“Mangels eigener Rechtspersönlichkeit” – Wesen des Postkolonialismus: „Wir Sorben wurden und werden vorgezeigt“

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Vom Wesen des Postkolonialismus und der Sorbischen Benachteiligung durch die deutsche Politik? Etwas weit hergeholt? – Oder möglicherweise doch richtig? Vielleicht sollte der formale Dachverband der Lausitzer Sorben für sich selbst sprechen.

“Mangels eigener Rechtspersönlichkeit” – Was beleibt von der Interessenvertretung am Ende übrig?

>>Domowina<<

“Die Domowina ist der Dachverband der Lausitzer Sorben und Sprecherin der Interessen des sorbischen Volkes. Sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen ist sie gesetzlich als Interessenvertretung anerkannt.”

“Brandenburg als auch in Sachsen ist sie gesetzlich als Interessenvertretung anerkannt”

Die Domowina ist weder eine Behörde, noch eine anderweitige staatliche Institution, sondern ein Verein, welcher nach Privatrecht organisiert ist, wo auch Nicht-Sorben – laut eigener Vereinssatzung – problemlos Mitglied werden können. Selbst nach offiziellen Zahlen kann darin nur ein Bruchteil aller Sorben überhaupt als Mitglied registriert sein. Wahlen finden in der Domowina nur intern für Vereinsmitglieder – nach sehr speziellen internen Regeln – statt. – Da drängt sich die Frage auf: Wie ist es mit der freiheitliche demokratische Grundordnung und den Rechtsstaatsprinzip in Einklang zu bringen?

Wesen des Postkolonialismus versus die freiheitliche demokratische Grundordnung

Zugleich weigert sich diese “gesetzliche Interessenvertretung” für bestimmte Sorben gestellt Fragen zu beantworten, weil die Domowina längst nicht mit allen Sorben reden will. – Als Verein darf sie das machen, aber wie ist dieses Verhalten als Interessenvertretung aller Sorben in Einklang zu bringen? Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen müsste dieser Status für Nichtig erklärt werden und womit gleichzeitig die Interessen der Sorben hieraus gestärkt hervorgehen würden. Vielleicht sollte an dieser Stelle die Domowina selbst zu Wort kommen.

“Interessenvertretung” – Postkolonialismus – Anti-Sorben-Politik: Welche Interessen will die Domowina wirklich vertreten?

>>Domowina<<

“Unser Anspruch ist es, die Interessen der Sorben in der Lausitz gemeinsam mit der Politik und allen gesellschaftlichen Akteuren zu gestalten. Wir sind der Auffassung, dass die angemessene Berücksichtigung der Sorben eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung ist.”

Domowina: “Berücksichtigung der Sorben eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung” – Sieht es die Hauptstadtpolitik ebenso?

Zugegeben, der Text geht noch viel weiter, dennoch wird nirgends erklärt, was die Domowina damit überhaupt meint. Da die Politik hinter verschlossenen Türen nun mal wenig Transparenz liefert, bleiben nur öffentliche Aussagen und Taten übrig.

“Strukturen sind kein Selbstzweck oder persönliche Profilierungsplattformen” – Warum sind auf Fotos ständig Domowina-Funktionäre zu sehen?

>>Domowina<<

“Als Nächstes gilt es, das 5. Finanzierungsabkommen für die Sorben zu verhandeln und wir wollen unseren Beitrag im Strukturwandelprozess der Lausitz entwickeln und einbringen. Das wird unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und viele Ressourcen binden. Strukturen sind kein Selbstzweck oder persönliche Profilierungsplattformen. Wir bieten weiterhin allen Interessierten und Engagierten an, sich in den Gremien und im Rahmen der Domowina einzubringen. Dies ist der Ort, an dem wir unsere Zukunft gestalten sollten.”

Domowina – Politik hinter verschossenen Türen: Fragen und Kritik sind unerwünscht

Damit sind nicht Pauschal “die Sorben” gemeint, sondern nur eine sehr ausgewählte kleine Gruppe von Menschen, wo bei vielen nicht mal klar ist, ob sie sich selbst überhaupt als Sorben sehen. Auch das Angebotallen Interessierten und Engagierten an, sich in den Gremien und im Rahmen der Domowina einzubringen” ist eher als Lippenbekenntnis für Unbedarfte zu verstehen. Selbst für kritische Fragen bleiben die Türen verschlossen. Wie ist also der “Beitrag im Strukturwandelprozess der Lausitz” wirklich zu verstehen?

Vom Wesen des postkolonialen Denkmuster: “Domowina freut sich auf das Astrophysik-Zentrum”

>>Hoyte24.de<<

“Domowina freut sich auf das Astrophysik-Zentrum – Dieser sprach von einem großen Erfolg für die Lausitz und insbesondere für die sorbische Region. Die Jugend freue sich auf vielfältige attraktive Berufsperspektiven.”

