Anzeigebereitschaft von Kriminalitätsopfern: “Sie sich von der Strafverfolgung keinen Nutzen versprechen”

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Lausitzer Kriminalität – In der gegenwärtigen Kriminalitätswelt fällt nicht nur eine abnehmende Bereitschaft auf, Straftaten staatlichen Stellen zu melden, sondern auch eine Verschiebung der Rollen von Täter und Opfer. Die Verursacher bleiben unerkannt, während die Geschädigten plötzlich selbst beschuldigt werden. Es gibt durchaus legitime Gründe, nicht jede Straftat den Behörden zu melden, was sich in amtlichen Statistiken widerspiegelt.

“Selbst bei schwersten Delikten wie Einbruchdiebstahl wird nur jede zweite Straftat angezeigt”

>>IHK Berlin<<

“Wird das Anzeigeverhalten der häufigsten Delikte (Einbruchdiebstahl, Diebstahl, Sachbeschädigung und Betrug) analysiert, so fällt auf, dass – bis auf Einbruchdiebstahl – weit weniger als 50 % aller Straftaten angezeigt werden. … Selbst bei schwersten Delikten wie Einbruchdiebstahl wird nur jede zweite Straftat angezeigt, bei Vandalismus und Diebstahl sind es nur 30 % der Delikte, die angezeigt werden. Die Anzeigebereitschaft bei Hackerangriffen liegt immer noch weit unter 10 %.”

“Anzeigebereitschaft bei Hackerangriffen liegt immer noch weit unter 10 %”

Die genaue Höhe des Schadens für die Wirtschaft in der Lausitz kann nicht präzise beziffert werden. Allenfalls können grobe Schätzungen vorgenommen werden, die mehr oder weniger genau sind.

“Wie groß ist der Schaden den Kriminelle der Lausitzer Wirtschaft zufügen?”

>>Lausitzer Rundschau<<

„Wie groß ist der Schaden, den Kriminelle der Lausitzer Wirtschaft zufügen? Offenbar größer als bekannt. Nur jede zweite Straftat wird gemeldet.“

“Nur jede zweite Straftat wird gemeldet” 

Die Schwierigkeiten der amtlichen Polizeilichen Kriminalstatistik beginnen bereits bei der gemeldeten – oder eben nicht gemeldeten – Anzeige bei der Polizei. Denn nur ein kleiner Teil aller Straftaten wird überhaupt der Polizei bekannt gemacht. Zudem nimmt das Anzeigeverhalten eher ab.

“Viele Opfer scheuen aber davor zurück, eine an ihnen begangene Straftat zu melden”

>>Professor Thomas Bliesener<<

“Zum Problem wird es, wenn man die PKS als Abbild der tatsächlichen Kriminalität betrachtet. Die PKS bildet nur das ab, was der Polizei bekannt wird. Und bekannt wird ihr das in der Regel, indem ein Opfer die Straftat zur Anzeige bringt. Viele Opfer scheuen aber davor zurück, eine an ihnen begangene Straftat zu melden, möglicherweise, weil sie sich schämen. Im Bereich der Sexualstraftaten ist das häufig ein Motiv. Es kann aber auch sein, dass sie sich von der Strafverfolgung keinen Nutzen versprechen. … Die PKS ist eine “Erledigungsstatistik”, ein Beleg sozusagen für die Arbeit der Polizei. In gewisser Weise hat die Polizei immer ein Interesse daran, dass sie Straftaten registrieren kann, weil sie dadurch ihre eigene Existenz rechtfertigt. Und natürlich ist es für sie von Vorteil, wenn in bestimmten Bereichen die Häufigkeit oder die Zahl steigt, weil man damit politische Forderungen wie Ausstattung, Mittelzuwendung et cetera durchsetzen kann.”

Anzeigebereitschaft von Kriminalitätsopfern: “Sie sich von der Strafverfolgung keinen Nutzen versprechen”

Genau an dieser Stelle wird ein Interessenkonflikt sichtbar. Das Interesse der Polizei besteht nun mal häufig darin, einfach nur “schöne Zahlen” zu präsentieren. Die Verfolgung von kriminellen Hackern, Autodieben oder Einbrecherbanden bringt meist keine nennenswerten Erfolge. Diese Gruppen sind oft gut organisiert und international tätig. Daher müssen Erfolge auf alternative Weise erreicht werden.

“Hinweise auf einen kleinen Versicherungsbetrug, oder wurde vielleicht bei den Angaben zur Vermögenssteuer etwas unterschlagen?”

>>Inside Steuerfahndung von Frank Wehrheim & Michael Gösele (Buch) <<

“Den Spürsinn, den man für den Fahndungsjob offensichtlich braucht, entwickelte ich schon verhältnismäßig früh. Im Grunde musste man als Fahnder über ein gehöriges Maß an krimineller Fantasie verfügen – und die hatte ich wohl. … So zum Beispiel: »Bei einem Einbruch in der Nacht von Sonntag auf Montag konnten Diebe in einem Wohnhaus Kunst- und Wertgegenstände in Höhe von 800 000 Mark erbeuten. Die Polizei erbittet Hinweise unter der Nummer …« Ein kurzer Anruf bei der jeweils zuständigen Polizeidienststelle genügte und man hatte an einem ruhigen Nachmittag rasch alles zusammen, was zu einem neuen Fall gereichte. Die Hausbesitzer – das waren Erfahrungswerte – gaben bei Einbrüchen den entstandenen Schaden naturgemäß stets im vollen Umfang an. Dies war allein wegen der jeweiligen Versicherungen unerlässlich, schließlich wollten die Geschädigten ihren Verlust auch wieder ersetzt bekommen. Was die Einbruchsopfer jedoch häufig nicht wissen konnten: In den Finanzämtern saßen mitunter junge, ambitionierte Finanzbeamte, die mithilfe der Steuerakten den für die Vermögenssteuer erklärten Besitz mit dem angeblich erbeuteten Diebesgut abglichen – und dabei nicht selten auf erhebliche Diskrepanzen stießen. Stimmten die versteuerten Vermögenswerte so gar nicht mit der Diebesbeute überein, stellten sich immer zwei Fragen: Gab es in diesen Fällen Hinweise auf einen kleinen Versicherungsbetrug, oder wurde vielleicht bei den Angaben zur Vermögenssteuer etwas unterschlagen? Nicht selten kamen am Ende von Ermittlungen beide Vorwürfe zum Tragen.”

