Ende der Ausgrenzung: “Es sei notwendig, den Sorben wirkliche Mitbestimmungsrechte einzuräumen”

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Was hat das Verhalten einige amtliche Sorbischer Vertretungen mit einer Rede von Stalin gemein? Schließlich hat es in der Geschichte der Sowjetunion viele Momente, die sowohl faszinierend als auch beunruhigend waren gegeben. Einer davon war der überwältigende Applaus, der 1934 nach Stalins Rede ganze 35 Minuten lang anhielt.

35 Minuten lang Applaus nach Stalins Rede

Dieses Ereignis ist ein faszinierendes Beispiel für die Kultur der Angst und Ausgrenzung, die in dieser Zeit herrschte. Die Menschen waren gezwungen, ihre Begeisterung und Zustimmung zu zeigen, selbst wenn sie es vielleicht nicht wirklich empfanden. Es herrschte eine Kultur der Unterdrückung und des blinden Gehorsams. Es fanden fast ausschließlich Geisterdebatte statt. Diese unheimliche Szene erinnert uns daran, wie wichtig es ist, kritisch zu hinterfragen und nicht blind zu folgen. Die Kultur der Angst, die Stalin und sein Regime geschaffen haben. Dies wirkte sich auch auf die Sorbische Lausitz zu dieser Zeit aus.

“Ideologische Dressur” – “Schriftsteller und Dichter als Ingenieur der menschlichen Seele verstehen müsse”

>>Prager Zeitung<<

“Ideologische Dressur – Breiten Raum nimmt bei Meškank die Entwicklung der sorbischen Literatur von 1945 bis zur Wende 1989 ein: Die Werke der Autoren wurden daran gemessen, inwiefern sie den Zielen der sowjetischen Ideologie des Realen Sozialismus entsprachen. Stalin hatte die Parole ausgegeben, dass sich der Schriftsteller und Dichter als Ingenieur der menschlichen Seele verstehen müsse. Der sorbische Funktionär Jurij Krawža empfahl den Autoren eine „ideologische Dressur“. Als vorbildlich galt ein Gedichtband in sorbischer Sprache, der Lyrik zu Jahres- und Gedenktagen sowie anderen Höhepunkten des Lebens umfasste. Autoren, die von der kulturpolitischen Doktrin der SED abwichen, wurden öffentlich angeprangert und aus der sorbischen Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Agitation gegen eine eigenständige Kultur der Minderheit bewirkte, dass die Anzahl der Sorben zunehmend zurückging.”

“Ideologische Dressur” – “Zielen der sowjetischen Ideologie des Realen Sozialismus entsprachen”

Sorbische Kritiker, die von der kulturpolitischen Linie der SED abwichen, wurden öffentlich kritisiert und aus sorbischen Instituinen ausgeschlossen. Die Kampagne gegen eine eigenständige sorbische Kultur führte dazu, dass die Zahl der Sorben kontinuierlich abnahm. Eine richtige Aufarbeitung dieser Teil der Geschichte hat nie wirklich stattgefunden, stattdessen sind ähnliche Muster auch heute zu beobachten.

Serbski Sejm & MDR-Ausgrenzung: “Verfügt auch über geringen Rückhalt”

>>Staatsfunk “Mitteldeutsche Rundfunk” <<

“Vier Institutionen können als Sorbenvertreter gelten: Die Domowina, der Rat für sorbische Angelegenheiten, die Stiftung für das sorbische Volk und der Serbski Sejm. Der Sejm fühlt sich dabei nicht nur unterdrückt und ausgegrenzt, sondern verfügt auch über geringen Rückhalt.”

Keine Silbe im MDR wert: Fehlende Finanzierung des Sorbischen Parlamentes

Der Serbski Sejm soll also nicht nach eigener Meinung, sondern nach Ansicht eines staatsnahen Rundfunksenders über “geringen Rückhalt” verfügen. – Oder anders ausgedrückt: Der Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk ist beim Thema Ausgrenzung ganz vorn mit dabei. Sogar die Unterdrückung entspricht der Richtigkeit, wobei der selbe Beitrag an anderer Stelle sogar die Antwort darauf liefert, ohne jedoch den nötigen Kontext herzustellen.

Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk ist beim Thema Ausgrenzung ganz vorn dabei

>>Staatsfunk “Mitteldeutsche Rundfunk” <<

” … ist in Sachsen Vorsitzender des vom Landtag gewählten Rates für sorbische Angelegenheiten, ein beratendes Gremium ohne Entscheidungsbefugnis. Zuvor war er 23 Jahre lang Direktor der vom Bund und den beiden Ländern getragenen Stiftung für das sorbische Volk. Manche sprechen bezogen auf die Stiftung vom eigentlichen Machtzentrum, weil hier immerhin 24 Millionen Euro Fördergelder verteilt werden.”

Wie es zur stalinistischen Atmosphäre bei offiziellen Domowina-Veranstaltungen kommt?

Im Gegensatz zur Domowina oder Rat für sorbische Angelegenheiten findet beim faktisch keine öffentliche Finanzierung statt. Normalerweise müsste alleine diese Tatsache ein Skandal für sich sein. Immerhin werden nicht nur Gelder versagt, sondern zusätzlich noch Ausgrenzung mit öffentlichen Mitteln betrieben. Auf diese Weise ist auch die stalinistische Atmosphäre bei offiziellen Domowina-Veranstaltungen zu erklären. Bei Widerspruch drohen nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch Ausgrenzung per öffentlicher Medienanstalten. Dabei greifen scheinbar unabhängig voneinander agierenden Institutionen wie viele einzelne Zahnräder eines Getriebes nahtlos ineinander über, was folgendes Beispiel belegt.

Bei Widerspruch drohen finanzielle Einbußen

>>Staatsfunk “Mitteldeutsche Rundfunk” <<

Marcel Braumann, Chefredakteur der sorbischen Abendzeitung Serbske Nowiny, fällt ein hartes Urteil: “Ich habe mit unzähligen Leuten gesprochen, ob sie sich so verstehen, und habe kaum jemanden gefunden, der sich so identifiziert.”

Ausgrenzung per öffentlicher Medienanstalt

Dabei hat dieser Mensch vergessen zu erwähnen, dass er sich standhaft weigert mit vielen Sorben zu sprechen. Bei der herrschenden Kultur der Angst ist es mit der Meinungsfreiheit sowieso nicht weit her. Zumal diese Person irgendwie überall auftaucht und sich vornehmlich mit Ausgrenzung von anderen Sorben beschäftigt.

“Ja, das sorbische Volk ist „First Nation“, die Sorben sind die Ureinwohner der Lausitz”

>>Marcel David Braumann<<

“Ja, das sorbische Volk ist „First Nation“, die Sorben sind die Ureinwohner der Lausitz. Aber wir haben keine spezifisch sorbische Wirtschaftsweise. Der Vorstoß des „Serbski sejm“ schickt die Sorben wieder auf die Bäume, pardon zurück in den Wald, wo die Slawen vor über tausend Jahren tatsächlich noch anders wirtschafteten als die von Westen heranrückenden Stämme der Germanen.”

Haben Sorben jemals auf Bäumen gelebt?

Es gibt sehr wohl Sorbische Handwerkskunst, von Sorben geführt Unternehmen, Literatur und alles was hier nicht aufgeführt werden kann. Solche Personen wären anderswo nicht mal satisfaktionsfähig. Teilweise würde es schon als Rassismus durchgehen. Also mal locker jegliche Sorbische Identität absprechen, wo bestenfalls die Sprache noch übrig bleibt und dafür noch mediale Präsenz als Belohnung bekommen. Es deutet also schon so einiges auf Richtung des Totalitarismus hin.

“Totalitarismus ist ein Oberbegriff für alles, was keine Kritik, keine Abweichler und keine individuellen Freiheiten zulässt”

>>Nachts im Kanzleramt von Marietta Slomka (Buch) <<

“Totalitarismus ist ein Oberbegriff für alles, was keine Kritik, keine Abweichler und keine individuellen Freiheiten zulässt. Faschistische Staaten sind immer totalitär. Totalitarismus greift tief ins Privatleben der Bürgerinnen und Bürger ein. Denn es geht um totale Herrschaft. Am besten bis in die Gedanken jedes Einzelnen hinein. Totalitarismus ist daher meist mit bestimmten Ideologien verbunden.”

