“Was werden Sie tun?” – “Vernehmungsfolter oder positiv als Rettungsfolter bezeichnet”

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Rettungsfolter zur Gefahrenabwehr Rettungsfolter ist ein viel diskutiertes Thema, das von Befürwortern emsig voran getrieben wird. Hinter verschlossenen Türen findet teil verdeckt oder offen bereits Folter statt. Sogar Ärzte werden schon mal in der Fachliteratur auf das Thema eingeschworen.

“Sie werden als Arzt gebeten, bei einer Vernehmung beratend teilnehmen, bei der auch „härtere Methoden“ angewendet werden”

>>Bevölkerungsschutz von Harald Karutz, Wolfram Geier, Thomas Mitschke (Buch) <<

“Bei einer terroristischen Bedrohungslage wird ein Mann aufgegriffen, der wahrscheinlich zu den Terroristen gehört und über Wissen zu anderen Terroristen und konkreten Planungen verfügen könnte. Seine Informationen könnten staatlichen Organen erlauben, geplante Anschläge zu verhindern. Der Mann ist nicht aussagewillig; eine sehr baldige Bedrohung kann nicht ausgeschlossen werden. Sie werden als Arzt gebeten, bei einer Vernehmung beratend teilnehmen, bei der auch „härtere Methoden“ angewendet werden könnten wie etwa schmerzhafte Fesselung, Erniedrigung, Zufügen körperlicher Schmerzen und Androhung noch schwererer Folter oder eine simulierte Exekution. Diese Methoden sind von allen zivilisierten Staaten verboten und in der internationalen Staatengemeinschaft geächtet. Durch Ihre Teilnahme könnten Hunderte oder mehrere Tausend Menschenleben gerettet und die Zwangsvernehmung so vollzogen werden, dass das Überleben des mutmaßlichen Mitwissers gesichert wird. Was werden Sie tun? Die Vernehmungsfolter oder positiv als Rettungsfolter bezeichnet, gleich ob seelisch oder körperlich, ist international geächtet.”

“Vernehmungsfolter oder positiv als Rettungsfolter bezeichnet”

Es ist eine spezielle Art der Vernehmungsfolter, die im Falle einer unmittelbaren Gefahr für Menschenleben angewendet werden kann, um Informationen zu erhalten, die es ermöglichen, diese Gefahr abzuwehren. Während für viele Rettungsfolter eine Aktion ist, die gerechtfertigt erscheint – da sie dazu beitragen soll, Menschenleben zu retten – wird sie von anderen als etwas betrachtet, das gegen den Anspruch auf Achtung der Menschenwürde verstößt. Doch in der Praxis wird mit eher schlichten Bandagen gearbeitet.

“Absonderlichkeiten aus der Verhörstube – Drohungen, Vorwürfe und eine Pistole”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Absonderlichkeiten aus der Verhörstube – Drohungen, Vorwürfe und eine Pistole: Weil ein Schrotthändler absonderliche Verhörmethoden anprangert, wird er wegen Verleumdung angezeigt. … “Wir können auch anders”, soll der Polizeibeamte gesagt haben, und dann habe er dem Zeugen, der nicht so aussagte, wie die Polizei sich das gewünscht hatte, seine Dienstpistole an den Kopf gehalten.”

Polizei: “Wir können auch anders” – “Seine Dienstpistole an den Kopf gehalten”

Die Aussage des Schrotthändlers war gelogen und selbst der ermittelte Mordfall stellte sich am Ende als Selbstmorddurch einen Zufallsfund – heraus. Augenscheinlich sollte nur auf schnelle Weise ein “Geständnis” herbei geführt werden. – Klingt absurd? Teilweise gibt es die Polizei selbst offen zu.

“Sperren sie ihn 24 Stunden in eine Zelle” “Ohne Haftbefehl möglich”

>>Bild<<

“Der Zellen-Trick – Ist die Polizei von der Schuld eines Kriminellen überzeugt, der bisher noch nie in Haft gesessen hat, sperren sie ihn 24 Stunden in eine Zelle. Denn so lange ist das ohne Haftbefehl möglich. Unter dem Eindruck von kalten Betonwänden und Gitterstäben beginnt der eine oder andere dann doch zu singen … “

“Unter dem Eindruck von kalten Betonwänden und Gitterstäben beginnt der eine oder andere dann doch zu singen”

Auch andere Indizien zeigen in genau dieselbe Richtung hin. Alleine die Menschen, welche sehr lange in Untersuchungshaft sitzen, sprechen eine eindeutige Sprache.

“Feh­lende Richter führen zur Frei­las­sung von Gefan­genen”

>>Legal Tribune Online<<

“Feh­lende Richter führen zur Frei­las­sung von Gefan­genen – Das OLG Frankfurt hat die Entlassung von sechs mutmaßlichen Gewaltverbrechern aus der Untersuchungshaft angeordnet. Grund dafür war nicht etwa ein Wegfall der Flucht- oder Verdunklungsgefahr, sondern die überlange Dauer des Verfahrens.”

Überlange Untersuchungshaft – Feh­lende Richter oder Beschuldigte im Gefängnis zum Geständnis bewegen?

Indes scheinen die Begründungen der “fehlenden Richter” eher vorgeschoben zu sein: Denn zur Verhängung der Untersuchungshaft ist ebenfalls ein Richter nötig, welche offenbar nicht gefehlt hat. Oder in anderen Worten ausgedrückt: “Unter dem Eindruck von kalten Betonwänden und Gitterstäben beginnt der eine oder andere dann doch zu singen … ” Dies schafft eine interessante Diskussion darüber, ob Rettungsfolter in bestimmten Situationen akzeptabel und rechtfertigbar sein kann oder nicht. Ein besonderes Gewicht nimmt hierbei die sogenannte “Weiße Folte” ein.

