„Kind als Schaden“ – Familienarmut: Warum Frauen keine Kinder wollen
„Die Tui hat sehr viele Familienhotels im Angebot. Aber die Zielgruppe „Adults only” wird immer bedeutender in Deutschland … Ich halte das für legitim, dass ein Elternpaar auch mal sagt: Wir brauchen jetzt ein Wochenende ohne Kinder.“ So der Vorsitzender der Geschäftsführung vom TUI Deutschland. Allerdings muss die Aussage auch im richtigen Kontext verstanden werden. Beim Unternehmen Tui handelt es sich um einem Reiseanbieter und keine Kinderbetreuungsanstalt. Kurzum: Tui weiß nicht wirklich, ob seine Kunden tatsächlich Kinder haben. Das Unternehmen sieht halt nur, dass immer weniger Menschen mit Kindern verreisen und richtet daraufhin sein Angebot aus.
Indikator – Urlaub mit Kindern: Immer weniger Nachgefragt
Doch Urlaub bedeutet eben auch immer Luxus – ein Luxus dem sich immer weniger Familie leisten können. Genau das spiegeln auch offizielle Berichte der Bundesregierung wieder.
„Das Armutsrisiko von Familien“
>>Bundesministerium für Arbeit und Soziales<<
„Im Blick auf das Armutsrisiko von Familien heißt es in dem Bericht, dass es „stark von der Nichterwerbstätigkeit von Eltern“ abhänge. Je mehr „erwerbsfähige Haushaltsmitglieder“ einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen, desto geringer sei die Armutsgefährdung von Familien.“
„Die Armutsgefährdung von Familien“
„Nichterwerbstätigkeit von Eltern“ – Das ganze ist eine sehr euphemistische Erklärung. Ungefähr: Wenn man zwei Durchschnittseinkommen aus zwei gewöhnlichen Handwerksberufen nimmt, geht ein Einkommen alleine schon für die Wohn- und sonstige Nebenkosten drauf. Die ganze Familie muss sich dann mit einen einzigen Einkommen begnügen. Praktische Wirklichkeit: Es existiert keine besondere Kinder- oder Familienförderung in der real gelebten Sozial- und Steuerpolitik. Alleine schon der irreführende Name „Kindergeld“ steht dafür exemplarisch. Hintergrund: Das Existenzminimum ist durch das Grundgesetz geschützt, demnach auch das Kinder-Existenzminimum. Mit dem Kindergeld zahlt also der Staat nur zu viel erstattete Steuern zurück, die er – rein formal – nicht einmal erheben dürfte.
Warum es kein Kindergeld gibt
Vereinfacht: Es gibt kein Kindergeld, nur eine Steuerrückerstattung mit dem irreführenden Bezeichnung „Kindergeld“ . Mit solchen Zahlentricks wird die Armut lediglich schöngerechnet.
Tricks mit Zahlen: Warum es kaum Familienarmut geben soll
>>Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (PDF-Datei) <<
„Der wichtigste Indikator zur Messung relativer Armut ist die Armutsgefährdungsquote. Als armutsgefährdet gilt demnach, wer über maximal 60% des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens (Medianeinkommens) verfügt. Wer über weniger als 50% des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens verfügt gilt nicht mehr als armutsgefährdet, sondern als relativ einkommensarm.“
Faustformel: Je mehr Kinder desto Ärmer die Familien
Kurzum: Viele sind in Wirklichkeit nicht Arm, sondern nur „relativ Einkommensarm“ . Nur mit dieser – formal richtigen – Definition hat jedoch keine Familie auch nur einem Euro mehr in der Tasche. Leider stellen Kinder in der heutigen Zeit einen kaum wegzudiskutierenden Armutsfaktor da. Als ungefähre Faustformel gilt: Je mehr Kinder desto Ärmer die Familien. Ausgenommen Beamte – lebt also so gut wie jede Familie mit drei oder mehr Kindern in Armut.
„Kind als Schaden“ – Als Terminus in der Rechtsprechung
„Kind als Schaden“ – Der Terminus hat sogar Eingang in die Rechtsprechung gefunden. Für ungewollte Schwangerschaften werden teilweise sogar Ärzte verklagt und Kinder demnach als „Schaden“ betrachtet. Die Kinder sind dabei allerdings körperlich Gesund, der „Schaden“ bezieht sich dabei auf dem Umstand: Überhaupt eigene Kinder zu haben. Tatsächlich treibt Armut viele Frauen zur Abtreibung.