Angedachter Kohleausstieg und Plattitüden der Domowina: Fehlende Berufsperspektiven & Abwanderung von Sorben

Durch den politisch gewollten Kohleausstieg fallen sehr viele attraktive Berufsperspektiven in der Lausitz und damit auch für Sorben weg. Aber für irgendein Astrophysik-Zentrum, wo vermutlich kaum ein Sorbe je eine Stelle erhalten wird, dafür wird Werbung gemacht. Weshalb gibt sich die Domowina – dazu noch der Vorsitzende –  dafür überhaupt her? Zumal es nicht wirklich ihr Aufgabengebiet streift? Eine Antwort ist sicherlich im Wesen des Postkolonialismus zu suchen. In den letzten Jahren ist die Debatte über Herrschaftsformen des Postkolonialismus zunehmend in den Fokus gerückt.

“Die verschiedenen postmodernen und postkolonialistischen Theorien, die seit den 1980er Jahren entwickelt wurden”

>>Empire – Die neue Weltordnung von Michael Hardt & Antonio Negri (Buch) <<

“Die verschiedenen postmodernen und postkolonialistischen Theorien, die seit den 1980er Jahren entwickelt wurden, erlauben uns einen ersten Blick auf diesen Übergang, doch die von ihnen gewährte Perspektive erweist sich als ziemlich beschränkt. Wie schon das Präfix »post-« andeuten soll, sind die Theoretiker der Postmoderne und des Postkolonialismus unermüdlich damit beschäftigt, die Herrschaftsformen der Vergangenheit und deren Vermächtnis in der Gegenwart zu kritisieren und sich davon zu befreien. Die Postmodernisten kehren ständig zum noch immer wirksamen Einfluss der Aufklärung als Quelle von Herrschaft zurück; die Theoretiker des Postkolonialismus bekämpfen die Überreste kolonialistischen Denkens.”

“Postkolonialismus” – “Herrschaftsformen der Vergangenheit und deren Vermächtnis in der Gegenwart”

Um das Wesen des Kolonialismus besser zu verstehen: Selbst während der offenen Kolonialzeit wurde die Hauptlast der Unterdrückung von den beherrschten Völkern selbst getragen. Nur so konnte das verhältnismäßig kleine Land England einem großen Teil der Welt im 19. Jahrhundert beherrschen. Besonders hervorzuheben sind hierbei Sorben, ein slawisches Volk, das seit vielen Jahrhunderten in seiner Geschichte von Fremdherrschaft gezeichnet ist. Die Diskriminierung geht so weit, dass Sorben oft als Folklorevolk reduziert werden, nur vorgezeigt werden, wenn es um das Bemalen von Ostereiern oder das Osterreiten geht.

„Kommt der Bundespräsident in die Lausitz, erinnert man sich plötzlich an die Sorben“

>>taz<<

“Sorben sind oft: bemalte Eier, Folklore, alte Damen in Trachten. Gibt es eine sorbische Moderne?

Dass diese Frage gestellt wird ist schon ein Problem, weil sie zeigt, wie wenig in der deutschen Mehrheitsgesellschaft über Sorben bekannt ist. Man greift auf uns immer als Klischee zurück. Sorben sind gut, um mit Brot und Salz und in Trachten zu begrüßen. Kommt der Bundespräsident in die Lausitz, erinnert man sich plötzlich an die Sorben. Dabei gibt es bei uns Rockmusik, es gibt Literatur aller Genres, moderne Thea­ter­stücke. Es gibt alles, was unsere deutschen Nachbarn auch haben.”

„Sorben sind oft: bemalte Eier, Folklore, alte Damen in Trachten“

Bei der Außendarstellung von Sorben greift man immer auf die gleichen Klischees zurück – eine merkwürdige Folklore-Darstellung. Diese Verzerrung der Realität wurde schon während der DDR-Zeit praktiziert.

„Ein merkwürdiges Folklore-Bild produziert – Das auch heute wieder Konjunktur hat“

>>Leipziger Volkszeitung<<

„Galten die Sorben nicht offiziell als die Hätschelkinder der DDR?

Nur nach außen. Von den Sorben wurde in der DDR ein merkwürdiges Folklore-Bild produziert, das auch heute wieder Konjunktur hat. Wir Sorben wurden und werden vorgezeigt, wenn’s ums Bemalen von Ostereiern oder das Osterreiten geht. Immer wenn Ostern ist, werden wir als Folklorevolk präsentiert. Dass wir ein Kulturvolk sind mit einer Hochsprache seit der Reformation, das spielt kaum eine Rolle in der Öffentlichkeit.“

„Wir Sorben wurden und werden vorgezeigt“

Dies wird auch ganz offen kommuniziert. Darin stellt sich die Bundesrepublik sich selbst ein Gestaltungsspielraum aus und legt selbst fest wie die “sorbische Kultur und Tradition konkret zu bewahren und zu fördern ist” .

