Strukturwandel: Statt gut bezahlter Industriearbeitsplätze nur noch “ein gutes Umfeld schaffen” ?
Strukturwandel – Manchmal ist es besser zuerst nicht nach vorn, sondern zurück zu schauen. Denn die Lausitz hat schon einmal einen Strukturwandel nach der Wiedervereinigung erlebt. Zu dieser Zeit wurden im Zittau noch Lastkraftwaagen der Marke Robur produziert. Diese Nutzfahrzeuge wurden weltweit verkauft und heutzutage kann der Verfall des Werkes – sofern noch vorhanden – besichtigt werden. Das Konzept mit irgendwelchen Ersatzarbeitsplätzen kann als gescheitert angesehen werden. Auch der gegenwärtige Strukturwandel wird genau jenen Prozess durchlaufen.
Im Umlauf: Ominöse Papiere von sogenannten Ersatzarbeitsplätze
„Tausende neuer Jobs sollen als Ersatz für die Braunkohleindustrie entstehen. Darauf haben sich Bund und Länder in Eckpunkten für ein „Strukturstärkungsgesetz“ geeinigt. „Ziel der Bundesregierung ist der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen und vom Strukturwandel betroffenen Regionen im Umfang von 5.000 Arbeitsplätzen innerhalb von zehn Jahren“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt.“
„5.000 Arbeitsplätzen innerhalb von zehn Jahren“ – Und woher?
Tatsächlich hat sich dieses Konzept schon längst überlebt. Von Ersatzarbeitsplätzen nur noch wenige Verantwortliche augenscheinlich etwas wissen: Stattdessen soll nun eine andere Wortwahl etabliert werden.
“Sinnlos verpulvert?” – “Struktur-Milliarden” – “Freizeitbad, Schmalspurbahn und Kitas”
“Freizeitbad, Schmalspurbahn und Kitas: Werden die Struktur-Milliarden für Sachsen sinnlos verpulvert? … In die sächsischen Kohle-Regionen soll viel Fördergeld fließen, doch aus Sicht der Opposition bringt das kaum neue Arbeitsplätze. Stattdessen würde der Freistaat in Schwimmbäder, Kitas und Sanierungen investieren. Die Regierung hält dagegen: Sie wolle nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern auch ein gutes Umfeld schaffen.”
“Struktur-Milliarden” – “Ein gutes Umfeld schaffen”
Also nur noch ein gutes Umfeld schaffen? Trotz Unsumme ist bis heute kein tragfähiges wirtschaftliches Konzept erkennbar. Normalerweise wäre eigentlich längst die Schwelle zum Subventionsbetrug erreicht.
Grundgesetz: “Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet”
Aber vielleicht sollte man mal zuerst die Ausgangslage beleuchten. Im Artikel 72 des Grundgesetz ist die “Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet” geregelt. Doch schon lange vor jeder Kohleausstiegsdiskusion war die Lausitz als verhältnismäßig strukturschwache Region bekannt. Das Lausitzer Revier – einschließlich Zulieferfirmen – hat mit weiten Abstand für viele gut bezahlte Arbeitsplätze gesorgt.
“Die Lausitz: Landschaftlich eine Oase, wirschaftlich eher Wüste”
“Die Lausitz: Landschaftlich eine Oase, wirschaftlich eher Wüste. Industriezentren Fehlanzeige, Dauerplatz im Keller des deutschen Lohnatlas, Infrastruktur mit Aufholbedarf. Die Folgen: schleichende Abwanderung, Überalterung, Verödung. … Das Braunkohlerevier als größter Arbeitgeber der Region schafft hier den Gegentrend zur Landflucht. Industriearbeitsplätze mit Tariflohn und vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten sind entscheidend, wenn es darum geht, ob die Jungen gehen oder bleiben.”
“Die Lausitz” – “Industriezentren Fehlanzeige, Dauerplatz im Keller des deutschen Lohnatlas”
In Wirklichkeit nehmen Schwimmbäder, Dampfkoks und andere Freizeiteinrichtung nur eine Randstellung ein. Vielmehr sind gut bezahlte Industriearbeitsplätze wichtig. Und genau das geben die betroffenen Leag-Azubis auch ohne Umschweife selbst zu.
“Studie: Leag-Azubis sorgen sich um gute Jobs
“Studie: Leag-Azubis sorgen sich um gute Jobs – Eine deutliche Mehrheit der Auszubildenden beim Lausitzer Energieunternehmen Leag sieht einer Studie zufolge die Region heute oder in naher Zukunft vom Strukturwandel betroffen. 83 Prozent der Befragten rechnen damit, dass sich mit dem Ausstieg aus der Kohle die Verfügbarkeit guter Arbeitsplätze in der Region verschlechtern wird, wie eine Befragung des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) unter Leag-Auszubildenden ergab.”
“Ausstieg aus der Kohle” – “Verfügbarkeit guter Arbeitsplätze in der Region verschlechtern wird”
Insofern ist das Schicksal des Lausitzers Reviers mit den ehemaligen Robur-Werken enge miteinander verbunden. Nur dass man bei Robur schon mindestens zwei Schritte weiter ist.