Affront gegen Bundesverfassungsgericht: Sperrklausel zur Europawahl soll über Brüssel durchgedrückt werden
Die Verhandlungsführer der größten Fraktionen im Europäischen Parlament haben sich Mittwochabend auf einen Deal zur Reform des Europawahlrechts geeinigt. Dieser Deal soll Deutschland zur Einführung einer Sperrklausel zur Europawahl von 3,5% schon ab 2024 zwingen und über den Vorrang des Europarechts mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit von Sperrklauseln aushebeln.
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Die Fraktion Grüne/EFA hat sich vergeblich dagegen eingesetzt. Gleichzeitig sollen transnationale Listen eingeführt und eine Geschlechterquote für Wahllisten zur Europawahl vorgeschrieben werden. Die formale Abstimmung im Parlament steht noch aus. Das letzte Wort haben anschließend die EU-Regierungen, die Einvernehmen im Rat erzielen müssen und die Zustimmung aller nationalen Parlamente benötigen.
Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer verurteilt den Deal scharf:
„Diese schamlose Selbstbedienung ist ein Affront gegen das Bundesverfassungsgericht und ein Anschlag auf unsere Demokratie. Mit der geplanten Sperrklausel von 3,5% wären bei der letzten Europawahl 3,1 Millionen Wählerstimmen für sechs kleine Parteien wie die Piratenpartei, Freie Wähler und die PARTEI wertlos verfallen und deren Parlamentssitze stattdessen an das politische Establishment gegangen. Die EU-Wahlrechtsreform darf nicht Vehikel für eigennützige Sperrklauselpläne der Regierungsparteien sein, die ihre eingebrochenen Wahlergebnisse kompensieren wollen!
Europa braucht mehr Mitbestimmung und politische Ideen, nicht weniger. Wer Millionen von Bürger:innen, die von den etablierten Parteien enttäuscht sind, keine andere Wahl lässt, treibt sie entweder in die Arme der AfD oder lässt sie insgesamt der Wahlurne den Rücken kehren. Beides schadet unserer Demokratie und gefährdet Europa.”
Die deutsche Ampelkoalition hat die Einführung einer Sperrklausel von 2% nur für den Fall vereinbart, dass bis Sommer kein neues Wahlrecht vorliegt. „Mit der gestrigen Einigung ist diese Vereinbarung obsolet und die alten Sperrklauselpläne müssen vom Tisch“, erklärt Breyer.