Sicherheit & Erfindung des Kampftanzes: “Capoeira, eine von Sklaven entwickelte Kampfsportart”
Waffenverbot, Haltungsverbot von großen Hunden, Messerverbot und nun auch Verbot von Kampfsportarten? Alles für die “öffentliche Sicherheit” und das eigene Recht auf körperliche Unversehrtheit bleibt hierbei auf der Strecke liegen. Schon in der Vergangenheit wurde Kampfsport verboten. – Und zwar hat man Sklaven es verboten.
“Verbot einer Kampfsportveranstaltung”
>>Verwaltungsgericht Dresden<<
“Verbot einer Kampfsportveranstaltung – Das Verwaltungsgericht Dresden hat eine Klage gegen das von der Stadt Ostritz verfügte Verbot der Kampfsportveranstaltung “Kampf der Nibelungen (KdN)” abgewiesen. … Diese sollte auf dem Gelände des Hotels Neißeblick in Ostritz stattfinden. Die Veranstaltung wurde im Internet als Kampfsportveranstaltung unter der Organisation und Beteiligung von jungen Deutschen beworben.”
“Verwaltungsgericht Dresden” – “Stadt Ostritz verfügte Verbot der Kampfsportveranstaltung”
Natürlich kann sich jeder zu dieser Veranstaltung seine eigene Meinung bilden. Das eigentliche Problem liegt aber ganz woanders: Das Verwaltungsgericht hat sogleich eine sehr weitreichende Begründung geliefert, welche weit über die einzelne Kampfsportveranstaltung hinaus reicht.
“Die geplante Veranstaltung habe entgegen der öffentlichkeitswirksamen Darlegungen des Klägers keinen Sportcharakter”
>>Verwaltungsgericht Dresden<<
“Die geplante Veranstaltung habe entgegen der öffentlichkeitswirksamen Darlegungen des Klägers keinen Sportcharakter. Sie stehe vielmehr im Dienst der rechtsextremen Kampfertüchtigung. Sie sei der Einstieg in den physischen politischen Kampf und der körperlichen Durchsetzung politischer Ziele. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung werde gefährdet, weil die Veranstaltung zweckgerichtet darauf abziele, dem Besucherkreis Gewaltkompetenz zur Überwindung des politischen Systems zu vermitteln und mit hoher Wahrscheinlichkeit und in allernächster Zeit zum gewaltbereiten Widerstand gegen Funktionsträger des Staates und gewaltsamen Handeln gegen Andersdenkende anzuleiten und zu professionalisieren.”
Staatsstreich nur mit Kampfsport? – “Gewaltkompetenz zur Überwindung des politischen Systems zu vermitteln”
Zwar ist es nur die Pressemitteilung zum Urteil, aber auf solche Ideen muss man erst einmal kommen. Überspitzt: Einen Staatsstreich nur mit Fäusten und Fußtritten durchführen, als wäre das Schießpulver niemals erfunden worden. Und es ist längst nicht alles.
“Ultimate Fighting” – “Man muss diesen Wahnsinn verbieten”
>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<
“Ultimate Fighting: „Man muss diesen Wahnsinn verbieten“ – Der Autor im Gespräch mit Michael Eder über die Wirkung des „Brutalo-Events“ auf Jugendliche und die Gesellschaft. “
“Ultimate Fighting” – “Wirkung des „Brutalo-Events“ auf Jugendliche und die Gesellschaft”
Interessant ist diese Art der Verbotsdiskussion. Es geht nicht darum, was der einzelne darüber nun denken mag, sondern nur noch darum, ein pauschales Verbot zu verhängen. Diese ganzen Verbote rufen Erinnerungen an die Sklaverei wach. Für gewöhnlich durften Sklaven nicht nur keine Waffen besitzen, sondern ihnen wurde auch der Kampfsport verboten. Daraus hat sich Capoeira entwickelt. Capoeira ist ein Kampfsport, der nicht nur als Tanzform, sondern auch als Kampfkunst bezeichnet wird. Es ist eine Mischung aus Kämpfen und kreativem Tanzen. Capoeira wurde in der Zeit der Sklaverei in Brasilien entwickelt. Sie nutzten die Bewegungen des Tanzes, um sich zu verteidigen.
“Capoeira, eine von Sklaven entwickelte Kampfsportart”
>>Kleine Geschichte Brasiliens von Stefan Rinke & Frederik Schulze (Buch) <<
“Die afrobrasilianische Kultur beeinflusste die verschiedenen brasilianischen Musikstile stark, so den Samba oder den Frevo, der um 1900 in Recife entstand. Aber auch die Capoeira, eine von Sklaven entwickelte Kampfsportart, trat ihren Siegeszug als mittlerweile globale Bewegung an. In Salvador, der Stadt mit der größten afrobrasilianischen Bevölkerung, überdauerten afrikanisch geprägte Religionsformen und kulturelle Praktiken.”
Warum Sklaven keinen Kampfsport praktizieren durften?
Was heute eher im Bereich Kultur angesiedelt ist, hatte ursprünglich einem ersten Hintergrund gehabt. Schließlich konnte Kampfsport als Sklave nicht offen praktiziert werden. Also wurde der Tanzkampf erfunden. Diese Verteidigungstechniken wurden dann mit der Zeit immer komplexer und schließlich wurde es zu einer Kampfkunstform.
“Capoeira, ursprünglich eine Kampftechnik, mit der die Sklaven unter dem Deckmantel von Musik und Tanz ihre Körper stählten”
>>MARCO POLO Reiseführer Brasilien<<
“Kampf und Tanz, Gesang und Percussion, Improvisation und Akrobatik vereinen sich in der Capoeira, ursprünglich eine Kampftechnik, mit der die Sklaven unter dem Deckmantel von Musik und Tanz ihre Körper stählten. … Capoeira wird auf der Straße praktiziert, in Schulen unterrichtet und in Sportstudios trainiert. Man unterscheidet zwischen der athletischeren Capoeira regional und der traditionellen Capoeira Angola.”
“Capoeira wird auf der Straße praktiziert, in Schulen unterrichtet und in Sportstudios trainiert”
Heutzutage ist es ein beliebter Kampfsport sowohl für Anfänger als auch für Experten. Eine typische Capoeira-Klasse besteht aus einer Gruppe von Teilnehmern, die sich gegenseitig mit verschiedenen Techniken angreifen und verteidigen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Training des Gleichgewichts, der Koordination und der Beweglichkeit. Capoeira erfordert viel Konzentration und Geduld, da man lernen muss, seinen Körper zu beherrschen und gleichzeitig die Balance zu halten. Capoeira hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und hat heute weltweit viele Fans gefunden.
Capoeira: Aus Perspektive eines Sklaven gesehen
Es ist teilweise möglich, professionelle Capoeirakurse zu besuchen oder an Wettkämpfen teilzunehmen. Capoeira wird als Sportart angesehen und so wird Capoeira heutzutage überwiegend in Brasilien unterrichtet. Vielleicht sollte man heute auch wieder die Perspektive eines Sklaven einnehmen und vorsichtshalber Capoeira lernen. Im Film Only the Strong wurde die Geschichte dieses Kampfkunst in fiktiver Form verarbeitet.