Strukturwandel, Energiepreise & die Pleite von Waggonbau Niesky: Wäre das Ende vom Kohleausstieg problemlos möglich?

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Welche Rolle hat die Deutsche Bahn bei der Insolvenz von Waggonbau Niesky gespielt? Die Nachricht von der Insolvenz des traditionsreichen Waggonbauunternehmens Niesky hat viele Menschen in der Region tief getroffen. Doch die Ursachen für das Scheitern des Unternehmens sind jedoch weitaus komplexer. Dazu lohnt sich zunächst ein kurzer Blick nach Cottbus.

„Im Bahnwerk Cottbus 1.200 weitere Arbeitsplätze entstehen“ – Leider nur die halbe Wahrheit

>>Staatsfunk „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ <<

„Cottbus bekommt damit nach Angaben der Bahn „das modernste und umweltfreundlichste Bahninstandhaltungswerk in Europa“ … Das Werk sei das erste große Vorhaben, das auf Basis des Strukturstärkungsgesetzes des Bundes finanziert würde.“

Geschichte des Instandsetzungswerks der Bahn in Cottbus reicht bis zum Jahr 1874 zurück

Kritische Untertöne oder eine kritische Frage sind natürlich im Beitrag nicht zu finden: Doch dabei wäre genau diese mehr als angebracht. Denn das Bahnbetriebswerk hat schon lange vor der Wiedervereinigung existiert und keineswegs alle DDR-Betriebe kamen als maroder Sanierungsfall daher. Tatsächlich reicht die Geschichte des Instandsetzungswerks der Bahn in Cottbus bis zum Jahr 1874 zurück. Erst – nach der Wiedereinigung – gingen die Investitionen ins Werk massiv zurück. Offensichtlich nur durch die bereitgestellten Fördergelder hat der Zug nun eine andere Richtung einschlagen.

„Ist die Zahl der Jobs im Cottbuser Werk auf 500 gesunken“

>>Stadt Cotttbus<<

„So verfüge das Instandsetzungswerk der Bahn in Cottbus über ausreichend Kapazitäten. Dennoch müssen Fachkräfte aus Cottbus an andere Standorte pendeln, an die die Fertigung verlagert worden ist. Dadurch ist die Zahl der Jobs im Cottbuser Werk auf 500 gesunken. … „Der einstige strukturprägende Bahnstandort Cottbus wurde im Zuge der politischen Wende einem ständigen Rationalisierungsprozess unterzogen. Allein im Werk Cottbus der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH sind von ehemals 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch etwa 500 tätig.“

„Von ehemals 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch etwa 500 tätig“

Um es kurz zu machen: Solche Jubelmeldungen rund um das vermeintliche Gelingen des Strukturwandels sind häufig zu hören. Man sollte allerdings stets im Hinterkopf behalten: Die Deutsche Bahn ist ein reines Staatsunternehmen und demnach dürfte die Entscheidung rund um das Instandsetzungswerk von politischer Natur sein. – Wie auch immer. Auf alle Fälle wird die Insolvenz von Waggonbau Niesky keinesfalls im Zusammenhang des Strukturwandels gebracht. Obwohl die steigenden Energiepreise für sich selbst sprechen.

“Die Stahlindustrie in Deutschland ist massiv von den explodierenden Energiepreisen betroffen”

>>Wirtschaftsvereinigung Stahl<<

“Die Stahlindustrie in Deutschland ist massiv von den explodierenden Energiepreisen betroffen. … Das stahl-online.de-Dossier umfasst Daten und Fakten zur Energiesituation im Stahlbereich und Vorschläge der Stahlindustrie in Deutschland zur Bewältigung der Energiekrise. Maßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise – Um eine einschneidende Deindustrialisierung in unserem Land zu verhindern, muss durch geeignete politische Maßnahmen schnell und entschieden gegengesteuert werden … “

“Um eine einschneidende Deindustrialisierung in unserem Land zu verhindern”

Auch die Stahlindustrie leidet – wie allgemein die energieintensive Industrie – unter den explodierenden Energiepreisen und droht ebenfalls mit Insolvenz oder Abwanderung. Es ist bedauerlich, dass ein Unternehmen wie Waggonbau Niesky, das seit über 150 Jahren Waggons für den Güter- und Personenverkehr produziert hat, nun insolvent gehen musste.

