“Von Wehrgerechtigkeit kann keine Rede sein” – Steht die Wiedereinführung bevor?

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Wehrpflicht und Wehrgerechtigkeit – Es kann als ein hölzernes Lehrstück über rechtsstaatliche Verantwortungslosigkeit gesehen werden. Es war schon immer sehr deutlich, dass die Wehrpflicht in Deutschland nicht gerecht und ineffektiv ist. Nach Vorstellungen von gewisser gesellschaftliche Kreise sollen junge Mann der Bundeswehr dienen, nach der Freiwilligkeit wird immer seltener gefragt.

“Weniger als die Hälfte der wehrtauglichen und -willigen jungen Männer wird einberufen”

>>Die Kanzlerin von Ursula Weidenfeld Ursula Weidenfeld (Buch) <<

“Als Angela Merkel Kanzlerin wird, existiert die Wehrpflicht noch, jedenfalls auf dem Papier. Neun Monate sollte jeder junge Mann in der Bundeswehr dienen müssen. Diese Pflicht ist allerdings schon zur Jahrtausendwende keine echte allgemeine Wehrpflicht mehr. Weniger als die Hälfte der wehrtauglichen und -willigen jungen Männer wird einberufen, von Wehrgerechtigkeit kann keine Rede sein. Dazu kommt, dass die Wehrpflicht teuer und personalintensiv ist.”

“Von Wehrgerechtigkeit kann keine Rede sein”

Doch diese Pflicht ist keine echte allgemeine Wehrpflicht, da nur Teile der wehrtauglichen Männer einberufen werden. Von Wehrgerechtigkeit kann also keine Rede sein. Die Wehrpflicht ist teuer und personalintensiv. Tatsächlich zeigt sich, dass nur eine Minderheit der jungen Männer bereit ist, zur Bundeswehr zu gehen.

“Ich habe allerdings sehen müssen, dass sich die Frage der Wehrgerechtigkeit massiv stellte”

>>Endspurt von Wolfgang Bosbach (Buch) <<

“Ich habe allerdings sehen müssen, dass sich die Frage der Wehrgerechtigkeit massiv stellte. Wenn nur noch zwanzig oder dreißig Prozent eines Jahrgangs eingezogen werden, dann kann man in einer Bürgersprechstunde nicht mehr plausibel erklären, warum der eine junge Mann zum Bund muss, seine beiden Freunde aber nicht. Die Wehrpflicht war nicht mehr zu halten. Neben der Frage der Wehrgerechtigkeit gab es auch zunehmende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht. Die Bundeswehr ist ja ausdrücklich zum Zwecke der Landesverteidigung gegründet worden. Doch ihre Aufgaben haben sich deutlich verändert.”

“Die Bundeswehr ist ja ausdrücklich zum Zwecke der Landesverteidigung gegründet worden”

In der Vergangenheit waren sogar in der “Champagner-Einheit” vor allem Söhne privilegierter Familien vertreten, um sich den Kriegsdienst zu entziehen. Das ist recht eindrucksvoll in der Biographie mancher bekannter Persönlichkeit nachzulesen.

„Champagner-Einheit“ – „Für die Söhne privilegierter Familien“

>>Spiegel<<

„Bushs Wehrdienst – Er war oft betrunken, griff seinen Vater an, verlor seine Fluglizenz … Im Zentrum stehen die Zweifel an seinem Vietnam-Ersatzdienst in der US-Nationalgarde. … Sie nannten sie die „Champagner-Einheit“. Das in Texas stationierte 147. Fliegerschwadron der US-Nationalgarde galt im Vietnamkrieg als Fluchtburg für die Söhne privilegierter Familien, die nicht an die Front wollten.“

„US-Nationalgarde galt im Vietnamkrieg als Fluchtburg“

Bushs Wehrdienst” soll wohl noch mehr Merkwürdigkeiten enthalten haben. Bei der Recherche zu einen Film sind offenkundig noch ganz andere Dinge hervorgekommen.

“Bushs Personalakten klafft irgendwie ein Anwesenheitsloch zwischen Mai 1972 und Mai 1973” 

>>Welt<<

“Auch jetzt müssen Redford-Fans wieder ganz schön die Zähne zusammenbeißen. „Truth – Der Moment der Wahrheit“, bei dem James Vanderbilt Regie führte, dauert satte zwei Stunden und ist George W. Bush gewidmet. Der sich mithilfe einflussreicher Freunde der Familie während des Vietnamkriegs in der Etappe einrichten konnte. Bei der in Texas stationierten 147. Fliegerschwadron der US-Nationalgarde, die man damals die „Champagner-Einheit“ nannte. Was nur zu gut passt, denn in Bushs Personalakten klafft irgendwie ein Anwesenheitsloch zwischen Mai 1972 und Mai 1973 – das ist die Zeit, in der George Walker Bush am heftigsten getrunken hat, wie er später selbst einräumte. Einer seiner Vorgesetzten, Oberstleutnant William Harris, schrieb in einer Beurteilung vom Mai 1973 lakonisch, dass Bush „die Basis am 15. Mai 1972 verlassen“ habe und dann „in dieser Einheit nicht mehr gesichtet“ worden sei. Darunter tippte Schwadronskommandeur Jerry Killian: „Ich stimme dieser Bemerkung zu.“

“Bush „die Basis am 15. Mai 1972 verlassen“ habe und dann „in dieser Einheit nicht mehr gesichtet“ worden sei”

Im Zuge dessen bleibt die Frage offen: Ob und wie lange der ehemalige Präsident der USA wirklich bei der US-Armee gedient habe? Interessant ist auch die Gleichgültigkeit der Obrigkeit zu sehen. Bei Söhnen aus weniger privilegierten Kreisen wird Fahnenflucht streng bestraft. Tatsächlich sind auch im deutschen Wehrpflichtgesetz – beispielsweise unter Paragraph 3 – interessante Ausnahmen zu lesen.

“Genehmigung des zuständigen Karrierecenters der Bundeswehr einzuholen, wenn sie die Bundesrepublik Deutschland länger als drei Monate verlassen wollen”

>>Wehrpflichtgesetz<<

“Männliche Personen haben nach Vollendung des 17. Lebensjahres eine Genehmigung des zuständigen Karrierecenters der Bundeswehr einzuholen, wenn sie die Bundesrepublik Deutschland länger als drei Monate verlassen wollen, ohne dass die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 bereits vorliegen. Das Gleiche gilt, wenn sie über einen genehmigten Zeitraum hinaus außerhalb der Bundesrepublik Deutschland verbleiben wollen oder einen nicht genehmigungspflichtigen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland über drei Monate ausdehnen wollen. … Das Bundesministerium der Verteidigung kann Ausnahmen von der Genehmigungspflicht zulassen.”

“Das Bundesministerium der Verteidigung kann Ausnahmen von der Genehmigungspflicht zulassen”

Das gesamte Wehrpflichtgesetz ist eine Mischung aus drastischen Eingriffen in die persönliche Lebensführung und zahllosen Ausnahmen, sowie Sonderregelungen. Diese spiegelt mehr eine rechtsstaatliche Verantwortungslosigkeit wider, wo sich elitäre Kreise und deren Kinder einfach aus der Affäre ziehen. Entweder indem sie die Wehrpflicht überhaupt nicht antreten oder irgendwo pro Forma Dienst tun. Tatsächlich sind augenscheinlich die Weichen wieder auf Wehrpflicht gestellt und interne Vorbereitung zur Wiedereinführung scheinen bereits in der Umsetzung zu sein.