“Wirksame Foltermethode, jemanden in einen schallisolierten, dunklen Raum einzusperren und so mit einer totalen Stille zu konfrontieren”

>>Stille von Sigrid Engelbrecht (Buch) <<

“Nicht von ungefähr ist es eine wirksame Foltermethode, jemanden in einen schallisolierten, dunklen Raum einzusperren und so mit einer totalen Stille zu konfrontieren. Diese sogenannte »Weiße Folter« – unter dem Begriff versteht man Foltermethoden, die wenig bis überhaupt nicht schlüssig nachzuweisen sind, die jedoch insbesondere die Psyche stark in Mitleidenschaft ziehen – macht sich das Phänomen zunutze, dass unser Gehirn mit kompletter äußerer Stille überfordert ist. Unwillkürlich werden ständig Laute antizipiert. Vielfach wird auf das Fehlen jeglichen Geräusches mit Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen oder auch Halluzinationen reagiert.”

“Sogenannte »Weiße Folter« – unter dem Begriff versteht man Foltermethoden, die wenig bis überhaupt nicht schlüssig nachzuweisen sind”

Die schon heute gängigen Methoden der Untersuchungshaft ließe sich also leicht in eine “andere Richtung” weiterentwickeln. Teilweise wird die offizielle Einführung mit Folter, teilweise mit Abhörmaßnahmen gleichgesetzt.

“Rettungsfolter” – “Von subjektiven ethischen Überzeugungen abhängig”

>>Verdeckte strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen von Thomas A Bode (Buch) <<

“Zwar findet keine Abwägung der Menschenwürde gegen Sicherheitsinteressen statt, aber der Begriff der Menschenwürde bzw. der Menschenwürdeverletzung wird eng ausgelegt, so dass das Abhören von Gesprächen nicht unbedingt dazu gehört. Alexy unterscheidet zwischen Menschenwürdeprinzip, das auch gegen andere Prinzipien abgewogen werden darf und dem Ergebnis dieser Abwägung, der Menschenwürderegel, die nicht mehr der Abwägung offen stehe, vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 96 f. Vgl. dazu auch den Streit um die Abwägbarkeit der Menschenwürde unter § 8, IV, 3, b). Aus einem ähnlichen Ansatz leitet Brugger, JZ 2000, S. 165 f., ab, dass die Folter von Terroristen unter bestimmten Umständen (sog. Rettungsfolter zur Gefahrenabwehr) nicht gegen die Menschenwürde verstoße. Die Menschenwürde ist dann trotz Einsatz eines grundsätzlich verwerflichen Mittels nicht berührt, wenn bestimmte Gründe vorliegen. Dass die „Rettungsfolter“ nach h. M. gegen den Anspruch auf Achtung der Menschenwürde verstößt, ist nicht von dogmatischen Gesichtspunkten, sondern von subjektiven ethischen Überzeugungen abhängig.”

“Die Polizei auf Nothilfe berufen” – Folter wieder gesetzlich erlaubt?

Wenn Abhörmaßnahmen keine Menschenwürdeverletzung darstellen, warum sollte es dann Folter sein? – So oder ähnlich wird unter Befürworten diskutiert. Es wird häufig in die Richtung diskutiert: In Fällen, in denen sich Menschen in extremer Not befinden und nur durch die Anwendung dieser Maßnahme gerettet werden können, kann Rettungsfolter tatsächlich als notwendig betrachtet werden. In solchen Situationen kann Rettungsfolter somit als notstandsrechtfertigende Maßnahme betrachtet werden. Ohnehin ist innerhalb von Fachkreisen die Diskussion schon weit fortgeschritten.

“Es gibt physische und psychische Folter, dabei ist jedoch keine klare Trennung möglich”

>>Justus-Liebig-Universität Gießen (PDF-Datei) <<

“Es gibt physische und psychische Folter, dabei ist jedoch keine klare Trennung möglich. Denn auch wenn physische Folter darauf abzielt, dem Körper des Opfers Schmerzen zuzufügen, psychische hingegen, den Willen durch mehr oder minder raffinierte Methoden zu brechen, gibt es dennoch starke Überschneidungen. So bestand im Mittelalter die erste Stufe der körperlichen Folter darin, dem Opfer die Folterinstrumente lediglich zu zeigen und zielte somit allein auf dessen Psyche ab. Umgekehrt kommen psychische Foltermethoden wie die klassische Gehirnwäsche nicht ohne erhebliche körperliche Eingriffe aus. Dennoch hinterlassen psychische Foltermethoden weniger Spuren als körperliche und sind damit nur schwer nachweisbar. Dies wiederum kommt Regimen entgegen, die sich keiner internationalen Kritik aussetzen wollen. Dementsprechend hat in den 70er Jahren ein Trend zu „sauberer Folter“ (auch: weiße Folter) eingesetzt. Körperliche Foltermethoden wurden zunehmend durch psychische ergänzt oder ersetzt.”

“Im Mittelalter die erste Stufe der körperlichen Folter darin, dem Opfer die Folterinstrumente lediglich zu zeigen und zielte somit allein auf dessen Psyche ab”

Vermutlich wird die Folter unter anderen Namen daherkommen. Im Mittelalter hat es nicht Folter, sondern peinlich Befragung und in neuerer Zeit erweiterte Verhörtechniken geheißen. Obwohl es vermutlich viele Polizisten, Richter und Staatsanwälte gibt, welche für die Einführung der Rettungsfolter argumentieren, haben sie sich (noch) nicht durchgesetzt. Die Kritiker spiegeln offensichtlich eher eine Minderheitenposition wider.