“Dass künftig die Deutsche Bahn im slowakischen Poprad ihre Waggons bauen lassen wird”

>>Staatsfunk „Mitteldeutsche Rundfunk“ <<

“Dass künftig die Deutsche Bahn im slowakischen Poprad ihre Waggons bauen lassen wird, ist für … ein trauriges Ende. “Es war der größte politische Fehler, dass die Deutsche Bahn uns an Investoren verschenken durfte”, sagt er mit Blick auf den Verkauf der 100-prozentigen Tochter der Bahn AG im Jahr 2014. … Aber schon vor der Insolvenz wurden Produktionsmöglichkeiten nach Osteuropa verlagert. So sei im November eine große Roboteranlage nach Poprad verkauft und abgebaut worden, berichtet Jurke. “Damit war besiegelt, dass wir nie wieder Schiebewandwaggons bauen werden.” Dabei seien die Technik und Prototypen hier in Niesky in den 1970er-Jahren entwickelt worden, so der 61-Jährige, der 1978 seine Ausbildung im Waggonbaubetrieb begonnen hatte.”

“Es war der größte politische Fehler, dass die Deutsche Bahn uns an Investoren verschenken durfte”

Im kurzen lichten Moment kam beim staatlichen Rundfunk plötzlich ein bisschen Wahrheit hervor. Bereits vor Jahren wurden Teile der Produktion nach Osteuropa verlagert, um vermutlich Kosten zu sparen. Zwar ist der Artikel noch länger, aber weder wird auf Energiekrise, noch Kohleausstieg – sprich Strukturwandel – noch auf die Rolle der Deutsche Bahn eingegangen. Offensichtlich lässt das Unternehmen seine Waggons im Ausland bauen und eine Weiterführung des Waggonbaubetriebes ist ebensowenig geplant. Im Zuge des sogenannten Kohleausstiegs ist man allerdings mit ganz anderen Versprechen angetreten.

Im Umlauf: Ominöse Papiere von sogenannten Ersatzarbeitsplätze

>>taz<<

„Tausende neuer Jobs sollen als Ersatz für die Braunkohleindustrie entstehen. Darauf haben sich Bund und Länder in Eckpunkten für ein „Strukturstärkungsgesetz“ geeinigt. „Ziel der Bundesregierung ist der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen und vom Strukturwandel betroffenen Regionen im Umfang von 5.000 Arbeitsplätzen innerhalb von zehn Jahren“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt.“

„5.000 Arbeitsplätzen innerhalb von zehn Jahren“ – Und woher?

Statt zusätzliche Arbeitsplätze ist wohl eher mit einer riesigen Pleitewelle und weiteren Arbeitsplatzverlusten zu rechnen. Deshalb wurde auch Überprüfungsfristen festgelegt.

“Wie man ein Datum für den Kohleausstieg festlegen könne, will sie wissen, wenn man noch keine funktionierenden Ersatztechniken habe”

>>taz<<

“Wie man ein Datum für den Kohleausstieg festlegen könne, will sie wissen, wenn man noch keine funktionierenden Ersatztechniken habe. Stimmt, sagt Kretschmer, (Ministerpräsident von Bundesland Sachsen, Anmerkung der Redaktion) man arbeite daran, deswegen seien ja die Überprüfungsfristen festgelegt worden. „Könntet ihr den jungen Leuten in der Region konkrete Perspektiven anbieten?“, bittet der nachfolgende Redner.”

“Könntet ihr den jungen Leuten in der Region konkrete Perspektiven anbieten?”

Zwar wird ständig auf dieses ominöse Kohlepapier verwiesen, aber offensichtlich hat es kaum einer gelesen. Tatsächlich sind darin Überprüfungsfristen festgelegt worden und eigentlich wäre damit das Ende vom Kohleausstieg problemlos möglich. Die Geschehnisse rund um Waggonbaubetrieb Niesky stehen für sich selbst.