Politische Ohnmacht: „Von der Demokratie zur Parteienoligarchie“

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Destabilisierung Deutschlands“ – „Es ist der Albtraum jeder Regierung: feindliche Kämpfer als Schläfer im eigenen Land. Saboteure, Provokateure, die auf den Einsatzbefehl warten.“ Feindlich gesinnte fremde Mächte sollen angeblich Deutschland destabilisieren? Die Wahrheit dürfte viel einfacher – aber dafür um so Erschreckender sein. Damit überhaupt eine Saat aufgeht: Muss zuerst immer dafür der Boden bereitet werden. In diesen speziellen Fall sind es Fragen nach den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Genau an jenen, dürfte der Fortbestand eines Staates hängen: Ohne Unterstützung seiner Bürger kann kein Staat auf der Welt existieren. Je weiter sich die Staatsführung von seinem Bürgern entfernt, desto instabiler wird das Staatsgefüge. Erst auf dieser Grundlage ist überhaupt an einer „Destabilisierung Deutschlands“ zu denken.

„Destabilisierung Deutschlands“ – Durch fremde Mächte?

Sofern man von einer „Destabilisierung Deutschlands“ ausgeht, dürfte aber dafür weniger ausländische Mächte – sondern vielmehr die einheimischen Parteien verantwortlich sein: Denn die haben sich dem Staat gewissermaßen untereinander aufgeteilt. Der Fortbestand Deutschland dürfte vielmehr an der Frage hängen: Inwieweit sind echte Reformen überhaupt noch möglich? Eines der Haupthindernisse hierzu dürfte die viel zitierte Fraktionsdisziplin sein.

Abstimmungen ohne Fraktionszwang – Eine echte Seltenheit

>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<

„Debatten wie diejenige zur Sterbehilfe finden nicht mehr im Ringen der Parteien miteinander statt, sondern sie werden – wie es von den Parteiführungen genannt wird – „freigegeben“. Jeder Abgeordnete kann argumentieren und abstimmen wie er will; der parteipolitische Rahmen wird aufgelöst.“

Fraktionsdisziplin: „Der parteipolitische Rahmen“

Allerdings stellen Debattenwie zur Sterbehilfe – eher die rühmliche Ausnahme da. In der Regel herrscht Fraktionszwang: Diese ist zwar nirgends rechtlich festgeschrieben, stellt aber den praktischen Alltag im Parlament da. Zwar steht im Grundgesetz geschrieben: „Abgeordneten des Deutschen Bundestages … Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ – Doch zwischen Rechtstheorie und Rechtspraxis klafft offensichtlich eine gewaltige Lücke.

Abgeordnete: Dem Gewissen oder der Fraktionsdisziplin unterworfen?

Die meisten Abstimmungen erfolgen unter „Wahrung der Fraktionsdisziplin“ und es wird dabei penetrant auf sogenannte „Abweichler“ geachtet – sprich: Abgeordnete, die anders als die übrige Partei abstimmen. Eines der Probleme: Viele Abgeordnete kommen nicht über ein Direktmandat ins Parlament, sondern über die sogenannte Liste. Kurzum: Wer nicht mehr aufgestellt wird oder auf einen hinteren Listenplatz landet: Der fliegt beim nächsten Wahlgang aus dem Parlament. In der Regel erfolgen aber schon vorher klare Ansagen von Parteikollegen: „Dann lass dich doch beim nächsten Mal von deinem Gewissen aufstellen.“ – Rein formal kann sich der einzelne Abgeordnete zwar auf sein Gewissen berufen, muss aber dafür im Kauf nehmen: Das er seine Parteikarriere damit an dem Nagel hängen kann. Zudem üben die meisten „Volksvertreter“ dem Beruf eines Vollzeit-Berufspolitikers aus – bedeutet: Außerhalb des Fraktionszwangs existiert keine echte Alternative. Deshalb ist es kaum verwunderlich: Das sich immer weniger Bürger durch Volksvertreter vertreten fühlen. Das schwindende Vertrauen in Politik und Parteien, geht zugleich mit dem Vertrauensverlust in dem Staat selbst einher.