Totalitarismus: “Denn es geht um totale Herrschaft”

Marcel David Braumann spielt eigentlich überhaupt keine Rolle, aber es ist schon bezeichnend, welche Personen von staatsnahen Medien als Sprachrohr zu Wort kommen dürfen und damit ihre offenkundig totalitären Tendenzen verbreiten dürfen. Es spiegelt exakt das öffentliche Sorben-Bild wider, was vielfach nach außen gezeichnet wird.

„Sorben sind oft: bemalte Eier, Folklore, alte Damen in Trachten“

>>taz<<

“Sorben sind oft: bemalte Eier, Folklore, alte Damen in Trachten. Gibt es eine sorbische Moderne?

Dass diese Frage gestellt wird ist schon ein Problem, weil sie zeigt, wie wenig in der deutschen Mehrheitsgesellschaft über Sorben bekannt ist. Man greift auf uns immer als Klischee zurück. Sorben sind gut, um mit Brot und Salz und in Trachten zu begrüßen. Kommt der Bundespräsident in die Lausitz, erinnert man sich plötzlich an die Sorben. Dabei gibt es bei uns Rockmusik, es gibt Literatur aller Genres, moderne Thea­ter­stücke. Es gibt alles, was unsere deutschen Nachbarn auch haben.”

„Kommt der Bundespräsident in die Lausitz, erinnert man sich plötzlich an die Sorben“

Ohnehin stellen sich viel grundsätzlichere Fragen: Wie kann eigentlich die Domowina nach Vereinsrecht die Lausitzer Sorben vertreten? Normalerweise müsste diese gesetzlich Regelung für Null und Nichtig erklärt werden, weil das Vereinsrecht es überhaupt nicht hergibt. Zumal die Domowina selbst nicht mal ein Interesse daran hat – alle – Sorben zu vertreten.

“Der Freistaat ignoriere die Meinung des demokratisch gewählten Parlaments der Sorben”

>>Lausitzer Rundschau<<

“Der Freistaat ignoriere die Meinung des demokratisch gewählten Parlaments der Sorben, lehne jede Gesprächsbitte ab und lasse nur handverlesene und zum Teil in direkter finanzieller oder anderer Abhängigkeit vom Staat stehende Akteure zu. Viele Probleme blieben den Entscheidern dadurch verborgen.”

“Es sei notwendig, den Sorben wirkliche Mitbestimmungsrechte einzuräumen”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Es sei notwendig, den Sorben wirkliche Mitbestimmungsrechte einzuräumen. Die bisherige Praxis der Sorbenräte bei den Landtagen in Sachsen und Brandenburg habe sich als nicht ausreichend erwiesen, weil Sorben dort nur das Recht auf Anhörung hätten.”

“Praxis der Sorbenräte bei den Landtagen” – “Sorben dort nur das Recht auf Anhörung hätten”

Genau solche Missstände sollten in einem funktionierenden Rechtsstaat eben nicht vorkommen. Deswegen wurde bereits vor sehr langer Zeit das Prinzip der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung eingeführt.

“Gewaltenteilung schützt die Grundrechte und dient damit dem Schutz der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger vor Machtmissbrauch”

>>Bundesministerium der Justiz<<

“Gewaltenteilung bedeutet, dass staatliche Gewalt nicht bei einer staatlichen Stelle allein liegt, sondern auf unterschiedliche Stellen verteilt ist. Die drei Gewalten Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung kontrollieren und begrenzen sich gegenseitig. Gewaltenteilung schützt die Grundrechte und dient damit dem Schutz der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger vor Machtmissbrauch. Außerdem bezweckt Gewaltenteilung, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig getroffen werden. Das heißt von den Stellen, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen (Funktionsgerechtigkeit).”

“Außerdem bezweckt Gewaltenteilung, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig getroffen werden”

Im Bezug zu gegenwärtigen Situation zur Domowina, Finanzierungen und sorbischen Mitbestimmungsrechten müsste keine neuen Gesetze geschaffen, sondern nur die vorhandene Rechtsstaatlichkeit mal zur Anwendung kommen. Außerdem wäre es wichtig, sich an geschtliche Ereignisse zu erinnern und aus ihnen zu lernen, um sicherzustellen, dass sie sich nie wiederholen. Die 35 Minuten Applaus nach Stalins Rede sollten uns alle dazu ermutigen, wachsam zu bleiben und für die Freiheit einzutreten.