„Ärmere stürben im Schnitt acht bis zehn Jahre früher” – “Kommt jede Anhebung des Eintrittsalters einer Kürzung des Rentenniveaus gleich”

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Soll das Rentenalter an die Lebenserwartung geknüpft werden? Einige Experten schlagen vor, dass die Menschen länger arbeiten sollen, um die Rente zu sichern. Doch könnte dies letztendlich nur zu einer Kürzung der Rente führen?

“Forscher wollen Rentenalter an Lebenserwartung koppeln”

>>Spiegel<<

“Forscher wollen Rentenalter an Lebenserwartung koppeln – Um die Rente zu sichern, müssen die Menschen nach Ansicht von Experten länger arbeiten. … Das Ifo-Institut hat nun einen Vorschlag gemacht, wie die Finanzierung des umlagefinanzierten Rentensystems dauerhaft auf sicherere Füße gestellt werden könnte. Die Forscher befürworten die Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung.”

“Um die Rente zu sichern, müssen die Menschen nach Ansicht von Experten länger arbeiten”

Allerdings haben die “Forscher” die Tatsache außer acht gelassen: Die Lebenserwartung ist längst nicht gleichmäßig verteilt, sondern fällt innerhalb der Bevölkerung sehr unterschiedlich aus.

„Noch größer sei der Unterschied zwischen Arm und Reich“

>>Frankfurter Rundschau<<

„Noch größer sei der Unterschied zwischen Arm und Reich. Ärmere stürben im Schnitt acht bis zehn Jahre früher und hätten daher oft nur rund die Hälfte von ihrer Rente. … bereits die Politik der Rente erst ab 67 sei eine unsoziale Rentenkürzung nach dem Motto „Länger einzahlen und kürzer Rente erhalten“.

„Ärmere stürben im Schnitt acht bis zehn Jahre früher und hätten daher oft nur rund die Hälfte von ihrer Rente“

Es ist auffällig, dass die Lebenserwartung manchmal stagniert oder sogar abnimmt. Die Sterblichkeitsrate bei Menschen über 65 Jahren ist hierzulande höher als bei Altersgenossen in Westeuropa. Der Unterschied hat sich seit der Jahrtausendwende kontinuierlich vergrößert. Seit diesem Zeitpunkt sinkt die Lebenserwartung in dieser Altersgruppe in Deutschland. Die Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland hat seit den 2000er-Jahren einen Wendepunkt erreicht.

“Lebenserwartung in Deutschland sinkt weiter unter europäischen Schnitt”

>>Zeit<<

“Lebenserwartung in Deutschland sinkt weiter unter europäischen Schnitt – Die Sterblichkeit bei Menschen ab 65 Jahren liegt in Deutschland höher als bei Gleichaltrigen in Westeuropa. Der Abstand nimmt seit der Jahrtausendwende stetig zu. … Seit der Jahrtausendwende nimmt demnach in Deutschland die Lebenserwartung in dieser Altersgruppe zunehmend ab. “Der Beginn der 2000er-Jahre markiert einen Wendepunkt in der Dynamik der Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland”, … . “

“Der Beginn der 2000er-Jahre markiert einen Wendepunkt in der Dynamik der Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland”

Der “Kipppunkt” in der Lebenserwartung wurde also schon in den 2000er-Jahren erreicht. Die vermeintlich höhere Lebenserwartung spielt bestenfalls für jene Bevölkerungsgruppe noch eine Rolle, welche ohnehin auf keine staatliche Rentenversicherung angewiesen sind. Demnach kann die vermeintlich steigende Lebenserwartung für die gesetzliche Rentenversicherung bestenfalls als Strohmahnargument angesehen werden, was auch die Zahlen zeigen.

“45 Beitragsjahre des Eckrentners werden tatsächlich von kaum jemandem erreicht”

>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<

“Aber die 45 Beitragsjahre des Eckrentners werden tatsächlich von kaum jemandem erreicht. Akademiker z. B. beginnen in Deutschland ihre Berufstätigkeit erst mit gut 27 Jahren. Damit bleiben ihnen nur 38 Jahre bis zur Rente. Und auch diese 38 Jahre vermindern sich oft noch um Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Familienpause. Tatsächlich erreicht nur jeder dritte Mann und jede zehnte Frau die 45 Beitragsjahre, im Durchschnitt jeder fünfte Arbeitnehmer. Das heißt, dass 80 % der Arbeitnehmer gar nicht die Rente erreichen, die ihnen durch den Eckrentner vorgegaukelt wird.”

