Libyen: Behörden und Militärpolizei gehen gegen Christen vor
Videos von verhafteten Gläubigen in den sozialen Medien veröffentlicht
Die christliche Gemeinschaft in Libyen steht nach einer Reihe von Festnahmen derzeit unter sehr hohem Druck. Unter den Verhafteten sind sowohl aus dem Ausland stammende Christen als auch einheimische. Zusätzlich dazu hat die Veröffentlichung von Videos mit Aufnahmen der Christen für Aufruhr in den sozialen Medien gesorgt.
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Von Open Doors
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Behörden konstruieren anti-islamische Verschwörung
Die große Mehrheit der in Libyen lebenden Christen stammt aus dem Ausland. Innerhalb der vergangenen drei Wochen wurden drei ausländische Christen festgenommen, von denen sich aktuell noch einer in Haft befindet. Zwei amerikanische Christen wurden am vergangenen Wochenende freigelassen und sind mittlerweile aus Libyen ausgereist. Darüber hinaus haben die Behörden sieben Libyer in Gewahrsam genommen, eine Frau und sechs Männer. Ihnen wird der Abfall vom Islam (Apostasie) und Missionierung für den christlichen Glauben (Proselytismus) vorgeworfen. Von den meisten wurden Videoaufnahmen angefertigt, in denen sie mit unkenntlich gemachten Gesichtern ausführlich schildern, wie sie vom Islam zum christlichen Glauben konvertiert sind. Sie teilen darin auch detaillierte Informationen über andere mit, die sie in diesem Zusammenhang kennengelernt haben.
Die Aufnahmen wurden auf der offiziellen Website der staatlichen „Agentur für Innere Sicherheit“ (ISA) veröffentlicht und sind somit frei zugänglich. Die durch die Videos vermittelte Botschaft lautet: Libyen ist Ziel einer Verschwörung von außen, um den islamischen Charakter der libyschen Gesellschaft und des Staates zu untergraben. Dies hat in den sozialen Medien eine Hasskampagne gegen Christen ausgelöst.
Islamistische Spezialeinheit im Einsatz gegen Christen
Die Verhaftungen wurden allesamt von der ISA verantwortet und von der „ar-Radaa“ durchgeführt, einer der ISA angegliederten islamistischen Spezialeinheit der Militärpolizei. Die ISA befasst sich in der Regel mit der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, war aber auch an der Verfolgung von politischen Dissidenten, Politikern und anderen Personen beteiligt; Anlass war oftmals die mutmaßliche Beteiligung der Zielpersonen an Aktivitäten, die als unislamisch gelten.
In Libyen sind sowohl einheimische Christen als auch christliche Migranten aus anderen Ländern (zumeist Arbeitsmigranten oder Flüchtlinge) extremer Gewalt ausgesetzt. In Abwesenheit einer handlungsfähigen Zentralregierung verfügen sowohl militante islamische Extremistengruppen als auch organisierte Verbrecherbanden über große Macht. Sie nehmen Christen ins Visier, wobei es immer wieder zu Entführungen oder anderen gewaltsamen Übergriffen kommt. Vereinzelt mit tödlichem Ausgang für die Christen.
Wer sich in Libyen öffentlich zu seinem christlichen Glauben bekennt oder gar das Evangelium an andere weitergibt, muss damit rechnen, von extremistischen Gruppen gefangengenommen oder bestraft zu werden.