“Gestaltungsspielraum” – im Postkolonialismus? – “Wie die sorbische Kultur und Tradition konkret zu bewahren und zu fördern ist”

>>Deutscher Bundestag (PDF-Datei) <<

“Hinsichtlich der Frage, wie die sorbische Kultur und Tradition konkret zu bewahren und zu fördern ist, wird man der Bundesrepublik Deutschland einen Gestaltungsspielraum zugestehen müssen.”

“Theoretiker des Postkolonialismus bekämpfen die Überreste kolonialistischen Denkens”

Das spiegelt sich auch in konkreten Gesetzen wider, welche sehr klangvoll und vielsagend gestaltet sind.

Plattitüden im Gesetz: “Das Land wirkt auf die Sicherung einer Landesgrenzen übergreifenden kulturellen Autonomie der Sorben/Wenden hin”

>>Deutscher Bundestag (PDF-Datei) <<

“Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände fördern die Verwirklichung dieses Rechtes, insbesondere die kulturelle Eigenständigkeit und die wirksame politische Mitgestaltung des sorbischen/wendischen Volkes. Abs. 2 bestimmt: „Das Land wirkt auf die Sicherung einer Landesgrenzen übergreifenden kulturellen Autonomie der Sorben/Wenden hin.“

Postkolonialismus: Welche konkreten Recht kann der einzelne Sorbe überhaupt vor Gericht einklagen?

Es ist eigentlich eine Nichtaussage. Es “wirkt” auf etwas “hin” – damit sind keine verbindlichen und schon gar keine einklagbaren Recht gemeint. Aber es wird noch besser.

“Vorschriften der Landesverfassungen berechtigten nicht den einzelnen sorbischen/wendischen Bürger, sondern vielmehr das sorbische/wendische Volk”

>>Deutscher Bundestag (PDF-Datei) <<

“In Schrifttum und Rechtsprechung wird überwiegend die Ansicht vertreten, jene Vorschriften der Landesverfassungen berechtigten nicht den einzelnen sorbischen/wendischen Bürger, sondern vielmehr das sorbische/wendische Volk. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit lägen allerdings auch keine subjektiven Kollektivrechte, … “

Lausitzer Sorben – “Mangels eigener Rechtspersönlichkeit”

Der Text geht noch weiter und es wird darin irgendwie schwammig auf die Länder verwiesen. Die Kernaussage lautet aber dennoch: “Mangels eigener Rechtspersönlichkeit” – Die allermeisten oder vielleicht auch alle “wohlmeinend” Gesetze sind nicht auf einzelne Sorben, sondern das Sorbische Volk gemünzt, welche aber keine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Welche Rolle füllt nun also die Domowina aus? Zumal nicht mal der Deutsche Bundestag den Verein als Rechtspersönlichkeit anerkennt. Manchmal lassen sich solche Fragen durch Nicht-Taten beantworten.

“Der Löbauer Dialekt ist hier bereits nicht mehr aufgeführt, weil er schon damals als ausgestorben angesehen wurde”

>>Unionpedia<<

“Löbau und Löbauer Dialekt – Diese Dialektkarte des Sorbischen basiert auf einer Arbeit von Hinc Šewc aus dem Jahre 1968. Der Löbauer Dialekt ist hier bereits nicht mehr aufgeführt, weil er schon damals als ausgestorben angesehen wurde. Der Löbauer Dialekt war ein mittlerweile ausgestorbener südöstlicher Dialekt des Obersorbischen, der bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in den sorbischen Dörfern rund um die Stadt Löbau in der Oberlausitz gesprochen wurde.”

“Löbau und Löbauer Dialekt” – “Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts”

Das Sorbische in der Gegend um Löbau ist unter der “Amtszeit” der Domowina langsam verschwunden. Irgendwelche kritischen Stimmen darüber bleiben hierüber von Seiten der Domowina aus. Eine Wiederbelebung wird ebenso wenig angestrebt. Es könnten noch mehr Beispiele aufgezählt werden. Offenbar sieht sich der Verein innerhalb des Wesen des Postkolonialismus als als eine Art moderner Stadthalter an, welcher die Politik aus Berlin, Dresden und Potsdam in die Lausitz tragen soll. Um eine faire Behandlung aller Menschen in Europa zu gewährleisten, ist es notwendig, dass politische Entscheidungsträger sich stärker für die Rechte der Sorben einsetzen. Nur so können wir postkoloniale Denkmuster überwinden und ein modernes Europa schaffen, in dem alle Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit gleichermaßen respektiert und unterstützt werden.