Rittergüter und Schlösser in der historischen Lausitz: Gröditz
Gröditz in wendischer Sprache Rodzischczo, abgekürzt Rosczo genannt, hat seinen Namen von seiner Lage auf einer Felsen-Anhöhe und seiner Bestimmung erhalten, indem sein wendischer Name eine Burg oder Veste bedeutet und der obere Theil des Ortes in früheren Jahrhunderten ein befestigter Rittersitz gewesen ist.
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Von Moritz Grimmel
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Eine in der Nähe des jetzigen herrschaftlichen Schlosses befindliche Schanze hat die Merkmale ehemaliger Bollwerke und Wilhelmine von Gersdorf hat in einer in den Erheiterungen von Zschokke enthaltenen Erzählung recht lebhaft an die im 12. Jahrhundert schon bestandene Veste von Graditz erinnert.
Der deutsche Name Gröditz, früher Gräditz, ist dem ursprünglich wendischen nachgebildet. Das jetzige Rittergut, Kirche, Pfarre und Schule und ein grosser Theil des Dorfes liegen auf einer freien Anhöhe, von welcher sich nach allen Seiten hin die weiteste Aussicht öffnet und nicht nur die gegen Mittag von Ost nach Nordwest sich hinziehende Gebirgskette, sondern auch manch einzelne, entfernte Bergspitze, als: die Lausche, die Landeskrone bei Görlitz und selbst ein Theil des Riesengebirges gesehen werden kann. Daher Gröditz selbst von mehreren Seiten in weiter Ferne zeigt.
Eine ausgezeichnet schöne Lage hat das in der Abbildung befindliche Schloss, das mit seiner Morgenseite am Abhange hoher Felsenwände steht, die mit Holz bewachsen sind, nach Morgen hin sich ausdehnen und in der Tiefe mit den gegenüber befindlichen, zu dem Rittergute Weicha gehörenden Felsenhöhen ein angenehmes Thal, die Skala, d. i. Felsengrund, genannt, bilden, in welchem die Löbau fliesst.
Das jetzige Schloss in Gröditz verdankt seine Entstehung dem hochadeligen alten Geschlechte von Gersdorf, welches von dem ersten Markgrafen der Lausitz, Gero, seinen Namen ableitet. Alle die Dörfer, die in der Lausitz Gersdorf heissen, wurden früher die Gerensdörfer genannt, denn die Geschichte von der auf dem Gersten-Acker erretteten burgundischen Prinzessin, welche unter dem König Rudolph I. sich ereignet haben soll, ist nicht hinlänglich begründet und mithin auch unerwiesen, dass das altadelige Geschlecht derer von Gersdorf die Urheber dieser That waren. So viel steht fest, dass sie von Anfang an als tapfere Helden ihrer hohen Landes-Herrschaft sich stets bewiesen haben, wofür sie auf jegliche Weise mit dem grössten Vertrauen in Militair- und Civil-Staatsdienst von jeher beehrt wurden.
Es bewährt sich so recht an diesem Geschlechte der Spruch des Herrn: „Eine gute Saat wird fort gute Früchte erzeugen und segensvoll auf Kind- und Kindeskinder wirken“. Oder ist es kein Zeichen von dem grössten Segen, welcher auf dieser Familie ruht, wenn man in den Annalen der Geschichte lesen muss, dass dieselbe von der Entstehung des Schlosses Gröditz bis auf die neuesten Zeiten im Besitze desselben ununterbrochen geblieben ist?
Der vorletzte Besitzer von Gröditz war Herr Ernst Gustav von Gersdorf, Kreisdirektor zu Budissin und Comthur des Civil-Verdienstordens, von welchem es Herr Gustav von Gersdorf überkam, der auch jetzt noch damit beliehen ist.
Zu dem Rittergute Gröditz gehört ein bedeutendes Areal an Feldern, Wiesen und Waldungen um das Dorf und Vorwerk Cortnitz und ein Teil des Dorfes Wuischke. Letzteres kleine Dorf haben die letzten Besitzerinnen desselben, die beiden Fräulein von Maxen, bei ihrem erfolgten Ableben an die Pfarre zu Gröditz vermacht und der dasige Pfarrer ist demnach seit dem Jahre 1663 Grundherr von demjenigen Theile dieses Dorfes, welcher nicht zu dem Rittergute Gröditz gehört.
In die Kirche zu Gröditz sind aber noch mehrere Orte ausser Wuischke und Cortnitz eingepfarrt, wie z. B. Nechern, Wurschen, Belgern, Drehsa, Rackel, Briessnitz, Cannewitz und Weicha.
Die hiesige Kirche ist ursprünglich sehr alt: dieselbe wurde aber im Jahre 1790 auf den alten Grundmauern völlig erneuert und mit einem [199] Schindeldach versehen. Das Innere ist ganz einfach und der Raum beschränkt. Alterthümer und Denkmäler von historischem Werthe sind weder in der Kirche noch auf dem Kirchhofe zu finden.
In der Parochie selbst erinnern zwei alte Schanzen, bei Belgern und Rackel, an Kriege von früheren Jahrhunderten und eingemauerte Kanonenkugeln an dem herrschaftlichen Schlosse zu Wurschen an das Jahr 1813.
Das Pfarrhaus zu Gröditz hat blos im untern Stocke Mauer und ist bei dem Ueberfalle von Hochkirch, wo der obere Theil des Ortes und auch die zur Pfarrei gehörigen Wirtschaftsgebäude abbrannten, vom Feuer verschont geblieben.
In die Kirchenschule zu Kotitz sind die drei Orte Cortnitz, Wuischke und Weicha gewiesen. Die Zahl der Schulkinder beläuft sich auf 140.
Die Collatur von Kirche, Pfarre und Kirchenschule ruht auf den beiden Rittergütern Nechern und Gröditz.
Die Nebenschulen von Gröditz sind in Wurschen und Rackel, worüber das Collaturrecht dem Grafen und Edlen zu Lippe Biesterfeld-Weissenfeld zusteht.
Die Parochianen von Gröditz bestehen aus Wenden und Deutschen, weshalb der Gottesdienst an jedem Sonntag zuerst in wendischer und dann in deutscher Sprache stattfindet.
Die ganze Kirchfahrt hat aber nur einen gemeinschaftlichen Begräbnissplatz, welcher die Kirche rings umgiebt und den Ruhestätten darauf durchgängig eine feste Grundlage gewährt.
In der Nähe von Gröditz ist der berühmte Berg, der Czorneboch – welcher auch Porschiza, Braschiwa Hora genannt wird – und seinen Namen von dem einstigen dasigen Aufenthalte der wendischen Priester und Priesterinnen, die den Cultus der Götter und Göttinnen des Frageaberges besorgten, erhalten hat. Hier auf diesem Czorneboh fanden die schauerlichen Mysterien der gefürchteten Nacht- und Todesgöttin, Czorneboh Pya, statt, und von dieser, wie von der Lebens- und Liebesgöttin Ziwa, wurden die Orakelsprüche ertheilt.
Gröditz liegt eine Stunde von Weissenberg und ist diesem Gerichtsamte mit den übrigen Dörfern der Parochie einverleibt.
Gröditz hat in seinen 50 Gebäuden an 300 Bewohner.