Anfänge der internationalen Bewegung gegen den Drogenhandel

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Im Verlauf der 1870er Jahre entstand eine internationale Bewegung zur Unterbindung des Drogenhandels, initiiert vor allem von protestantischen Kirchen in England und den Vereinigten Staaten. Diese Organisationen orientierten sich an ihrem früheren Engagement gegen die Sklaverei und wandten sich nun gegen den Opiumhandel. Mit großzügiger Unterstützung britischer Quäker wurde 1874 die Anglo-Oriental Society for the Suppression of the Opium Trade ins Leben gerufen, die bald auf die Unterstützung eines katholischen Kardinals sowie des Erzbischofs von Canterbury zählen konnte. Nach rund drei Jahrzehnten intensiver Bemühungen erreichte diese Bewegung im Jahr 1906 einen bedeutenden Meilenstein, als das britische Parlament einem Antrag zustimmte, der eine Beendigung des Opiumhandels aus Indien vorsah. Im Rahmen eines Abkommens zwischen Großbritannien und China reduzierte Großbritannien 1907 seine Opiumlieferungen nach China. Gleichzeitig versuchte China, sowohl in den Küstenstädten den Opiumkonsum als auch in den Provinzen den Anbau zu unterbinden, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.

Globale Strategien gegen den Drogenhandel: USA nehmen eine Vorreiterrolle ein

Während Großbritannien auf bilateraler Ebene mit China verhandelte, verfolgten die USA eine globale Strategie zur Bekämpfung des Drogenhandels. Nachdem sie 1898 die Philippinen von Spanien übernommen hatten, stellten die Vereinigten Staaten fest, dass sie nicht nur ein Archipel von etwa 7.000 Inseln mit rund sechs Millionen Einwohnern erworben hatten, sondern auch ein staatliches Opiummonopol, das im Jahr 1902 etwa 130 Tonnen Opium über 190 Opiumhöhlen an Tausende Auslands-Chinesen verkaufte. Im Jahr 1903 ernannte das Kolonialregime den episkopalen Missionar Charles Brent zum Vorsitzenden einer Kommission, die den vollständigen Verzicht auf Opium empfahl. Fünf Jahre später verbot die US-Regierung den Opiumkonsum auf den Philippinen vollständig, was den Beginn eines langanhaltenden Engagements der USA gegen den Drogenhandel markierte.

Internationale Konferenzen und erste Maßnahmen gegen den Opiumhandel

Als Schmuggler aus China das philippinische Verbot zu untergraben drohten, wandte sich Bischof Brent in einem Schreiben an Präsident Theodore Roosevelt und plädierte für eine internationale Konferenz zur Bekämpfung des Drogenhandels. Unter Brents Vorsitz trafen sich Vertreter aus 13 Ländern für einen Monat in Shanghai. Die Konferenz verabschiedete einstimmige, jedoch nicht bindende Resolutionen, die die kolonialen Interessen der Teilnehmer schützten. Dabei wurde eine schrittweise Reduktion des Opiumhandels befürwortet – einer Substanz, mit der viele Teilnehmer im Handel standen –, während gleichzeitig drastische Maßnahmen gegen die als besonders gefährlich eingestufte Droge Morphium gefordert wurden, die von diesen Ländern jedoch nicht gehandelt wurde. Dieses Vorgehen spiegelte die ersten von zahlreichen Widersprüchen wider, die das spätere Prohibitionsregime kennzeichnen sollten. Zeitgleich setzte sich der amerikanische Delegierte Hamilton Wright, ein Mediziner mit stark moralischem Engagement, erfolgreich im US-Kongress für die Verabschiedung des Smoking Opium Exclusion Act ein, der im Jahr 1909 den Import von Rauchopium untersagte.

