Nepal: Christen bedroht und gedemütigt

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Belästigungen und Sachbeschädigungen durch Hindu-Extremisten an mehreren Orten

In den vergangenen Wochen kam es in Nepal zu verschiedenen Angriffen auf Christen durch aufgebrachte Hindu-Extremisten. Eine lokale Partnerin von Open Doors sieht einen Zusammenhang zwischen der Zunahme solcher Vorkommnisse und der Ausbreitung hindu-extremistischer Propaganda, die vermehrt aus Indien nach Nepal dringt.

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Von Open Doors

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Vor allem an Indien angrenzende Provinzen betroffen

Am 5. September wurden in der an Indien angrenzenden Provinz Madhesh zwei Christen, ein Mann und eine Frau, von mehreren Hindus belästigt. Dem Mann wurde schwarze Farbe ins Gesicht geschmiert und er wurde gezwungen, den hinduistischen Gruß „Gepriesen sei der Gott Ram“ („Jai Shri Ram“) zu sprechen. Der Frau wurde befohlen, sich still zu verhalten, um nicht ebenso gedemütigt zu werden. Anschließend wurden die beiden Christen zur örtlichen Verwaltung gebracht.

Am 4. September wurden in der Provinz Lumbini, die ebenfalls an Indien grenzt, zwei christliche Kirchenleiter belästigt. Sie befanden sich gerade auf dem Weg zum Haus eines Gemeindemitglieds, wo sie sich zu gemeinsamem Gebet und Lobpreis treffen wollten. Aufgebrachte Hindus warfen den Christen vor, von Tür zu Tür zu gehen und die Leute mit Arbeitsangeboten zu locken, um sie für den christlichen Glauben zu gewinnen. Die Christen wurden öffentlich gedemütigt, man schmierte auch ihnen schwarze Farbe ins Gesicht und brachte sie zur Polizei. Die Polizei ließ die Christen zwar frei, warnte sie aber, niemanden zum christlichen Glauben zu bekehren.

Aber nicht nur dieser tätliche Angriff auf Christen, sondern auch verschiedene Sachbeschädigungen an Kirchengebäuden wurden aus der Provinz Lumbini gemeldet: Am 3. September versuchten extremistische Hindus dort, den Bau einer christlichen Kirche in ihrem Dorf zu verhindern. Die christliche Gemeinde hatte das Fundament für die Kirche gelegt, die aufgebrachten Hindus zerstörten es und riefen dabei pro-hinduistische Parolen. Am 30. August griff eine Gruppe extremistischer Hindus drei bereits existierende Kirchengebäude an. Die Extremisten bewarfen die Gebäude mit Steinen, zerschlugen Fensterscheiben und Tore. Außerdem wurden ein Stromzähler und vor den Kirchen abgestellte Motorräder beschädigt. Laut Christen vor Ort hätten weder die Polizei noch die örtliche Verwaltung bisher etwas unternommen, obwohl die Pastoren sie über die Vorfälle informiert hätten.

Aus Indien kommt vermehrt hindu-extremistische Propaganda

Im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2023 (1. Oktober 2021 bis 30. September 2022) wurden in Nepal insgesamt 82 körperliche Angriffe auf Christen und mindestens 4 angegriffene Kirchen gemeldet. Anita Magar*, eine lokale Partnerin von Open Doors, ist der Ansicht, dass die Zunahme solcher christenfeindlichen Übergriffe in Nepal mit der hindu-extremistischen Propaganda zu tun hat, die vermehrt aus Indien nach Nepal herüberdringt: „Indien hat einen großen Einfluss auf Nepal. Die Hindu-Gruppen aus Indien unterstützen die nepalesischen Hindu-Gruppen und fordern, dass Nepal wieder ein hinduistischer Staat wird.“ Zudem hätten Hindu-Extremisten eine Kampagne zum Schutz der Kuh („Gau Rakhsya“) gestartet – Kühe gelten im Hinduismus als heilige Tiere. Die Kampagne führe vermehrt zu Konflikten: Extremistische Hindu-Gruppen hätten es auf die Christen abgesehen, da sie als Menschen bekannt seien, die Kühe töten und essen.

Magar äußert sich besorgt über die Zunahme der Christenverfolgung in Nepal und erklärt, dass Hindu-Extremisten derzeit in allen Provinzen Nepals aktiv seien, christliche Kirchen zerstörten oder Hassreden gegen Christen hielten. Vor allem seien aber die Christen betroffen, die in den an Indien angrenzenden Gebieten lebten.

Der Weltverfolgungsindex als Liste der Länder, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden, ist auf 50 Länder begrenzt. Nepal belegt auf dem Weltverfolgungsindex 2023 keinen dieser 50 Plätze. Es befindet sich auf Platz 55 – und damit weit vorne unter den 26 Ländern, in denen Christen ebenfalls einem hohen bis sehr hohen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt sind.

*Name geändert