Lausitzer Geschichte: Der Gasthof „Zum Schwarzen Ross“ bei Fischbach
An der Bautzener Landstraße, da, wo diese vom Fahrwege, der von Fischbach nach Wilschdorf führt, gekreuzt wird, steht ein jahrhundertalter Gasthof, der weithin unter dem Namen „Zum Schwarzen Roß“ bekannt ist.
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Von Friedrich Bernhard Störzner
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Dieses Gasthaus, in früheren Zeiten „Zur weißen Rose“ genannt, gehört zu dem daneben gelegenen Gute und ist mit diesem seit Jahrhunderten verbunden gewesen. Vor der Mitte des 19. Jahrhunderts standen die Gutsgebäude nicht südlich, sondern nördlich vom Gasthause und zwar da, wo heute die Kegelbahn, der anstoßende Obst- und Gemüsegarten sich befinden. Die Stelle der Kegelbahn nahm das ehemalige Schlachthaus ein. Im Obstgarten standen die Ställe. Über der Haustüre des altehrwürdigen Gasthauses befinden sich die Jahreszahl 1773 und ein kleines, in Stein gehauenes schwarzes Roß, dazu die Buchstaben G. C. F. V. Das Gebäude hat sich trotz der Jahre sehr gut erhalten.
Mancher Kriegssturm umtobte dieses Gasthaus. Hier vorüber zogen während der Freiheitskriege Tausende von Kriegern, Freunde und Feinde. Oft häuften sich die Einquartierungen so, daß kaum noch ein einziger Mann untergebracht werden konnte. Wiederholt nahmen im „Schwarzen Roß“ auch hohe Offiziere Quartier, selbst Fürstlichkeiten rasteten hier, z. B. Alexander von Rußland, auch Napoleon. Hier eilte Napoleon, als er aus dem brennenden Moskau floh, als Flüchtling vorüber. Nach einigen Wochen kam auch das Heer, welches Napoleon im Stiche gelassen hatte, traurige Reste der stolzen Legionen, die dem blutigen Korsen Rußland erobern sollten.
Im Frühjahre 1813 kam Napoleon, der in Frankreich rasch ein neues Heer gesammelt hatte, wieder. Für die Orte an der Bautzener Straße sollten nun die schrecklichsten Tage kommen. Vom 2. Mai 1813 bis Ende desselben Jahres hörten auf der Bautzener Landstraße die Durchmärsche und im „Schwarzen Roß“ die Einquartierung und „Drangsalierung“ nicht auf. Wenn das alte Gebäude reden könnte, von wieviel Not damaliger Zeit würde es uns erzählen!
Die russische Armee war bei Dresden von den Franzosen zurückgedrängt worden. Napoleon hatte den Übergang über die Elbe erzwungen und jagte die Russen vor sich her. Bei Bühlau und Weißig kam es am 11. Mai 1813 zum Treffen, die Russen wurden abermals geschlagen. Sie zogen sich auf der Bautzener Straße immer mehr zurück. Bei Fischbach, in unmittelbarer Nähe des „Schwarzen Rosses“ und der jetzigen Oberförsterei, machten sie Halt. Die Nacht war angebrochen. Am 12. Mai 1813, früh 8 Uhr, begann hier und bei Arnsdorf das Gefecht abermals. Die Russen versuchten die nachdringenden Franzosen aufzuhalten, allein vergebens. Erst auf dem Kapellenberge bei Schmiedefeld konnten die Russen auf einige Stunden festen Fuß fassen. Bald aber entspann sich ein mörderischer Kampf, in dem auch Schmiedefeld ein Raub der Flammen wurde. Die Bewohner aus Fischbach, Wilschdorf, Schmiedefeld und den benachbarten Orten hatten schon Tage vorher Zuflucht in den nahen Wäldern genommen, wohin sie auch ihr Vieh und ihre Habseligkeiten, um sie vor der Raubgier der Feinde sicherzustellen, gebracht hatten.
