Minderjährige an die Waffen: “Wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht” – “Na, um Leute anzuwerben”
Kinder an die Waffe. Rekrutierung von Kindersoldaten. Militärische Ausbildung an Schulen. – Solche Forderungen lösen meist emotionale Empörung aus und der Verfassungsschutz möchte gleich einem offenen Rechtsbruch erkannt haben. Doch sind diese “Forderungen” bei genauer Betrachtung nicht schon längst umgesetzt? Eigentlich wurden für die Rekrutierung von Kindersoldaten längst hohe Strafen verhängt.
” Taylor wurde zur Last gelegt” – “Kindersoldaten rekrutiert hatte”
>>Der Händler des Todes von Stephen Braun & Douglas Farah (Buch) <<
“Am 7. März 2003 wurden Sankoh, Taylor und Bockarie vor dem UNO-Sondertribunal für Sierra Leone wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Sankoh starb am 29. Juli 2003 im Gefängnis. … Es war erst das zweite Mal, dass einem amtierenden Staatspräsidenten Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen wurden. Taylor wurde zur Last gelegt, die RUF gegründet und unterstützt zu haben, die zahlreiche Gräueltaten begangen und Kindersoldaten rekrutiert hatte.”
“Amtierenden Staatspräsidenten Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen wurden”
Die Geschehnisse im Sierra Leone – während des Bürgerkrieges – wurden der breiten Öffentlichkeit unter anderen durch die Filme Blood Diamond und Lord of War – Händler des Todes bekannt. Damit die Kindersoldaten im Sierra Leone rekrutiert werden konnten: Durfte selbstverständlich das Einverständnis der Erziehungsberichtigen nicht fehlen.
“Wahl ließ” – “Soldat zu werden oder auch zu sterben”
>>Landraub von Kurt Langbein (Buch) <<
“Es hat hier um die 50.000 Kindersoldaten gegeben, gut möglich, dass er einer war. Die wurden im wohl brutalsten Bürgerkrieg der afrikanischen Geschichte gezielt rekrutiert, indem man in ihrer Anwesenheit ihre Mütter oder Schwestern vergewaltigte und tötete und ihnen dann die Wahl ließ, Soldat zu werden oder auch zu sterben. Im Hollywoodfilm »Blood Diamond« hat Edward Zwick den Schauspieler Leonardo DiCaprio als zwielichtigen Söldner inszeniert und damit der Welt die furchtbare Realität Westafrikas nähergebracht. Zwei Machtgruppen lieferten sich mit der Hilfe von Söldnertruppen von 1991 bis 2002 an Grausamkeit kaum überbietbare Gefechte um die Diamantenminen Sierra Leones. Zivilisten wurden systematisch Gliedmaßen abgehackt. Ich kenne die Studien der Hirnforscher, die zeigen, wie bei den Kindersoldaten quasi im Wortsinn die Sicherungen durchgebrannt sind: Die Verbindungen zum Empathiezentrum wurden durch die schweren Traumata zerstört.”
“Studien der Hirnforscher” – “Wie bei den Kindersoldaten quasi im Wortsinn die Sicherungen durchgebrannt sind”
Die gezielte Rekrutierung von Minderjährigen dürfte die Bundeswehr weit von sich weisen. Dennoch dürfen im Klassenzimmern schon mal ausgebildete Offiziere unterrichten. Es mag zwar umstritten sein, trotzdem haben viele staatliche Schulen bereitwillig ihre Türen hierfür geöffnet.
“Was macht die Armee in der Schule?”
“Was macht die Armee in der Schule? – Ob Soldaten vor Schülern sprechen sollten, ist eine ständige Debatte. Aber was tut die Bundeswehr im Klassenzimmer eigentlich? … Der 28-jährige Jugendoffizier redet über das Raketenabwehr-System „Mantis“, über die blaue Uniform, die die Zugehörigkeit zur Luftwaffe symbolisiert. Dann wendet er sich an die Klasse und fragt, wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht. „Na, um Leute anzuwerben“, antwortet ein Schüler. „Ist doch der perfekte Ort.“ Gram schüttelt den Kopf. „Das ist mir verboten“, entgegnet er und spricht stattdessen von Transparenz. „Noch nie wurde in Deutschland so viel Geld fürs Militär ausgegeben. Da haben wir die Pflicht, Auskunft zu geben.“
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“Wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht” – “Na, um Leute anzuwerben”
” … wofür man Jugendoffiziere wie ihn braucht. „Na, um Leute anzuwerben“, antwortet ein Schüler.” – Ist die Antwort des Schülers am Ende sogar richtig? – Immerhin können minderjährige Schüler direkt nach der Schule in die Bundeswehr einsteigen.
