Massive Angriffe auf christliches Wohnviertel
Blasphemievorwurf mobilisiert aufgebrachte Menge
Am 16. August kam es zu massiven Angriffen auf ein christliches Wohnviertel in der pakistanischen Stadt Jaranwala. Eine aufgebrachte Menge extremistischer Muslime griff Kirchen und Wohnhäuser von Christen an und brannte mehrere Gebäude nieder. Nur wenige Stunden vor dem Gewaltausbruch waren zwei Christen wegen Blasphemie angezeigt worden.
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Von Open Doors
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Mindestens 15 Kirchen angegriffen
Eine massive Gewaltwelle gegen Christen hat am 16. August die Stadt Jaranwala in der Provinz Punjab im Osten Pakistans erschüttert. Hunderte extremistische Muslime stürmten ein christliches Wohnviertel, griffen mindestens 15 Kirchen an und brannten mehrere von ihnen nieder. Außerdem zündeten sie zahlreiche Häuser von Christen an und zerstörten einen Friedhof. Christen flohen aus dem Wohnviertel. Ein lokaler Christ berichtet, dass die aufgebrachte Menschenmenge innerhalb kürzester Zeit auf mehrere Tausend Personen angewachsen sei. Zahlreiche im Internet kursierende Videos zeigen das Ausmaß der Zerstörung und die Wut der Angreifer.
Spontane Reaktion oder im Voraus geplant?
Nur wenige Stunden vor Ausbruch der Gewalt hatte es eine Anzeige bei der Polizei gegen zwei Christen gegeben, denen die Schändung des Koran vorgeworfen wurde. Lokale Christen bezweifeln allerdings, dass die Angriffswelle eine spontane Reaktion auf diese Blasphemievorwürfe war, und vermuten Vorausplanung: „Es ist kein Zufall, dass Moscheen in der ganzen Stadt über Lautsprecher angefangen haben, Hassreden zu verbreiten. Das hat zu den Angriffen geführt. Wie sind all die Moscheen an diese Informationen gekommen? Wie konnten sie so viele Menschen versammeln, wenn es keine Vorausplanung gab? Niemand beantwortet unsere Fragen“, sagt ein lokaler Christ. Und ein betroffener Kirchenleiter, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann, sagt: „Das ist ein Fall von geplanter Verfolgung gegen uns als Minderheit. Wenn die Ankläger derart emotionsgeladen waren, dass sie sich nicht zurückhalten konnten, Kirchen und Wohnhäuser anzugreifen – wie konnten sie dann in der Lage sein, so kurz vorher noch eine Anzeige zu erstatten?“
Angriffe auf Minderheiten nehmen zu
Der Vorwurf der Blasphemie wird in Pakistan häufig erhoben, um gegen Minderheiten vorzugehen. Bereits eine unbewiesene Anschuldigung kann ausreichen, um große Menschenmengen aufzustacheln. „Die Häufigkeit und das Ausmaß solcher Angriffe – die systematisch, gewaltsam und oft unkontrollierbar sind – scheinen in den vergangenen Jahren zugenommen zu haben“, so die Menschenrechtskommission von Pakistan gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Im Zuge ihrer Untersuchung der Ereignisse verhafteten die pakistanischen Behörden am 17. August 146 Personen. Interims-Premierminister Anwaar-ul-Haq Kakar schrieb auf X (früher Twitter), dass „strenge Maßnahmen gegen diejenigen ergriffen werden, die gegen das Gesetz verstoßen und Minderheiten ins Visier nehmen. Alle Strafverfolgungsbehörden wurden aufgefordert, die Schuldigen zu ergreifen und vor Gericht zu stellen.“
Auf dem Weltverfolgungsindex 2023 belegt Pakistan den 7. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.