Lausitzer Mythen: Das Wasser des Lebens

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Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Einstens wurde der König sehr krank; da liess er seine Söhne zu sich kommen, denn er dachte, er werde sterben. Nachdem er die Söhne ermahnt hatte, sie sollten nach seinem Tode nicht in Zank und Zwietracht leben, gingen dieselben traurig in den Garten, denn sie mochten nicht glauben, dass ihr Vater sterben werde.

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Von Edmund Veckenstedt

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Als sie so in dem Garten auf und ab gingen, trat ein alter Mann an sie heran und fragte, warum sie so traurig seien. Da sagte der älteste Sohn: „Unser Vater ist sehr krank und wird diese Erde wohl bald verlassen.“ Der Mann erwiederte: „Ein Arzt kann Eurem Vater freilich nicht helfen, aber dasjenige Mittel, welches ich Euch sagen werde, wird ihn vom Tode erretten.“ Erstaunt horchten die Söhne auf und fragten, was das für ein Mittel wäre. Der Mann sagte: „Es ist das Wasser des Lebens. Einer von Euch muss sich aufmachen und dasselbe holen, den Weg wird er schon finden.“ Nach diesen Worten war der Mann verschwunden. Der älteste Sohn ging sogleich zu seinem Vater und sagte ihm, dass er ihn vom Tode erretten wolle, er werde ihm das Wasser des Lebens holen. Der alte König gab ihm seinen Segen; darauf nahm der Sohn von seiner Mutter und von seinen Brüdern Abschied und ritt zum Schlossthore hinaus.

Er war schon viele Tage geritten, als er in einen grossen Wald kam; in dem Walde gelangte er an einen Kreuzweg, an welchem ein Männchen sass. Das Männchen fragte: „Wohin Du junger Reiter?“ Der Prinz erwiederte: „Das tüchtige Ohrfeige.“ Der alte Fritz fasste aber doch zu. Da erhielt er von dem Soldaten eine solche Ohrfeige, dass er hinstürzte. „Du schlägst aber grob,“ sagte der alte Fritz. Darauf nahmen sie ihr Geld und gingen davon.

Am nächsten Tage liess der König den Soldaten zu sich rufen. Der Soldat musste ihm eingestehen, woher er das Geld habe, dass er so fein leben könne, trotzdem er ein armer Teufel sei. Dieser gestand Alles. Weil er aber nie etwas von dem Gelde des Königs genommen, auch nicht gelitten hatte, dass der alte Fritz davon nahm, so wurde ihm Alles verziehen, ja der König setzte ihm noch einen Gehalt aus.

Die Ohrfeige aber, welche er dem alten Fritz gegeben, hat er von diesem wieder erhalten.