Kriminalität in der Lausitz: Warum immer weniger Straftaten bei der Polizei angezeigt werden
Immer wenn die aktuelle Kriminalitätsstatistik heraus kommt: Dann ist meist die Kriminalität gesunken. Alles ist sicher und alles ist gut: So oder ähnlich wird dann landauf und landab die „frohe Botschaft“ verkündet. Übrig soll nur das subjektive Gefühl einer „gefühlte Unsicherheit“ zurück bleiben.
Bedrohlich – Kriminalität in der Lausitz: Die verschwiegene Realität
Allerdings sagt die Kriminalitätsstatistik nur ansatzweise etwas über Kriminalität aus: Denn deren Kriterien werden regelmäßig geändert und nicht mal die angezeigten Straftaten bei der Staatsanwaltschaft tauchen darin auf. Schon alleine wegen der vielen Änderungen verbieten sich Vergleiche mit Vergangenheit von der Sache heraus.
Was hinter der „gefühlte Unsicherheit“ wirklich steckt
Denn in Wirklichkeit sieht die Lage sehr Bedrohlich aus. Kurzum: Hinter den subjektiven Unsicherheitsgefühl vieler Menschen findet sich eine reale Hintergrund wieder. Auch das Vertrauen in die Sicherheitskräfte ist nicht sonderlich stark ausgeprägt und sogar das Stellen von Strafanzeigen – bei tatsächlich begangenen Straftaten – geht kontinuierlich zurück: Dazu muss man nur den Wortlaut von Straftaten etwas genauer lesen. Oder: Zwischen den Zeilen lesen.
„Opfer mit einem Messer in Arme und Bauch gestochen“
„27-Jähriger in Cottbus niedergestochen – Er sei von zwei Männer und einer Frau angepöbelt worden, so die Polizei. Dann wurde dem Opfer mit einem Messer in Arme und Bauch gestochen.“
„27-Jähriger in Cottbus niedergestochen“
„Wurde Jugendlicher mit Waffe bedroht? … „Ermittler vernahmen den Hinweisgeber und gehen seinen Beobachtungen nun weiter nach. Die Kriminalpolizei befasst sich mit den Geschehnissen und nahm eine Anzeige wegen Bedrohung auf.“
„
„Wurde Jugendlicher mit Waffe bedroht?“
„Wurde Jugendlicher mit Waffe bedroht?“ – Interessant an der Meldung ist weniger das Ereignis selbst, sonder vielmehr was gewissermaßen zwischen den Zeilen steht: „vernahmen den Hinweisgeber und gehen seinen Beobachtungen nun weiter nach“ – Kurzum, das Opfer hat offenbar gar keine Anzeige erstattet. Jene Straftat soll von einen anonymen „Hinweisgeber“ respektive Zeugen gekommen sein. Vermutlich nahm erst daraufhin die Polizei eine Anzeige auf.
„Ermittler vernahmen den Hinweisgeber“ – Was zwischen den Zeilen steht
Parallelen finden sich auch beim Messerangriff von Cottbus wieder: Da das Opfer – wegen seiner schweren Verletzungen – ins Krankenhaus musste, tauchte natürlich in der Klinik die logische Frage auf: Was überhaupt passiert sei? Danach wird für gewöhnlich die Polizei hinzu gerufen und die nimmt selbstredend eine Anzeige auf.
Warum das Anzeigeverhalten schwach ausgeprägt ist
Tatsächlich ist das Anzeigeverhalten eher schwach ausgeprägt. Die Gründe hierfür fallen mannigfaltig aus. In der Regel schnüffelt die herbei gerufene Polizei noch weiter herum und ganz schnell kann das Opfer selbst eine Anzeige bekommen. Aber der Hauptgrund dürfte ein ganz anderer sein.
Vandalismus oder Sachbeschädigung: Ungefähr jede vierte Tat kommt überhaupt zur Anzeige
>>Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (PDF-Datei) <<
„Vergleicht man das Anzeigeverhalten der vorangegangenen Befragungen mit den aktuellen Zahlen, ist die Bereitschaft zur Anzeige weiter zurückgegangen. … Bei Einbruchdiebstählen wurden noch vor 10 Jahren knapp 85 Prozent angezeigt. Damit lag das Dunkelfeld bei nur 15 Prozent. 2016 erstatteten die Unternehmen nur noch in knapp 55 Prozent der Fälle Anzeige bei der Polizei. Damit werden rund 45 Prozent der Einbruchdiebstähle bei Unternehmen in Berlin und Brandenburg nicht in der Kriminalstatistik erfasst. … Bei Vandalismus/Sachbeschädigung sind bei der letzten Umfrage knapp 28 Prozent der Delikte von den Unternehmen angezeigt worden. … Das Dunkelfeld bei Diebstählen ist mit rund 65 Prozent weiter sehr hoch. Wie bei den meisten Delikten ist auch bei den Diebstählen die Anzeigewilligkeit weiter gesunken.“
Einbruchdiebstahl: „Knapp 55 Prozent der Fälle Anzeige bei der Polizei“
Die Zahlen sind selbsterklärend. Bei Vandalismus oder Sachbeschädigung kommt ungefähr nur jede vierte Tat überhaupt zur Anzeige. Selbst bei schweren Delikten wie Einbruchdiebstählen fällt die Anzeigebereitschaft gering aus: Rund die Hälfte aller Opfer finden ihren Weg zu Polizei hin.
Hauptgrund für Anzeigen bei der Polizei: Ohne Polizeianzeige zahlt keine Versicherung?
Zudem muss bei solchen kriminellen Delikten der Umstand berücksichtigt werden: Viele Anzeigen gelangen vermutlich nur deswegen zur Polizei hin, weil die Versicherung sonst nicht zahlen würde: Denn sofern eine Versicherung vorhanden sei, zahlt diese nur unter der Voraussetzung, dass die Tat auch wirklich angezeigt wurde. Ansonsten würde man sich den Verdacht des Versicherungsbetruges aussetzen.
2,6 Prozent – Die Aufklärungsquote bei Einbrüchen
Die Aufklärungsquote bei Einbrüchen bewegt sich nämlich auf konstant niedrigen Niveau: Nur 2,6 Prozent aller Einbrüche werden tatsächlich am Ende aufgeklärt. Die Opfer von Einbrüchen glauben vermutlich selbst nicht so recht daran, dass die Täter sich vor einem Gericht verantworten müssen. Zwar wird weiterhin die Kriminalität weitestgehend – in Form der „gefühlte Unsicherheit“ – amtlich geleugnet: Doch immer weniger Menschen glauben daran, was das Anzeigeverhalten eindrucksvoll bestätigt.