Lausitzer Sorben: “Gefolge der wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse erodierte auch die Kulturlandschaft”
Wie hängt der wirtschaftliche Strukturwandel mit der Kulturlandschaft – respektive Theater Bautzen – zusammen? Beide scheinen – oberflächlich betrachtet – wenig bis gar nichts miteinander zu tun zu haben. – Doch dieser Schein trügt. Alleine die Frage sollte aufhorchen lassen: “Kann sich Bautzen das Theater nicht mehr leisten?” Nichtsdestoweniger stellt das Bautzner Theater nicht irgendein beliebiges Theaterhaus dar.
“Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen stellt in seiner künstlerischen Prägung und Konzeption eine Einmaligkeit in Deutschland dar”
“Das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen stellt in seiner künstlerischen Prägung und Konzeption eine Einmaligkeit in Deutschland dar, die auch europaweit ihresgleichen sucht und insofern als ein europäisches Kulturgut gewertet werden kann: Ein Theater – zwei Sparten – drei Sprachen: Deutsch, Ober- und Niedersorbisch.”
Bautzner Theater: “Ein Theater – zwei Sparten – drei Sprachen: Deutsch, Ober- und Niedersorbisch”
Ursprünglich war das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen sogar noch weit mehr gewesen, was alte Statistiken verraten: Noch Mitte der 1980er Jahren konnte das Theater in der Lausitz mit einen Vierspartenhaus, plus Oper, Ballett und alles mehrsprachig aufwarten.
“Gefolge der wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse erodierte auch die Kulturlandschaft”
Nur wenige hundert Meter weit entfernt, hat sich der Sitz des „Nationalen Ensembles für sorbische Volkskultur“ – als zentraler Ort für die Traditionen und Identitäten der Lausitzer Sorben – befunden. Seit seiner Gründung im Jahr 1952 hat es in mehr als 40 Ländern – auch in Zentralasien – gespielt. Seit dieser Zeit haben sich Dinge jedoch gewandelt.
“Es war ein schleichender Abbau parallel zur Deindustrialisierung”
>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<
“Nur die Größenordnungen haben sich seither geändert – schrittweise, aber niemals zum Besseren. Der Chor, damals über dreißig Vokalisten stark, hat aktuell noch sechzehn Sängerinnen und Sänger, und im Orchester gibt es kein Fagott mehr, was im folkloristisch orientierten Repertoire mindestens so misslich ist wie im klassisch-konzertanten. Es war ein schleichender Abbau parallel zur Deindustrialisierung der Oberlausitz, die einerseits an den nahe gelegenen Braunkohle-Fördergebieten hing, aber in Görlitz, Niesky und Bautzen beispielsweise auch Zentren der DDR-Schienenfahrzeugindustrie hatte. Viel ist davon nicht geblieben, und im Gefolge der wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse erodierte auch die Kulturlandschaft. Nicht alles konnte mit Initiative und Ideen – an beiden hat es den Akteuren vor Ort nie gefehlt – kompensiert werden. Das Bautzner Theater „sparte sich“ 1992 sein Opern- und Ballettensemble.”
“Das Bautzner Theater „sparte sich“ 1992 sein Opern- und Ballettensemble”
Zum allgemeinen Verständnis: Theater- und Opernhäuser werden fast immer durch die öffentliche Hand – sprich Steuergeld – quer finanziert. Das ist auch keine exklusive Besonderheit der Lausitzer Sorben. Im Zuge der Deindustrialisierung und Abwanderung aus der Lausitz ist somit auch Steuergeld “verschwunden” und bei der Kulturlandschaft wird allgemein gerne zuerst der Rotstift angesetzt. Daher auch die Frage: “Kann sich Bautzen das Theater nicht mehr leisten?”
“Die Sorben haben mit einer massiven Abwanderung aus beruflichen Gründen zu kämpfen”
>>Eberhard Karls Universität Tübingen<<
“Die Sorben haben mit einer massiven Abwanderung aus beruflichen Gründen zu kämpfen. Maßgeblich ist hierfür der ein Strukturwandel, welcher sich durch den Kohleausstieg noch deutlich verschärft hat. Die Braunkohle bzw. Tagebau war und ist ein wichtiger Arbeitgeber für die Sorben und hat die Lausitz stark geprägt.”
“Braunkohle bzw. Tagebau war und ist ein wichtiger Arbeitgeber für die Sorben”
Das Lausitzer Revier – samt Zulieferfirmen und alles was noch vergessen wurde – ist für eine lange Wertschöpfungskette verantwortlich und sorgt direkt oder indirekt auch für die Kulturlandschaft. Außerdem sollte die Abwanderung nicht vergessen werden.
„Das größte Problem sei jedoch die massive Abwanderung vieler Sorben aus beruflichen Gründen“
>>Technische Universität Dresden<<
„Die Sorgen der Sorben – Das größte Problem sei jedoch die massive Abwanderung vieler Sorben aus beruflichen Gründen. Abseitig aller Finanzierungsfragen ist dies wohl das größte Problem der kleinen Kultur.“
Abwanderung von Sorben: „Abseitig aller Finanzierungsfragen ist dies wohl das größte Problem der kleinen Kultur“
Die vielen Fortzüge dürfte sich logischerweise wohl kaum positiv auf den Kulturbetrieb auswirken. Am Ende wird die Abwicklung des Lausitzer Reviers sich kaum förderlich auf die Theater- und Opernhäuser auswirken.