Warum es im 19. Jahrhundert viel mehr Freiheitsrechte gab
“Recht und Freiheit tapfer verteidigen“ – Das Gelöbnis, was jeder Bundeswehrsoldat ableisten muss. Im Grundgesetz ist der Freiheitsbegriff ebenfalls festgeschrieben: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ Doch in der heutigen Zeit muten solche „Gedanken“ beinahe schon wie der reinste Anachronismus an. Ohne Angelschein ist selbst das Angeln verboten. Selbst für Schreckschusspistolen – zur reinen Selbstverteidigung – ist ein behördlicher Gesinnungstest nötig.
Freiheitsrechte als reinste Anachronismus der Gegenwart
Allerdings „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ sind tatsächlich laut Verfassungsschutz verboten. Durch zahllosen Gesetze, Verordnungen und Vorschriften wurde der Freiheitsbegriff in dessen Wesensgehalt faktisch abgeschafft. Kaum ein namhafter Jurist würde heute darüber noch die Nase rümpfen. Oder in den erhellenden Worten von Tacitus: „Corruptissima re publica plurimae leges.„- „Je verdorbener der Staat, desto mehr Gesetze hat er.“
Tacitus: „Je verdorbener der Staat, desto mehr Gesetze hat er“
„Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und bemänteln dessen, was ist.“
„Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist“
Immerhin konnten solche Gedanken im 19. Jahrhundert noch ausgesprochen werden, obwohl es zu Zeiten von Ferdinand Lassalle noch viel mehr Freiheitsrechte gab: Das mag gewiss unglaubwürdig klingen, aber gerade die Umstände des Todes von Ferdinand Lassalle sprechen für sich selbst.
„Der Gründer der deutschen Arbeiterbewegung starb 1864 bei einem Duell“
„Lieben und Sterben des Ferdinand Lassalle – Der Gründer der deutschen Arbeiterbewegung starb 1864 bei einem Duell. … Ferdinand Lassalle, 1825 geborener Sohn eines jüdischen Seidenhändlers, seit 1848 eine der führenden Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung, … „
August Bebel: Als Urvater der Sozialdemokratie sich für ein waffentragendes Volk einsetzte
Ferdinand Lassalle ist bei einen Pistolenduell ums Leben gekommen, was er im Übrigen selbst herausgefordert hat. Jedoch Duelle – mit Degen oder Pistolen – waren zu jener Zeit beileibe nicht ungewöhnliches. Auch Otto von Bismarck hatte sich einst duelliert. Mit den eigenen Tod musste natürlich gerechnet werden. Aber es gab feste Regeln und niemand musste gegen seinen Willen an einen Duell teilnehmen.
Warum es im 19. Jahrhundert viel mehr Freiheitsrechte gab
Auch August Bebel – als Urvater der Sozialdemokratie – setzte sich für ein waffentragendes Volk ein. Zwar mag es damals kein verbrieftes Grundrecht – wie heute – gegeben haben: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ – Aber rein praktisch konnten sich die Bürger viel mehr Freiheitsrechte – als in der Gegenwart – herausnehmen. Sogar die Frauen haben ihre Emanzipation bewiesen, noch bevor das Wort überhaupt erfunden war.
„Prinzessin und Gräfin oben ohne duellieren sollten, und genauso wurde es dann gemacht“
„1892 zerstritten sich in Vaduz, Liechtenstein, die Prinzessin Pauline Metternich und Gräfin Kielmansegg über ein Blumenarrangement. Busenfreundinnen waren sie nie gewesen, aber nach ihrem jüngsten Streit überraschte es doch, als sie beschlossen, sich zu duellieren, obwohl dies natürlich kein einmaliger Vorgang war. Im Gegenteil. Duelle waren eine allgemein akzeptierte und straff durchorganisierte Angelegenheit mit festen Regeln, nur dass die Akteure in diesem Fall Frauen waren, sogar die Sekundantinnen. Auch das protokollarisch erforderliche medizinische Personal war weiblich, die Baronesse Lubinska – für die Zeit höchst ungewöhnlich. Aber Lubinska war auf der Höhe der medizinischen Entwicklung und übernahm recht früh die Empfehlungen, die aus der Keimtheorie resultierten. Wurde man im Duell vom gegnerischen Schwert an einem bekleideten Körperteil verletzt, konnten Stoffpartikel in die Wunde eindringen, und es bestand die Gefahr einer Sepsis, also Blutvergiftung. Um dem vorzubeugen, schlug die Baronesse vor, dass sich Prinzessin und Gräfin oben ohne duellieren sollten, und genauso wurde es dann gemacht.“
„Duelle waren eine allgemein akzeptierte und straff durchorganisierte Angelegenheit mit festen Regeln“
Heutzutage wird dieses Duell als Falschmeldung oder Zeitungsente dargestellt. Allerdings diese Sichtweise setzte erst in der jüngeren Vergangenheit ein, denn die damaligen Zeitungen haben darüber eher gleichgültig berichtet, zumal Duelle zu dieser Zeit nicht ungewöhnliches waren. Die „Wahrheit“ dürfte vermutlich viel einfacher sein: Die Episode fällt vollkommen konträr zum heutigen Geschichtsbild über jene Zeit aus. Gebildete emanzipierte Frauen, die sich oben ohne auf Leben und Tod duellieren? So etwas darf es einfach nicht gegeben haben. So viel an Freiheit ist selbst den heutigen Feminismus zuviel, der nach offizieller Lesart erst viel später aufkam. Die heutigen vermeintlich hochtrabenden Freiheitsrechte kommen beim genauen Hinsehen als zahnloser Papiertiger daher. Beinahe täglich werden die verfassungsmäßigen Freiheitsrecht mehr und mehr eingeschränkt und kein Entscheidungsträger muss sich mehr dafür wirklich rechtfertigen.