Lausitz als „Überflugland“ – Wie der ländliche Raum aufgeben wird
Die Begrifflichkeit „flyover country“ oder auch „Überflugland“ ist hierzulande weniger geläufig. Damit ist meist der „Raum“ zwischen den großen Metropolen gemeint. Der ländliche Raum wird damit zum „Überflugland“ abgewertet.
Leibniz-Institut: „Ostdeutschlands Zukunft liegt in Städten wie Halle oder Leipzig – aber eben nicht auf dem Land“
Das Gebot aus dem Grundgesetz: Überall gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, das wurde praktisch klammheimlich aufgegeben und der ländliche Raum wird konsequent abgehängt und aufgeben. Die politischen Weichenstellungen sind hierzu längst vollzogen. Die Lausitz als „Überflugland“ ist davon besonders betroffen. Ganz offen fordert das Leibniz-Institut: „Ostdeutschlands Zukunft liegt in Städten wie Halle oder Leipzig – aber eben nicht auf dem Land. Man solle daher aufhören, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu subventionieren … “ – Und die sogenannten „flyover country“ sind in der USA schon seit dem Jahr 1962 bekannt.
„Es ihren Kindern einmal besser gehen würde“ – „Ein halbes Jahrhundert später war davon nichts übrig“
>>Große Erwartungen: Auf den Spuren des europäischen Traums von Geert Mak (Buch) <<
„Im Jahr 2010 habe ich eine lange Rundreise durch flyover country unternommen, das arme, übersehene Amerika. Nicht New York, sondern Marshall, Minnesota. Nicht Yosemite, sondern die Kartoffeläcker von Maine. John Steinbeck hatte 1962 das Gleiche getan, und ich folgte seiner Spur. In den Diners und McDonald’s an meiner Route sprach ich mit Farmern, Hausfrauen, Lastwagenfahrern, einfachen Leuten aller Art. Und immer wieder hörte ich die gleichen Geschichten. Auch in den 1960er Jahren waren Menschen wie sie nicht gerade reich gewesen, aber sie hatten Arbeit gehabt, Sicherheit und die feste Zuversicht, dass es ihren Kindern einmal besser gehen würde. Ein halbes Jahrhundert später war davon nichts übrig.“
„Nicht New York, sondern Marshall, Minnesota“ – „Nicht Yosemite, sondern die Kartoffeläcker von Maine“
Mit der Begrifflichkeit „flyover country“ oder auch „Überflugland“ ist die oftmals abwertende ländliche Bevölkerung – außerhalb der Ballungszentren – gemeint. Aber um derartige Verhältnisse hautnah sehen zu können: Dazu muss niemand in die ferne USA reisen.
„flyover country“ oder „Überflugland“ – Wie die ländliche Bevölkerung abgewertet wird
Jemand der mit dem Schnellzug von Berlin nach München fährt, der kann ebenfalls das sogenannte „Überflugland“ durch das Fenster beobachten. Praktisch alle Schnellbahnverbindungen hängen konsequent den ländlichen Raum ab, während gleichzeitig die größten finanziellen Mittel genau in diese Bahnverbindungen hinfließen.
„Überflugland“ – gibt es nicht: Warum die offizielle Bahnauskunft etwas anderes sagen würde?
Vereinfacht: Das sogenannte „Überflugland“ lässt sich also ganz leicht – im übertragenen Sinne – bei der Bahnauskunft erfragen. Zugleich sind die großen Metropolen ohnehin schon durch Flugverbindungen miteinander verbunden. Also: Wozu soll die Milliardeninvestition aus Steuergeld für eine Schnellzugverbindung überhaupt gut sein? Gleichzeitig fallen die Mittel für den regionalen-ländlichen Schienenverkehr sehr knapp aus.
Herrnhuter Bahn: Weshalb bleiben wichtige regionale Verkehrsprojekte unberücksichtigt?
