Diplomatenpässe: Wenn die Justiz wegsieht
„Mit Tempo 220 gerät ein Fahrer im Herbst 2012 der Autobahnpolizei ins Visier. Er überholt rechts und drückt auch auf dem Standstreifen aufs Gaspedal. Das Szenario stammt weder aus einer Verfolgungsjagd im Fernsehkrimi noch aus einem Videospiel. Hier sitzt ein Diplomat hinter dem Steuer. Die Polizeibeamten halten ihn an, können ihm aber nichts. Er darf weiterfahren. Kein Bußgeld, keine Strafe. Ein Verfahren gegen ihn wird zwar eingeleitet, aber an die Behörden seines Heimatlandes weitergeleitet. Dort wird das Verfahren eingestellt.“ Vor dem Recht sind aller gleich und einige eben etwas gleicher. Diplomatenpässe schützen vor Kontrollen und Strafverfolgungen, in der Regel werden nicht mal Ermittlungsverfahren eingeleitet. Diese Privilegien wecken natürlich Begehrlichkeiten. Der illegale oder halb-legale Handel mit Diplomatenpässe blüht. Die Spanne reicht von plumpen Fälschungen, bis hin zu echten Pässe. Denn die Realität ist: Viele Staaten der Erde sind von Korruption zerfressen und gegen ein „kleines Handgeld“ wandert schon mal ein echte Diplomatenpass über den Ladentresen. Bei diesen fragwürdigen Machenschaften natürlich ganz vorn mit dabei: Die EU-Beamten in Brüssel. Weite Teile der EU-Bürokratie laufen unter diplomatischen Schutz. Selbst deren entfernte – und immer zahlreich werdende Ableger – genießen diplomatische Immunität. Die EZB-Zentrale in Frankfurt am Main, kann faktisch als Exterritoriales Gebiet betrachtet werden.
„Immunität für Regierungsmitglieder, Beamte, Richter und Notare in einigen Ländern Osteuropas festgeschrieben worden sei, … Immunitätsvergabe als die EU selbst, deren Regelung die europaweit weitreichendste sei mit der Folge, dass alle 23.000 EU-Beamten in allen 27 Mitgliedsländern immun seien. Für Hoppe Anlass zur Kritik: „Wenn in Europa Regeln für einen gemeinsamen Markt gelten und eingehalten werden sollen, wie soll dann vermittelt werden, dass EU-Beamte vor der Strafverfolgung bulgarischer oder belgischer Gerichte geschützt werden müssen?“
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Der Europäischen Union gehören auch Staaten wie Malta an. Dieser kleine Inselstaat hat Dank der Europäischen Union eine lukrative Einnahmequelle für sich erschlossen: Der Verkauf von Staatsbürgerschaften. Sprich, wer genug Geld hat, kann auf ganz legalen Wege EU-Bürger werden, inwieweit auch Diplomatenpässe darunter sind, muss offen bleiben.
„Für Dewi R. muss es die Hölle gewesen sein. 19 Monate lang soll die 30-jährige Indonesierin im Haushalt eines saudi-arabischen Diplomaten in Berlin wie eine Leibeigene gehalten worden sein. Lohn habe sie in der ganzen Zeit nicht bekommen, dafür allerdings immer wieder Schläge, erzählte sie später in einer Hilfseinrichtung. Außerdem habe sie auf dem Teppich schlafen müssen, sei auch von den fünf Kindern des Botschafters ständig übel beschimpft worden, und für den Fall eines Fluchtversuches habe man gedroht, sie umzubringen. Nach ihrer Flucht aus der Wohnung an der Boca-Raton-Straße in Spandau Ende Oktober 2010 klagte die Indonesierin auf 70.000 Euro ausstehenden Lohn und Schmerzensgeld. Doch im November 2011 wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Klage mit Verweis auf den Diplomatenstatus ihres früheren Arbeitgebers zurück.“