“Bei der Bundeswehr dürfen junge Menschen, die das 17. Lebensjahr vollendet haben, freiwillig Wehrdienst leisten”
“Bei der Bundeswehr dürfen junge Menschen, die das 17. Lebensjahr vollendet haben, freiwillig Wehrdienst leisten oder als Zeitsoldat eine Ausbildung beginnen. … Oft entscheiden junge Menschen schon vor Eintritt der Volljährigkeit, was sie werden wollen. … Sie dürfen Schusswaffen ausschließlich zu Übungs- und Ausbildungszwecken verwenden.”
“17. Lebensjahr vollendet” – “Dürfen Schusswaffen ausschließlich zu Übungs- und Ausbildungszwecken verwenden”
Zumindest kann dieses sehr spezielle Verständnis der Volljährigkeit als interessante rechtliche Tatsache interpretiert werden. Auch die hysterische Angst vor Schusswaffenausbildung an Minderjährigen ist plötzlich wie wegflogen. Zusätzlich ist noch ein ganz anderer Aspekt zu bewerten: Wie sieht es mit Wahlfreiheit zur Armee zu gehen wirklich aus?
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme-Armee: “Soldaten statt Braunkohle”
“Soldaten statt Braunkohle – Linkspartei kritisiert Aufstockung der Bundeswehr als Beitrag zum Strukturwandel in der Lausitz – Damit würden die Probleme der Abwanderung, der schlechten Infrastruktur, des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels in keinem Fall gelöst. Der Strukturwandel in der Lausitz brauche keine Soldaten, sondern Mitbestimmung vor Ort.”
“Aufstockung der Bundeswehr als Beitrag zum Strukturwandel in der Lausitz”
Es ist schon länger die Tatsache bekannt: Woher die Bundeswehr wirklich ihre Rekruten gewinnt. Gerade die Unterschicht lässt sich – Mangels echter Alternativen – für die Bundeswehr anwerben.
“Die Misere der ossifizierten Unterschichtenarmee”
“Die Misere der ossifizierten Unterschichtenarmee – Denn der Umstand, dass sich die Mittel- und Oberschicht von dieser Aufgabe freikaufen, ist eine Gefahr für das Band unserer Gesellschaft. Unsere Bundeswehr ist eine ossifizierte Unterschichtenarmee. Das ist der Befund. Er ist empirisch, also faktengesättigt und für mich alles andere als negativ bewertend.”
“Unsere Bundeswehr ist eine ossifizierte Unterschichtenarmee” – “Das ist der Befund”
Natürlich will die Bundeswehr nach außen sich anders präsentieren. Dennoch drängt sich die Frage auf: Ob es jemals anders war? Das heutige Verständnis von Armee geht hauptsächlich auf Friedrich Wilhelm I. – respektive der Soldatenkönig – (1688 – 1740) zurück. Zu dieser Zeit wurden Soldaten überwiegend nur für Zeiten des Krieges rekrutiert und das mussten nicht zwangsläufig eigene Landsleute sein. Friedrich Wilhelm I. hat sich – für damalige Verhältnisse – dem Luxus eines stehenden Heeres geleistet. Auch in Friedenszeiten sind Soldaten im Dienst des Königs geblieben.
“Des Königs liebstes Kind war das Militär”
“Friedrich Wilhelm I. – Des Königs liebstes Kind war das Militär. Er trug als erster Monarch seiner Epoche ständig Uniform und erklärte häufig, es wäre ihm „ein rechtes Vergnügen, wenn es den Truppen wohl geht“. Er vergrößerte die Armee von 40.000 auf 81.000 Mann.”
“Er trug als erster Monarch seiner Epoche ständig Uniform”
In jenen Armee-Kontext wurde auch das Schulwesen eingebunden. Neben Lesen und Rechnen sollten die Untertanen vorwiegend die Strukturen von Befehl und Gehorsam lernen. Die Bildung der Lehrer hat dabei keine allzu große Rolle gespielt.
“Lehrer” – “Doch hatten diese oft selbst Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen”
“So waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts gar keine qualifizierten Lehrer vorhanden. Meist diente der Dorfküster als Schulmeister. Der König ließ daraufhin ehemalige Soldaten, Handwerker oder Tagelöhner als Lehrer einstellen, doch hatten diese oft selbst Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen. Des Weiteren fiel die Bezahlung überaus schlecht aus.”
“König ließ daraufhin ehemalige Soldaten, Handwerker oder Tagelöhner als Lehrer einstellen”
Die vorhandenen Prügelstrafen in der Schule wurden später im Militär nahtlos fortgesetzt. Der Ursprung des heutigen Schulsystems lässt sich also weniger an der Bildung, sondern mehr an Erfordernissen des Militärs festmachen. Noch heute ist die Anzahl der Schüler einer Schulklasse etwa der militärischen Größe eines Zuges gleichzusetzen. Jede Klasse hat einen Klassenlehrer und jeder militärische Zug einen Zugführer an der Spitze. Etwa drei bis vier Schulklassen würden die militaristische Stärke einer Kompanie ergeben und die einer gesamten Schule ungefähr eines Bataillons entsprechen.