Lausitzer Mythen: Der Schatz auf dem Hutberge
In der Nacht des Tages aller Seelen – denn in der Walpurgisnacht halten bekanntlich Geister und Gespenster Hauptquartal auf dem Brocken – zeigen sich auf dem bei Schönau in den, dem Stifte Marienstern zugehörigen eigenschen Dorfschaften, gelegenen Hutberge, große Feuergestalten von hoher konischer Form, in nicht unbedeutender Menge, welche sich verschiedendlich gruppiren, in geschlossenen Reihen unter seltsamen Hüpfen und Sprüngen einen Ringeltanz halten, wunderbare Töne, gleich dem Pfeifen des Windes, in abwechselnden Akkorden hören lassen, mit Gedankenschnelle über die Kirchhofmauer schlüpfen und daselbst plötzlich verschwinden.
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Dieses ist der alleinig günstige Zeitpunkt, in welchem derjenige, welcher ihn benutzt und die gehörigen Kenntnisse und Hilfsmittel besitzt, die Geister zähmen und sich dieses, eine Braupfanne füllenden Schatzes, bemächtigen kann. Die Mühe wird sich belohnen, indem man schon mehreremale in unbedeutender Tiefe der Erdfläche Ringe, römische und griechische Münzen, Brakteaten und andere Goldstücke von unbekanntem Gepräge, welche die Höllengeister bei etwaiger guten Laune verstreut, gefunden hat.
Das Hilfsmittelchen besteht nach der Sage in Folgendem: Man schlachtet ein in der Walpurgisnacht gefallenes Böckchen, füllt sodann eine Schaale mit Rabenblut, in welchem man ein Wiedehopfherz und eine Wolfsleber bratet, läßt dieses mit dem Böckchen, nachdem man letzteres mit den Eingeweiden eines Fuchses vorsichtig umwunden, in Haifischthran schmoren und setzt es in der siebenten Abendstunde gedachten Tages den Geistern der Unterwelt auf den daselbst befindlichen Kreuzweg, mit einem aus Eibischholz, von einem zum Tode Verurtheilten, gedrehten Becher voll Tigerblut zum Mahle vor; so versichert die Sage, daß man sich alsdann dieses so lange unter der Erde verborgenen Schatzes bemächtigen könne. In der eilften bis zur zwölften Stunde der Nacht wird sich nämlich der Berg erschließen und die Braupfanne menschlichen Augen sichtbar werden. Die feindlichen Geister sind versöhnt und werden mit Vergnügen den Schatz dahin tragen, wohin es dem, der ihn hob, beliebt; nur lasse man sich nicht von den Erscheinungen – von welcher Art sie auch immer seyn – stören, man säume ja nicht, denn sobald der letzte Seigerschlag der zwölften Stunde verhallt, verschwindet der Schatz, der Berg verschließt sich und öffnet sich erst nach einem Jahrhundert bei Anwendung des obenerwähnten Mittels.
Lebte – so fährt die Sage fort – im Alterthume da, wo man jetzt noch die verfallenen Mauertrümmer – indem die meisten Steine zur Kirchmauer sind angewendet worden – Dornhecken und andere Sträucher erblickt, auf seiner vesten Burg der Raubritter Ulrich Ruprecht, welcher Klöster plünderte, Reisende beraubte, andere Ritter glücklich befehdete und dadurch jene unermeßlichen Reichthümer, die er in seinem Felsenkeller verschloß, anhäufte. Aus diesem Keller nun führte ein unterirdischer Gang da, wo jetzt Bernstadt steht, in die Wohnung seines Helfershelfers: Bernhard Dietrich, welche ihm im Fall der Noth eine sichere Zuflucht gewähren sollte und wohin er auch bereits einen bedeutenden Theil seiner Schätze geschafft, sich aber natürlich das Beste selbst behalten hatte. Der Abhang des Berges führte zum Eingang des Kellers. Hier nun wühlte der Ritter oft in den Gold- und Silberhaufen seines unrechtmäßig erworbenen Guthes. Als er sich auch einst damit beschäftigte, vermauerte in einem Anfalle von muthwilliger Laune der Lügenfürst den Zugang. Niemand wußte, wo der Ritter, den man vergeblich suchte, geblieben sey, und der Geizhals, dem der Ausweg versperrt war, mußte bei seinen Schätzen elendiglich verhungern.