Kinder unerwünscht – „Wo Armut zur Abtreibung drängt“
„Wo Armut zur Abtreibung drängt – Armut ist für viele Frauen in Mecklenburg-Vorpommern ein Grund zur Abtreibung. Auch in anderen Bundesländern ist ein solcher Zusammenhang erkennbar.“
Abtreibungsgrund Armut: „Auch in anderen Bundesländern ist ein solcher Zusammenhang erkennbar“
Die wenigsten Schwangerschaftsbrüche finden Aufgrund medizinischer Indikationen statt. Die meisten Gründen von Abtreibungen liegen im weitem Feld nichtssagender „persönliche Gründe“ zu nieder. Armut als Hauptgrund für Schwangerschaftsbrüche? – Dazu fehlen aussagekräftige Zahlen. Aber so richtig gewollt scheint das Thema definitiv nicht zu sein: Wie eine offizielle Anfrage nahe legt.
Armut als Hauptgrund für Schwangerschaftsbrüche?
>>Martin Vincentz (PDF-Datei) <<
„Mir sind einige interessante Ungereimtheiten in den offiziellen Statistiken aufgefallen, … Die Bundesrepublik und damit das Land NRW übernehmen bei einkommensschwachen Frauen die Kosten für eine Abtreibung. Das ist nachvollziehbar. In einer Kleinen Anfrage wollte ich wissen, wie hoch die finanziellen Auswirkungen für das Land NRW denn nun sind. Dabei stellte sich heraus, dass beinahe in jedem Jahr der geführten Statistik die Zahl der übernommenen Schwangerschaftsabbrüche die Zahlen in den offiziellen Abbruchstatistiken überstieg. Noch einmal im Klartext: Das Land NRW übernimmt Kosten für mehr Abbrüche, als laut Statistik pro Jahr überhaupt vorgenommen werden.“
„Land NRW übernimmt Kosten für mehr Abbrüche – Als laut Statistik pro Jahr überhaupt vorgenommen werden“
Das Bundesland NRW zahlt für mehr Schwangerschaftsbrüche, als es offiziell überhaupt geben soll? Diesen offenkundigen Widerspruch will augenscheinlich kaum jemand Aufklären, weil das Ergebnis wohl doch zu sehr Erschrecken würde.
Kinderarmut: Zu viel gezahlte Steuern gelten als Einkommen
Mit welch sonderbaren Widersprüchen man amtlicherseits Argumentiert: Das zeigen auch ganz andere Entscheidungen. Zwar gilt das Kindergeld nur als Steuerrückerstattung: Doch beim Hartz-IV-Regelsatz gilt es wiederum als Einkommen. Erklärung: Zu viel gezahlte Steuern gelten als Einkommen. Bei soviel mathematischen Kunststücken wäre eigentlich eine Auszeichnung schon längst fällig gewesen.
Versteckte Steuerrückerstattung – „Irreführenden Bezeichnung Kindergeld“
>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<
„Während der Normalbürger also nur zu viel gezahlte Steuern erstattet bekommt unter der irreführenden Bezeichnung Kindergeld, erhalten Beamte ein wirkliches Kindergeld, nämlich einen Zuschlag zu ihrer Besoldung, den Kinderzuschlag.“
„Erhalten Beamte ein wirkliches Kindergeld“ – Kinderzuschlag
Im Steuerrecht ist also „Zuschlag“ nicht gleich „Zuschlag“ . Während beim Solidaritäts-„Zuschlag“ Steuern entrichtet werden müssen, erhalten Beamte beim Kinder-„Zuschlag“ tatsächlich Geld. Je mehr Kinder – desto höher der Kinderzuschlag und oben drauf kommt noch das Kindergeld. Zusätzlich erhalten verheiratete Beamte einem „Zuschlag“ für das Verheiratetsein. Hinzu kommen eine ganze Reihe weiterer Zuschläge zur Beamtenalimentierung: Diese „Zusatzeinkommen“ können leicht das eigentliche Einkommen – also das Schatteneinkommen – übersteigen. Jedem Gleichheitsgebot zum Trotz, steht diese spezielle Familienförderung ausschließlich Beamten zu.