Die Lausitz gehört auch uns – Lausitzmomentum: Ein sorbischer Aufruf zur gerechten Teilhabe
Screenshot youtube.comSeit unzähligen Jahren leben die Sorben in der Lausitz, einer Region, die für ihre einzigartige Kultur, ihre Sprache und ihre Traditionen bekannt ist. Diese Gemeinschaft hat die Region maßgeblich geprägt, ihre Identität mit gestaltet und sie gegen zahlreiche Angriffe verteidigt. Ob es politische Vereinnahmung, Assimilationsversuche oder wirtschaftliche Ausbeutung war – die Sorben haben stets Widerstand geleistet, ihre Kultur bewahrt und ihre Gemeinschaft verteidigt. Heute stehen wir erneut vor einer bedeutenden Herausforderung, die nicht nur unsere kulturelle Identität bedroht, sondern auch unsere Zukunft maßgeblich beeinflusst: die gerechte Beteiligung an den enormen Wertschöpfungen, die durch die Ressourcen der Lausitz erzielt werden und weiterhin fließen.
Reichtum und Zerstörung: Die Rohstoffe der Lausitz und ihre Folgen
Die Lausitz ist eine Region des Reichtums – an Geschichte, Kultur und vor allem an Bodenschätzen. Über Jahrzehnte hinweg wurden dort Braunkohle, Kupfer, seltene Erden und weitere wichtige Rohstoffe abgebaut. Dieser Abbau hat die Landschaft tiefgreifend verändert: Landstriche wurden umgestaltet, Dörfer im Zuge des Tagebaus abgetragen, ganze Regionen verwüstet. Mehr als 100 Orte und Ortsteile sind im Zuge dieses Fortschritts und Energiegewinnung verschwunden, viele davon mit einer sorbischen Prägung. Familien wurden entwurzelt, Gemeinschaften zerrissen, Erinnerungen an Heimat und Tradition ausgelöscht. All dies geschah im Namen von wirtschaftlichem Fortschritt, Energieversorgung und der Dringlichkeit, die Gesellschaft mit Energie zu versorgen.
Wer profitiert vom Reichtum? Die wahren Nutznießer der Ressourcen
Doch wer hat tatsächlich aus diesen Ressourcen gezogen? Die großen Energieunternehmen, die Staatskassen der Bundesländer und die Bundespolitik haben enorme Gewinne, Steuereinnahmen und Subventionen eingestrichen. Milliarden flossen in die Taschen von Konzernen und öffentlichen Kassen, während die Sorben – die ursprünglichen Bewohner der Region – stets am Rand blieben. Sie wurden nur symbolisch erwähnt, mit Kulturförderungen abgespeist, ihre Sprache wurde gesetzlich geschützt, doch in der Praxis blieb sie schwach und marginalisiert. Die Institutionen der Sorben waren finanziell abhängig gemacht worden, ihre politische Vertretung zersplittert und ohne echten Einfluss. Während die Rohstoffe die Kassen füllten, blieb die Gemeinschaft der Sorben auf der Strecke.
Gerechte Teilhabe: Unser Recht auf Anteil und Einfluss
Deshalb fordern wir eine gerechte Beteiligung an den Werten, die aus dem Abbau der Rohstoffe erwachsen. Es ist kein Almosen oder eine symbolische Geste – es ist unser legitimes Recht. Wir verlangen, dass ein Teil der Erlöse direkt in sorbische Einrichtungen fließt: in unsere Schulen, Medien, Kulturzentren und das Parlament. Wir brauchen eine unabhängige, stabile Finanzierung, die nicht von politischen Launen oder bürokratischer Willkür abhängt. Unsere Sprache soll in der digitalen Welt, im Rundfunk und in der Verwaltung gleichberechtigt vertreten sein. Nur so können wir unsere Kultur lebendig halten und unsere Gemeinschaft stärken.
Aufruf zur Gerechtigkeit: Kein Angriff, sondern ein Gebot der Fairness
Diese Forderung ist kein Angriff, sondern ein Aufruf zur Gerechtigkeit. Über Generationen haben wir Sorben zum wirtschaftlichen Aufschwung der Lausitz beigetragen. Viele von uns haben im Tagebau, in Kraftwerken und in der Industrie gearbeitet. Unser Einsatz hat Wohlstand geschaffen, der heute verteilt wird. Es ist nur fair, dass wir auch daran partizipieren – nicht nur als Arbeiter, sondern als Träger unserer Kultur und als politische Gemeinschaft. Gerechtigkeit bedeutet für uns, dass unsere Beiträge anerkannt und unsere Rechte respektiert werden.
Mitbestimmung statt Marginalisierung: Unsere Stimme zählt
Doch unser Anliegen geht weit über finanzielle Beteiligung hinaus. Wir fordern echte Mitbestimmung. Wir wollen Vertreter im sorbischen Parlament haben, die aktiv über die Zukunft der Region mitentscheiden. Wir verlangen Gehör für unsere Perspektiven und Anliegen – nicht als folkloristische Randerscheinung, sondern als gleichwertige Partner im politischen Prozess. Der Strukturwandel darf keine erneute Entmündigung bedeuten; er muss für uns eine Chance sein, unsere Zukunft selbst zu gestalten und die Region aktiv zu prägen.