“80 % der Arbeitnehmer gar nicht die Rente erreichen, die ihnen durch den Eckrentner vorgegaukelt wird”

Die Zahlen spiegeln auch das unsoziale Rentensystem wider. Familienplanung und Kinderziehung werden innerhalb des staatlichen Rentenversicherungssystems nur unzureichend berücksichtigt. Es sorgt natürlich auch dafür, dass den viel beschworenen “demographischen Wandel” erheblich Vorschub geleistet wird. Auch sonst ist es weit von der Lebenswirklichkeit entfernt.

“Kommt jede Anhebung des Eintrittsalters einer Kürzung des Rentenniveaus gleich”

>>Staat im Ausverkauf von Tim Engartner (Buch) <<

“Laut dem 2012 veröffentlichten Rentenreport des DGB NRW gehen nur 22 Prozent der Arbeitnehmer im vorgesehenen Alter in Rente. Somit kommt jede Anhebung des Eintrittsalters einer Kürzung des Rentenniveaus gleich, weil 78 Prozent, die früher in Rente gehen müssen, Abschläge zu verkraften haben. … Begleitet wurde die Reform der gesetzlichen Rentenversicherungssysteme durch die sogenannte Entgeltumwandlung von Gehaltsanteilen, sodass nun Teile des Gehalts in eine betriebliche Altersvorsorge oder Direktversicherung fließen können. Damit profitieren die Gutverdienenden zu Lasten der Geringverdiener, weil das dann niedrigere Durchschnittsentgelt das allgemeine gesetzliche Rentenniveau senkt.”

“Abschläge zu verkraften haben” – “Weil 78 Prozent, die früher in Rente gehen müssen”

Die Erhöhung des Renteneintrittsalters führt somit zu einer Reduzierung des Rentenniveaus. Gleichzeitig verdeutlicht dies, wie beliebig die Rentenformel geändert werden kann.

“Seit 2004 der Nachhaltigkeitsfaktor in die gesetzliche Rente eingeführt wurde”

>>Die Pensionslüge von Christoph Birnbaum (Buch) <<

“Seit 2004 der Nachhaltigkeitsfaktor in die gesetzliche Rente eingeführt wurde, berücksichtigt die Rentenformel das Verhältnis von Zahlern und Empfängern bei der Berechnung der Rentenhöhe. Nicht die um zwei Jahre verlängerte Arbeitszeit, die »Rente mit 67«, sondern diese Maßnahme stellt die eigentliche Rentenkürzung dar, die in einer alternden Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten absehbare schrittweise Reduzierung der gesetzlichen Rente.”

“Schrittweise Reduzierung der gesetzlichen Rente”

Im Gegensatz zu Rentnern gelten für bestimmte Beamte spezielle Altersgrenzen. Polizisten, Justizbeamte, Feuerwehrleute und einige andere Berufsgruppen treten aufgrund hoher beruflicher Anforderungen teilweise bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand ein, also fünf Jahre früher als Arbeitnehmer. Beamte in der Flugsicherung und Flugkontrolle beenden ihre Berufstätigkeit sogar schon mit 55 Jahren. Ein Beamter, der mit 30 Jahren Fluglotse wird, geht nach 25 Jahren in den Ruhestand.

„Beamte bei der Flugsicherung und Flugkontrolle beenden ihr Berufsleben gar schon mit 55 Jahren“

>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<

„Für einige Beamte gibt es besondere Altersgrenzen. Polizisten, Justizbeamte, Feuerwehrleute und einige andere gehen wegen besonders hoher beruflicher Anforderungen teilweise schon mit 60 Jahren in den Ruhestand, also glatte fünf Jahre früher als Arbeitnehmer. Beamte bei der Flugsicherung und Flugkontrolle beenden ihr Berufsleben gar schon mit 55 Jahren. Wer mit 30 Jahren beamteter Fluglotse wird, dessen Arbeitsleben dauert ganze 25 Jahre.  … Die körperliche Belastung kann keine Begründung dafür sein. Irgendwelche Belege dafür, dass Polizisten oder Justizbeamte körperlich stärker belastet sind als etwa Handwerker oder Landwirte, gibt es nicht.“

„Wer mit 30 Jahren beamteter Fluglotse wird, dessen Arbeitsleben dauert ganze 25 Jahre“

Die physische Anstrengung allein rechtfertigt dies nicht. Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass Polizisten oder Justizbeamte körperlich stärker belastet sind als beispielsweise Handwerker oder Landwirte. Dies verdeutlicht die soziale Ungleichbehandlung.