>>Verein Pro Herrnhuter Bahn<<
„Der Verein Pro Herrnhuter Bahn e.V. ist aus einer Bürgerinitiative heraus entstanden, die sich für den Erhalt und die Wiederinbetriebnahme der sogenannten „Herrnhuter Bahn“, der Eisenbahnstrecke von Löbau nach Zittau im Abschnitt zwischen Niedercunnersdorf über Herrnhut bis Oberoderwitz einsetzt.“
ICE-Trasse Berlin-Breslau: Das Überflugland als Schnellbahn
Zugleich sind Planungen für eine ICE-Trasse Berlin-Cottbus-Görlitz vorgesehen: Aber tatsächlich soll die Strecke bis Breslau – respektive Wrocław – gehen: Letztendlich wäre die Lausitz dann ebenfalls als sogenannte „Überflugland“ per Schnellzug herabgestuft. Vergleichbares spielt sich auch auf der Autobahn ab.
Herrnhuter Bahn & Lausitzmagistrale: Regionale Verkehrswege kommen kaum noch vor
„Der Ausbau der Autobahn 4 wird in Bautzen geplant. … Die Verbreiterung der A 4 stellt nämlich weitaus mehr dar als nur den Anbau von links und rechts jeweils einem zusätzlichen Fahrstreifen. Zwischen dem Dreieck Nossen und Dresden-West soll die A4 von derzeit sechs auf acht, zwischen Dresden-West und Bautzen-Ost von vier auf durchgehend sechs Fahrstreifen vergrößert werden.“
Überflugland als Autobahn – „Ausbau der Autobahn 4 wird in Bautzen geplant“
In Wirklichkeit ist die Autobahn 4 mit der Europastraße E40 identisch, die von der französischen Atlantikküste fast bis an die Grenze von China reicht. Auch hier zeichnet sich das selbe Bild ab: Denn die Lausitzmagistrale – als regional wichtige Verkehrsverbindung – wurde gestrichen. Das Bild des sogenannten „Überfluglandes“ nimmt also ganz konkrete Formen an.
Überflugland Lausitz – Zug & Autobahn: Der Verkehr rauscht einfach durch
Genauso sind die Rundfunkanstalten überwiegend in den großen Metropolen präsent, während im ländlichen Raum meist nur kleine Regionalbüros bestehen. Bei der Ungleichverteilung werden sogar ganze Bundesländer regelrecht abgehängt.
Trotz Rundfunkgebühren aus der Lausitz: Das Geld fließt in ferne Metropolen
„Thüringer Landesregierung droht MDR mit Kündigung des Staatsvertrags – Laut dem Bericht herrscht bei der Regierung in Erfurt die Auffassung, dass der MDR derzeit zu wenig Geld in Thüringen ausgebe. … Sollte der MDR in Zukunft keine Schritte hin zu einer ländergerechten Verteilung von Ressourcen zwischen den drei Bundesländern schaffen, behalte sich die Erfurter Landesregierung eine Kündigung des MDR-Staatsvertrags vor, wie die „MZ“ berichtet.“
Überflugland als Bundesland – „Der MDR derzeit zu wenig Geld in Thüringen ausgebe“
Ebenso ist in der Lausitz der Öffentliche-Rundfunk nur durch ein paar unscheinbare Außenstellen vertreten, obwohl alle Menschen die selbe Rundfunkgebühren zahlen müssen. Doch es sind noch ganz andere Szenarien möglich: Das Bauen von Einfamilienhäuser könnte schlicht verboten werden.
Schrumpfgemeinden: „Dürfen keine Einfamilienhäuser mehr geplant werden“
„In Hamburg-Nord dürfen keine Einfamilienhäuser mehr geplant werden, … . Der Chef der Wirtschaftsweisen warnt, das Vorhaben könnte die soziale Ungleichheit verschärfen.“
Auch DDR-Wohnungsmangel sollte durch ein Verbot neue Häuser zu bauen beseitigt werden
Solche Ideen sind bereits aus DDR-Zeiten bekannt: In amtlich-festgelegten „Schrumpfgemeinden“ war ebenfalls verboten neue Häuser zu bauen. Der DDR-Wohnungsmangel sollte durch ein Verbot neue Häuser zu bauen beseitigt werden: Aber die schräge Logik scheint nun in der neuen Zeit auch angekommen zu sein.