Internationale Abkommen und nationale Gesetzgebung

Bereits zwei Jahre nach der ersten großen Konferenz organisierten die Vereinigten Staaten eine zweite internationale Zusammenkunft in Den Haag. Auch dieses Treffen stand unter der Leitung von Bischof Brent und führte 1912 zur Unterzeichnung eines internationalen Abkommens, das den Gebrauch von Opium außerhalb medizinischer Zwecke untersagte. Die USA, als wichtige Unterzeichnernation, verabschiedeten daraufhin im Jahr 1914 den Harrison Narcotics Act, ein Gesetz, das den Verkauf und Gebrauch von Betäubungsmitteln nur noch auf Rezept erlaubte. Während viele medizinische Einrichtungen dieses Gesetz verantwortungsvoll umsetzten, missachteten einige Ärzte die vorgeschriebenen Regelungen und stellten weiterhin Rezepte in großem Umfang aus. Ein bekannter Fall aus New York zeigt, dass ein einzelner Arzt innerhalb eines Monats über 4,5 Kilogramm Heroin, mehr als 3 Kilogramm Morphium und rund 2 Kilogramm Kokain verschrieb. Die US-Steuerbehörde reagierte mit Klagen gegen diese sogenannten „Drogenärzte“ wegen Verstößen gegen das Harrison-Gesetz. Zwischen 1919 und 1922 bestätigte der Oberste Gerichtshof der USA mehrfach eine strenge Auslegung des Gesetzes, wodurch die ursprüngliche Regulierung de facto einem Verbot gleichkam.

Die Prohibition und die Gründung der ersten bundesstaatlichen Drogenbehörde

Mit dem Alkoholverbot, das 1919 durch den Volstead Act eingeführt wurde, richtete das US-Finanzministerium eine spezielle Prohibitionsabteilung ein, die auch eine eigene Sektion für Drogendelikte umfasste, um die Durchsetzung des Harrison Acts zu gewährleisten. Durch diese legislativen, gerichtlichen und administrativen Maßnahmen gegen missbräuchliche Ärzte und die daraufhin entstandenen kriminellen Händler entstand bis 1923 die Narcotic Division, die erste bundesstaatliche Drogenbehörde der USA.

Internationale Abkommen und die globale Kontrolle von Betäubungsmitteln

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs lud der neugegründete Völkerbund 1925 zu einer Konferenz in Genf ein, bei der ein weiteres internationales Opiumabkommen ausgehandelt wurde. Dieses Abkommen führte erstmals ein System zur Registrierung legaler Lieferungen von Betäubungsmitteln ein. Sechs Jahre später, im Jahr 1931, ersetzte ein Abkommen des Völkerbundes zur Begrenzung der Herstellung narkotischer Substanzen die freiwillige nationale Registrierung durch ein verpflichtendes Herstellungsverbot für nichtmedizinische Betäubungsmittel. Unter der Führung des Völkerbundes wandelte sich die Drogenkontrolle damit von nationaler Freiwilligkeit hin zu international verbindlichen Kontrollen des Verkaufs und der Produktion von Narkotika.

Reduktion der Opiumproduktion und die Entstehung illegaler Netzwerke

Obwohl die südostasiatischen Länder ihre staatlichen Opiummonopole beibehielten, ergriffen sie Maßnahmen, die den Opiumverkauf innerhalb von 15 Jahren um etwa 65 Prozent reduzierten. Ein Beispiel dafür ist Niederländisch-Indien, das seinen Opiumabsatz von 127 Tonnen auf nur 15 Tonnen senkte. Die multilateralen Kontrollbemühungen führten dazu, dass der jahrhundertelange Anstieg des Drogenkonsums gestoppt und die globale Opiumproduktion von etwa 41.600 Tonnen im Jahr 1907 auf geschätzte 16.000 Tonnen im Jahr 1934 zurückging. Ähnlich sank die legale Heroinproduktion von 8.900 Kilogramm im Jahr 1926 auf nur noch 980 Kilogramm im Jahr 1931.

Folgen der Prohibition: Kriminalisierung und Schattenwirtschaft

Trotz oder gerade wegen dieser Erfolge trieben die hohen Gewinne im Opiathandel die Entstehung krimineller Syndikate voran. Diese Marktentwicklung schränkte die Effektivität staatlicher Kontrollen ein. Die Prohibition führte somit nicht zur Ausrottung des Drogenmissbrauchs, sondern verlegte ihn in den Bereich einer illegalen Wirtschaft, die schließlich von Drogenbaronen in abgelegenen Gebirgsregionen der sogenannten Dritten Welt sowie von organisierten Verbrechersyndikaten in Städten der Ersten Welt beherrscht wurde.

Die Entwicklung illegaler Drogenzentren und Schmuggelrouten

Von Anfang an führte jeder staatliche Eingriff auf diese Weise zu einer ebenso starken kriminellen Gegenbewegung. Nach dem Verbot von Opium durch den Völkerbund im Jahr 1925 entwickelte sich Schanghai zu einem bedeutenden Zentrum des illegalen Heroinschmuggels und versorgte einen erheblichen Teil des New Yorker Marktes. Als der Völkerbund 1931 die Heroinproduktion in Europa einschränkte, stellte der Attaché des US-Finanzministeriums in Schanghai nur drei Jahre später eine „plötzliche Verlagerung des Narkotikahandels von Europa in den Orient“ fest. Ähnlich reduzierten die Maßnahmen des Völkerbundes zwar den legalen Opiumverkauf in Südostasien, konnten jedoch die Schmuggelkarawanen aus den chinesischen Opiumbergen, die nun in Bangkok und Saigon die unbefriedigte Nachfrage nach preiswertem Opium befriedigten, nicht stoppen.