„Das Vertrauen in die Politik und in Parteien schwindet“

>>Web.de<<

„Das Vertrauen in die Politik und in Parteien schwindet, das belegen Zahlen einer neuen Studie. Experten sind alarmiert: Wird nicht entsprechend gegengesteuert, könnte das ernsthafte Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt haben.“

„Ernsthafte Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“

Es ist natürlich einfach als offizielles Ministerium – den gesellschaftlichen Zusammenhalteinzufordern: „Gesellschaftlicher Zusammenhalt – der Kitt unserer Gesellschaft … Die Basis hierfür ist ein Grundkonsens gemeinsamer Werte, der auf unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung beruht.“ – Doch als Ministerium in eine ganz andere Richtung zu laufen: Tatsächlich haben sich die Parteien – über die Jahrzehnte – mit einer regelrechten Machtfülle ausgestattet. Die Besetzung von beinahe alle wichtigen Ämtern erfolgen streng nach Parteiproporz. Kritiker in den eignen Reihen, die werden für gewöhnlich Geräuschlos entsorgt. Der Begriff „Parteienoligarchie“ kommt sicherlich nicht von Ungefähr.

„Von der Demokratie zur Parteienoligarchie“

>>Spiegel<<

„Der Strukturwandel der Bundesrepublik: Von der Demokratie zur Parteienoligarchie.“

Politik: Die machtpolitische Ohnmacht

Wenn schon der einzelne Abgeordnete – etwas Verstand vorausgesetzt – seine machtpolitische Ohnmacht tagtäglich erkennen muss: Dann resigniert – über kurz oder lang – auch die restliche Bevölkerung. Diese Beobachtung ist keinesfalls neu, schon Karl Jaspers zog – im Jahre 1966 – ganz ähnliche Schlüsse.

Parteien: „Entzogen dem Volksleben – selber zum Staat“

>>Karl Jaspers<<

“ …. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat…. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie…. Ihre durch keine Spannung zu anderer Macht eingeschränkte Stellung verführt…. die Parteien wollen durch ihre eigenen Leute die Plätze besetzen. Das ist der Lohn für die Parteiarbeit, die Beute des Siegers nach der Wahlschlacht ….“

„Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie“ 

Das schwinde Vertrauen in die Politik und in Parteien äußert sich auch dahingehend, dass das gegenseitige Misstrauen wächst. Eine lückenlose Überwachung der Bürger und drakonische Strafen sollen – nach der verzehrten Logik – jede missliebige Meinungsäußerung zum Verstummen bringen. Doch mit Gewalt lässt sich kein Vertrauen erschaffen. Die Sklaverei als Herrschaftsform ist auch deswegen gescheitert: Sklaven sind schlicht Unwirtschaftlich. Die Produktivität eines Sklaven ist gering. Gleichzeitig verursacht – in einer Sklavengesellschaft – das Bewachungs- und Bestrafungssystem nicht zu rechtfertigende Kosten. Über kurz oder lang fahren solche Zwangssysteme an die wirtschaftliche Wand.

Warum Zwangssysteme an die Wand fahren

Die berechtigten Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalt werden wohl nicht über neue Überwachungsgesetze und härtere Strafen gelöst, sondern vielmehr über die Frage: Inwieweit das politische System überhaupt noch ernsthafte Reformen zulässt? Partizipation über Direkte Demokratie steht schon seit dem Anfängen der Bundesrepublik im Raum und wurde bisher nicht eingeführt. Die kleine Schweiz – als Vielvölkerstaat – steht nicht nur wirtschaftlich viel besser da, sondern die Bürger können selber über politische Entscheidungen abstimmen. Fragen nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt sind dort nahezu unbekannt.