu von der Beijinger Tanzakademie. „Sie können später Bäuerin oder Unternehmerin werden. Wenn sie im Fernsehen dann Schwanensee sehen, können sie den Tanz verstehen.“ Die meisten der etwa 30 Teilnehmerinnen stammen aus Bauersfamilien in der Region.“

„Ich hoffe, dass diese Kunst ein Teil ihres Lebens werden kann“

Selbst in kleinen chinesischen Dörfern wird zu Tschaikowskys Schwanensee – im klassischen Stil – getanzt. Selbst die Abrufzahlen von Videos und Kommentaren sprechen sich eindeutig für Völkerverständigung aus. Tanz und Musik ist nun mal eine „Sprache“ die universell verstanden wird.