Widerstände und die Bedeutung unserer Kultur in der Lausitz
Natürlich wissen wir um die Widerstände gegen unsere Forderungen. Manche sehen in diesen Ansprüchen eine Sonderbehandlung, andere fürchten eine Zersplitterung der Förderpolitik. Doch diese Sichtweise verkennt die Realität: Die Sorben sind keine Fremden in der Lausitz, sondern die ältesten Bewohner dieser Region. Unsere Kultur ist kein Störfaktor, sondern das Fundament, auf dem die Lausitz aufgebaut ist. Wer die Zukunft der Region gestalten will, muss ihre Vielfalt anerkennen und fördern – statt sie zu nivellieren oder zu marginalisieren.
Bisherige Fördermechanismen: Warum sie nicht ausreichen
Die bisherigen Fördermechanismen haben gezeigt, dass symbolische Erwähnungen und bloße Lippenbekenntnisse nicht ausreichen. Die Zahl der Sorben, die noch aktiv ihre Sprache sprechen, sinkt stetig. Die Abwanderung junger Menschen nimmt zu, das Gemeinschaftsgefühl schwindet. Wenn wir nicht jetzt handeln, droht die Lausitz nicht nur wirtschaftlich zu schwächeln, sondern auch kulturell zu erlöschen. Der Verlust unserer Sprache und Traditionen würde eine Wunde hinterlassen, die kaum zu heilen ist.
Konkrete Schritte für eine starke Zukunft
Deshalb schlagen wir konkrete Maßnahmen vor: die Einrichtung eines Sorbischen Parlaments, die Gründung einer Sorbischen Universität und die Etablierung einer unabhängigen Stiftung zur Finanzierung sorbischer Kultur und Bildung. Diese Institutionen sollen nicht nur unsere Interessen vertreten, sondern auch die gesamte Region bereichern. Sie sollen den interkulturellen Austausch fördern, Bildungsangebote schaffen und innovative Ansätze zur Regionalentwicklung entwickeln. Nur so können wir die Lausitz zu einer lebendigen, vielfältigen und zukunftsfähigen Region machen.
Aufarbeitung der Geschichte: Erinnerung als Grundlage für die Zukunft
Ein wichtiger Schritt ist auch die ehrliche Aufarbeitung unserer Geschichte. Die Verdrängung durch Tagebau, Truppenübungsplätze, Naturschutzgebiete und die Geschichtsschreibung darf nicht in Vergessenheit geraten. Ohne Erinnerung an die erlittene Zerstörung kann es keine nachhaltige Zukunft geben. Die Geschichte der Lausitzer Sorben muss sichtbar gemacht werden, damit wir daraus lernen und unsere Heimat bewahren können. Erinnerung ist Mahnung und Ansporn zugleich.
Bereitschaft zur Verantwortung: Unsere Stärke für die Region
Wir Sorben sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir verfügen über Kompetenz, Erfahrung und ein starkes Netzwerk. Was uns fehlt, ist die Anerkennung als gleichberechtigte Akteure. Die aktuelle Wirtschaftskrise ist eine Chance, um Veränderungen zu bewirken – vorausgesetzt, Politik und Gesellschaft zeigen Mut, Offenheit und den Willen zu echten Veränderungen. Wir sind keine Minderheit, sondern eine lebendige Gemeinschaft, die das Potenzial hat, die Lausitz in eine nachhaltige und kulturell reiche Zukunft zu führen.
Aufruf an Politik und Gesellschaft: Gemeinsam für die Lausitz
Wir wenden uns an die Landesregierungen, den Bund und die Europäische Union: Nehmt unsere Forderungen ernst! Seht uns nicht nur als Minderheit, sondern als Mitgestalter. Gebt uns die Mittel, die wir benötigen, um unsere Rechte wahrzunehmen und unsere Kultur zu bewahren. Die Milliardenwerte aus der Lausitz gehören nicht nur den Konzernen oder den Haushalten, sondern vor allem den Menschen vor Ort – den Lausitzer Sorben.
Die Zukunft gestalten: Mut und Visionen für die Lausitz
Damit das Lausitz-Momentum Erfolg hat, braucht es die gesamte Gesellschaft. Es muss die Eigenart dieser Region sichtbar gemacht, gefördert und bewahrt werden. Es gilt, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und neue, nachhaltige Perspektiven zu entwickeln. Wenn die Lausitz ihre Wurzeln achtet und gemeinsam an ihrer Zukunft arbeitet, kann sie Vorbild werden – für nachhaltigen, gerechten und kulturell vielfältigen Fortschritt, ähnlich wie die Schweiz.
Wir sind bereit! Für eine starke Lausitz und eine lebendige sorbische Kultur
Wir Sorben haben überlebt, bewahrt und gestaltet. Jetzt wollen wir aktiv mitbestimmen – nicht als Bittsteller, sondern als gleichberechtigte Partner. Die Lausitz gehört auch uns! Es ist Zeit, dass unsere Rechte endlich anerkannt werden und unsere Stimme gehört wird. Gemeinsam können wir eine Zukunft schaffen, in der unsere Kultur, unsere Sprache und unsere Gemeinschaft wieder aufblühen.


















