Wie lange wird der “Krieg gegen Drogen” schon geführt?
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Im Jahr 1972 verkündete der US-Präsident Richard Nixon den „War on Drugs“, jedoch reicht die Geschichte der Drogenproblematik weit in die Vergangenheit zurück. Unter Nixon handelte es sich um ein umfassendes Programm, das die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Drogen und der damit verbundenen Kriminalität – wie etwa Geldwäsche – intensivierte. In den 1960er- und 1970er-Jahren war der Konsum von Marihuana, LSD, Heroin und Kokain Teil einer Jugendkultur geworden, die sich gegen die gesellschaftlichen Normen dieser Ära stellte. Nach dem Vietnamkrieg hatten Politiker wie Nixon Bedenken hinsichtlich des Fortbestands eines starken Amerikas und der Gefährdung moralischer Werte. In den Drogenkonsumenten und Drogenkriminellen sahen Nixon und seine Berater einen Feind, den sie für bekämpfbar hielten.
Bereits im Jahr 1970 wurde der Controlled Substances Act als Gesetz verabschiedet. Dieses Gesetz regelt bis heute in den USA die Produktion, Einfuhr, den Besitz, den Konsum und die Verbreitung von Drogen. Die Substanzen werden nach ihrem Gefährdungspotenzial (Risiko einer Abhängigkeit, Gesundheitsgefahren, Nebenwirkungen sowie mögliche medizinische Verwendung) eingeteilt, und es werden Vorschriften für den Umgang, Export, Import und die Herstellung festgelegt. Kommen neue Substanzen auf den Markt, werden sie in den Laboren des Gesundheitsministeriums analysiert und ebenfalls klassifiziert. Schon lange vor 1970 hatten die Vereinigten Staaten Gesetze erlassen, um die Bevölkerung vor gefährlichen Substanzen zu schützen. Am bekanntesten ist das zwischen 1920 und 1933 geltende Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke, auch als „Prohibition“ bekannt. Gegen den Willen von Präsident Woodrow Wilson verabschiedete der Kongress am 28. Oktober 1919 den National Prohibition Act. Die Argumente der Prohibitionsbefürworter waren vielschichtig. Religiöse Gruppen – unter ihnen die Woman’s Christian Temperance Society – warnten vor einem moralischen Verfall, den sie durch Alkoholkonsum heraufbeschworen sahen. Für andere waren ökonomische Aspekte entscheidend: Nach dem Ersten Weltkrieg sollten alle verfügbaren Ressourcen zur Nahrungsmittelproduktion und zur Stärkung der Wirtschaft verwendet werden und nicht für die vermeintlich überflüssige Herstellung alkoholischer Getränke für das persönliche Vergnügen. Eine dritte Gruppe nannte den Schutz der Gesundheit der amerikanischen Bevölkerung als Grund für die Prohibition.
Bereits 1875 wurde Opium in den USA erstmals per Gesetz verboten; in San Francisco wurde das Rauchen dieser Droge untersagt. Im 19. Jahrhundert hatte sich eine große Zahl chinesischer Migranten in Kalifornien niedergelassen, wodurch das Opiumrauchen in den Vereinigten Staaten bekannt wurde. Im Jahr 1909 verabschiedete der Kongress den Opium Exclusion Act, der das Rauchen und den Import von Opium landesweit verbot. Als Begründung für dieses Verbot wurden der Gesundheitsschutz sowie die Bekämpfung von Kriminalität angeführt, die angeblich mit dem Opiumkonsum verbunden war. Da vor allem in den USA lebende Chinesen Opium rauchten und die dafür benötigte Substanz importierten, war diese Bevölkerungsgruppe am stärksten betroffen von einem solchen Verbot. Der medizinische Gebrauch von Opium – damals in vielen Haushalten üblich – blieb unter dem Opium Exclusion Act für weitere fünf Jahre legal.
Im Jahr 1914 beschloss der Kongress in Washington den Harrison Narcotics Tax Act, welcher die Herstellung, Einfuhr und Verbreitung aller Opiate sowie Coca-Produkte regelte. Dies führte zu einer restriktiveren Drogenpolitik; einige Jahre zuvor war es beispielsweise noch möglich gewesen, Kokain problemlos per Versandhandel zu beziehen; nun durften nur noch Ärzte es in Einzelfällen verschreiben. Über die genauen Beweggründe für eine Verschärfung der Drogenpolitik kann lediglich spekuliert werden. In den Jahren nach 1890 erlangten staatliche Verwaltungsorgane in den USA allgemein an Einfluss und begannen zunehmend regulierend in das Alltagsleben der Bürger einzugreifen. Dies betraf nicht nur den Umgang mit Drogen, sondern auch Steuererhebungen. Der Wunsch nach Kontrolle über Importe von Opium und Coca-Produkten könnte einer der Gründe für die Einführung des Opium Exclusion Acts gewesen sein; zudem wurde mehr über die gesundheitsschädlichen Auswirkungen dieser Drogen bekannt.
Auch in China waren die Wirkungen von Opiaten bekannt, obwohl alles ursprünglich mit harmlosen Tees begann. Tee mussten Europäer aus Kanton beziehen, welches seit 1685 für den europäischen Handel geöffnet war und als einziger Hafen in China diente. Ab 1760 wickelte eine Handelsorganisation des Kaisers sämtliche Geschäfte mit europäischen Handelsgesellschaften ab. Dabei stieg der Bedarf an Tee sowie Porzellan erheblich: Zwischen 1719/25 und 1792/98 erhöhte sich die Menge von 770 auf 11.052 Tonnen! Davon exportierten die Engländer allein 9.000 Tonnen. Während andere Mächte ihre Rechnungen hauptsächlich mit Silber aus Amerika beglichen – dessen Preis im 18. Jahrhundert zunehmend fiel – konnten die Engländer ab Ende des 18. Jahrhunderts mit dem sehr gefragten Opium aus Nordindien sowie Baumwolle zahlen. In China waren sich die Behörden über die schädlichen Auswirkungen des Opiums bewusst; dies spiegelt sich in den Erinnerungen von Li Hung-tschang wider:
„Ich weiß, dass durch dies nach Geldhaschen und die kaufmännische Aufdringlichkeit Englands gegen China Millionen unglücklicher Chinesen noch tiefer erniedrigt wurden; kräftige Männer und Frauen wurden arme Landstreicher und tiefgesunkene Verbrecher, und Hunderttausende der Schwächeren meiner Rasse – besonders unter den Frauen – sind zum Selbstmord geführt worden. Und das alles, damit Indien gedeihen möge. Und das alles, damit der britische Handel in chinesischen Häfen blüht. Alles dies, weil Gold und Land in den Augen der britischen Regierung mehr wert sind als die menschlichen Körper eines schwachen Volkes.“ (Memoiren des chinesischen Vizekönigs Li Hung-tschang)
Als China demonstrativ ein britisches Opiumdepot zerstören ließ, führte dies zum Ersten Opiumkrieg im Jahr 1839, dessen Folge ein verlorener Krieg und die gewaltsame Öffnung des Landes war. Es mussten neue Freihandelshäfen eingerichtet werden, der Opiumhandel sollte vollständig legalisiert werden und Europäern im Reich der Mitte Bewegungsfreiheit eingeräumt werden.