“Hausbesitzer – das waren Erfahrungswerte – gaben bei Einbrüchen den entstandenen Schaden naturgemäß stets im vollen Umfang an”

Ein Opfer einer Straftat kann, wenn es diese bei der Polizei meldet, unversehens selbst ins Visier der Justiz geraten und muss sich am Ende gegen die Vorwürfe verteidigen – auch wenn sie nur konstruiert seien. Es ist wichtig zu bedenken, dass die Ermittlungsbehörden solche Anzeigen manchmal nutzen, um nach weiteren möglichen Straftaten zu suchen. Es könnte also eine Art von “informeller Hausdurchsuchung” betrachtet werden. Sogar bei Vernehmungen auf dem Polizeirevier sollte man äußerste Vorsicht walten lassen.

“Gefahr, dass der Beschuldigte unter der Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden Taten gesteht, die er gar nicht begangen hat”

>>Das Lexikon der Justizirrtümer von Patrick Burow (Buch) <<

“Zur Erzielung von Geständnissen darf weder Folter noch Drohung oder Täuschung angewandt werden. Dies gebietet die Achtung der Menschenwürde sowie die Rechtsstaatlichkeit. Ein Geständnis hat nur vollen Beweiswert, wenn es ohne Androhung oder gar Anwendung physischer oder seelischer Gewalt zustande gekommen ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Beschuldigte unter der Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden Taten gesteht, die er gar nicht begangen hat. Die Inquisitionsverfahren im Mittelalter haben bewiesen, dass durch Folter jedes gewünschte Ergebnis erreicht werden kann. Obwohl diese dunklen Zeiten lange vorbei sind, gibt es auch heute noch Fälle, in denen Geständnisse aufgrund von Ermüdung, Täuschung oder Folter erzwungen wurden. Und der Fall des Kindermörders Markus Gäfgen zeigte, dass es auch heute in Deutschland noch Polizeipräsidenten gibt, die die Androhung von Folter als legitimes Mittel der Wahrheitsfindung ansehen.”

“Auch heute noch Fälle, in denen Geständnisse aufgrund von Ermüdung, Täuschung oder Folter erzwungen wurden”

Es sollte niemand erwarten, dass Opfer einer Straftat einen besonderen Status erhalten – unabhängig von der Schwere des Verbrechens. Im Falle einer Festnahme des Täters spielen die Opfer in der Realität der Strafverfolgung eher eine passive Rolle als Statisten oder Zeugen, fast so, als wären sie nicht betroffen.

“Ein Großteil der Strafverfahren erst durch private Anzeigen in Gang gesetzt”

>>Die Rechte des Verletzten im Strafprozess von Klaus Schroth (Buch) <<

“Im Rahmen der Opferforschung wurde man sich darüber bewusst, dass das Ziel des Strafprozesses, für Rechtsfrieden zu sorgen, effektiv nur erreicht werden könne, wenn neben einer Ahndung der Störung der Friedensordnung durch die Straftat auch eine Sühne der Beeinträchtigung des Einzelnen erfolge. Denn Sühne als Ziel von Strafrecht und Strafprozess könne nur unter Berücksichtigung beider Aspekte vollständig erreicht werden. Daneben hoben Vertreter der viktimologischen Forschung hervor, dass die wenigsten Opfer ein Mitverschulden an der Tat treffe und ein erheblicher Teil daher hilfs- und schutzbedürftig sei. Außerdem habe sich der Opferzeuge als wichtigste Instanz strafrechtlicher Sozialkontrolle herausgestellt, da ein Großteil der Strafverfahren erst durch private Anzeigen in Gang gesetzt würde und somit die Leistungsfähigkeit der staatlichen Strafverfolgung maßgeblich vom Anzeigeverhalten der Bevölkerung abhänge. Dieses werde dadurch gefördert, dass man dem Opfer eine angemessene Stellung im Strafverfahren einräume. Diese Stellung müsse vornehmlich darauf gegründet sein, dass man das Opfer, genau wie den Beschuldigten auch, als Subjekt und aufgrund seiner Zeugenrolle nicht nur als Objekt eines Verfahrens anerkenne.”

Warum Opfer von Straftaten meist finanziell leer ausgehen?

Auch wenn der Täter strafrechtlich verurteilt wird, muss das Opfer oft zusätzlich zivilrechtlich gegen ihn vorgehen, um überhaupt eine finanzielle Entschädigung zu erhalten. Allerdings hat der Staat ein Vorrecht auf das Vermögen des Täters, wodurch das Opfer oft leer ausgeht. Bisher ist keine angemessene Entschädigung für Opfer von Straftaten erkennbar. Es kann also gute Gründe geben, keine Taten bei der Polizei anzuzeigen.