Von Ende Mai bis zum Oktober wurden auf der Bautzener Straße am „Schwarzen Roß“ vorüber Tausende von Verwundeten auf Schiebeböcken und Karren in das Hauptlazarett nach Dresden gebracht. Aus der Umgegend mußten Karren gestellt werden, so an einem einzigen Tage im Juni aus den beiden Ämtern Radeberg und Stolpen über 3000 Schiebeböcke mit Bemannung. Die Gasthöfe zum „Fuchs“ und zum „Schwarzen Roß“ waren die Punkte, an welchen die Beorderten einzutreffen hatten.
Bis zur Eröffnung der Schlesischen Bahnlinie 1846 herrschte reger Verkehr im Gasthause „Zum Schwarzen Rosse“. Vor dieser Zeit wurden die Frachtgüter zwischen dem Osten und Westen unseres Vaterlandes mittels Fuhrwerken befördert. Die Bautzener Landstraße war diejenige, welche den Hauptverkehr hatte. Das „Schwarze Roß“ bildete in jener Zeit eine wichtige Station für die Fuhrleute und für das reisende Publikum. Oftmals waren hier so viele Wagen aufgestellt, daß die Wagenreihe vom Gasthause bis hinauf zum ehemaligen Chausseehause an der Kreuzung der Bautzener und Stolpener Straße reichte. An manchen Abenden waren über 100 Pferde unterzubringen und fast ebensoviel Personen.
Mit besonderer Vorliebe blieben hier im „Schwarzen Roß“ die polnischen Juden, welche die Leipziger Messe bezogen. Dieselben hatten ihr Gastzimmer für sich; dasselbe besteht heute noch, freilich ist es jetzt die Geschirrkammer geworden. Die eigentliche Gaststube war damals viel größer als gegenwärtig. Ein großer Teil derselben ist zur Küche eingerichtet und abgetrennt worden. Täglich wurden damals 1 bis 2 Zentner Fleisch verspeist und mehrere „Eimer“ Bier verzapft. Aus allen Gegenden trafen die Reisenden hier zusammen. Mit dem Jahre 1846 wurde es aber, wie schon erwähnt, anders. Von Jahr zu Jahr stellten sich weniger Fuhrleute ein, und zuletzt blieben sie ganz aus. Doch hat darum das „Schwarze Roß“ noch immer seine Gäste, und gern nimmt der Wanderer unter den schattigen Bäumen im Garten, auf der „Wilhelmshöhe“, einem erhöhten Platze zwischen den Kronen einiger Linden, wohin man auf einer Treppe gelangt, oder am braunen Tische in der Gaststube Platz.
Auch am Abend finden sich stets treue Stammgäste im „Schwarzen Roß“ ein. Wer Sinn für die Vergangenheit hat, wer noch die ländliche Einfachheit liebt, der hält gern hier Rast und fühlt sich hier äußerst wohl. Freilich, es werden die Räume dieses altehrwürdigen Gasthofes für den Wanderer nicht allzulange mehr geöffnet sein. Die Gasträume entsprechen heute nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften und Bedingungen, darum ist im Monate Juli 1902 der Grundstein zu einem neuen Gebäude gelegt worden, das nur wenige Schritte von diesem alten Gasthause aufgeführt wurde. In dem neuen Gebäude wird künftig der Wanderer Erholung finden. Der neue Gasthof „Zum Schwarzen Roß“ soll im Spätherbste 1902 dem Verkehre übergeben werden. Die Räume des alten Gasthofes werden dann für immer geschlossen.
Das ist nunmehr geschehen und zwar am 27. Februar 1903. An diesem Tage wurden die Räume des alten Gasthofes zum „Schwarzen Roß“ für den öffentlichen Verkehr geschlossen und die Räume des neuen, schmuckeren Gasthofes, der zur Erinnerung aber auch den Namen „Zum Schwarzen Roß“ führt, bezogen. – Am 16. Juni 1903, abends 9 Uhr, kam der alte Gasthof in große Gefahr. In den angrenzenden Scheunen war Feuer ausgebrochen, das wütend um sich griff und auch den westlichen Giebel des alten Gasthofes in Brand steckte. Doch gelang es dem energischen Eingreifen der Feuerwehren, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Über 20 Spritzen aus stundenweiter Entfernung waren herbeigeeilt. Das altehrwürdige Gebäude wurde zwar etwas beschädigt, ist aber erhalten geblieben, und seine Räume dienen jetzt Sommerfrischlern zum Aufenthalt.