Auswirkungen auf die Suchtentwicklung in den USA

Der starke Rückgang der legalen Drogenverkäufe führte nicht zum Ende der Massensucht in den USA. Da die Abhängigen ihre gewohnte Droge nicht mehr bei Apothekern oder Ärzten beziehen konnten, wandten sie sich an illegale Straßenhändler. Zwar sorgte die Prohibition dafür, dass weiße Frauen aus der Mittelschicht vom Markt verschwanden, doch weiße Männer aus der Arbeiterklasse füllten diese Lücke, sodass die USA um 1925 etwa 200.000 Drogensüchtige zählten. Mit der Verdrängung des riesigen Alkohol- und Drogenhandels in den Untergrund wuchs das organisierte Verbrechen von lokalen Banden zu landesweiten Syndikaten heran, die in Städten wie New York und Chicago politischen Einfluss gewannen.

Langfristige Folgen der Drogenprohibition

Obwohl das Alkoholverbot nur 13 Jahre bis zu seiner Aufhebung 1933 andauerte, blieb das Betäubungsmittelverbot dauerhaft bestehen, machte Heroin zu einer stetigen Einnahmequelle für das organisierte Verbrechen und schuf die Grundlage für eine enorme illegale Wirtschaft, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg voll entfalten konnte. Die Prohibition veränderte hingegen nicht die wirtschaftliche Abhängigkeit der Opiumbauern in Asiens Hochlandregionen und den Anden vom globalen Drogenhandel. In abgelegenen, schwer zugänglichen Gegenden mit teuren Transportwegen und schlechten Straßen blieben natürliche Drogen – aufgrund ihres geringen Gewichts und sicherer Absatzmärkte – das geeignetste landwirtschaftliche Produkt zur Einkommensgenerierung. Dort waren es oft Rebellenführer, Kriegsherren oder Drogenbarone, die den Opiumanbau kontrollierten und als angesehene Stammeshäupter über Waffen und Armeen verfügten, um ihren Handel zu schützen.

Globale Verbreitung und Kontrolle des Drogenhandels

Nach Anbau und Verarbeitung gelangten die Drogen über Hafenstädte in internationale Verbrechernetzwerke, wobei lokale Gangster diesen lukrativen Handel dominierten. Tatsächlich entstanden in den großen Hafenstädten und Verkehrsknotenpunkten der Welt – wie New York, Chicago, Marseille, Schanghai, Hongkong, Saigon und Sydney – die Verbrechersyndikate der 1920er Jahre. Da Freihafenökonomien stark von den schwankenden Zyklen des Welthandels abhängig sind, entwickelten sich dort florierende illegale Sektoren, deren mächtige Unternehmer die Beschäftigung der Unterschicht in Bereichen wie Prostitution, Glücksspiel, Schutzgelderpressung und organisiertem Diebstahl kontrollierten.

Der Wandel im weltweiten Drogenhandel seit den 1920er Jahren

Die Ereignisse der 1920er Jahre markieren somit einen tiefgreifenden Wandel im weltweiten Drogenhandel. Über zwei Jahrhunderte hinweg wurde Opium legal gehandelt – ein globaler Handel, der die Hochlandmohnbauern Asiens mit städtischen Konsumenten verband, zuerst innerhalb Asiens und später auch nach Europa und Amerika. Das seit den 1920er Jahren eingeführte Prohibitionsregime trieb das Drogengeschäft vom legalen Bereich in den illegalen Sektor, wo es eigenen politischen Regeln unterworfen war und eine schwer kontrollierbare Schattenwirtschaft entstehen konnte. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg förderte die Drogenprohibition eine globale illegale Ökonomie, welche Kriminelle, Kriegsherren, Rebellen, Terroristen sowie verdeckte staatliche Operationen finanzierte. Weil die internationale Gemeinschaft den besonderen Charakter dieser Waren nicht erkannte, hielt sie unbeirrt an ineffizienten und letztlich kontraproduktiven politischen Maßnahmen fest, mit denen sie versuchte, jeglichen illegalen Drogenkonsum zu verhindern – ein Unterfangen, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.