Libyen: Christ zum Tod verurteilt
Im Westen Libyens wurde ein Christ muslimischer Herkunft wegen Apostasie zum Tod verurteilt – und das, obwohl der Abfall vom Islam nach libyschem Recht gar nicht strafbar ist. Doch inmitten des Bürgerkriegs gibt es keine einheitliche Rechtsprechung, stattdessen kontrollieren verschiedene Milizen weite Teile des Landes.
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Von Open Doors
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Bereits mehrfach verhaftet und schikaniert
Der junge Mann hatte vor etwa vier Jahren zum christlichen Glauben gefunden und war seither bereits mehrfach durch Milizen verhaftet und unter Druck gesetzt worden, seinem neuen Glauben abzuschwören. Auch bei seiner jüngsten Verhaftung war der Konvertit zur Rückkehr zum Islam gedrängt worden. Als er sich weigerte, verhängte nun schließlich ein lokales Gericht das Todesurteil gegen ihn. Zudem wurde der Christ gezwungen, dieses Urteil in der lokalen Zeitung und im lokalen Radiosender bekannt zu geben. Während des Gerichtsverfahrens hatte der Angeklagte keinen Zugang zu einem Anwalt.
Urteil bezieht sich auf längst abgeschafftes Gesetz
Nach geltendem Recht steht der Abfall vom Islam in Libyen eigentlich nicht unter Strafe. Allerdings gibt es in Libyen derzeit keine Zentralregierung, die Recht und Ordnung im Land durchsetzt – die Rechtsprechung ist also nicht einheitlich. So kamen beim Todesurteil gegen den jungen Christen Gesetze zur Anwendung, die zwischen 2012 und 2014 in Kraft waren und von der 2014 gewählten Regierung abgeschafft wurden. Seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in Libyen Bürgerkrieg; verschiedene Stammesgruppen und islamisch-extremistische Gruppen kontrollieren Teile des Staatsgebietes. Diese Situation hat zu einem sehr hohen Maß an Gewalt gegen Christen geführt.
Christlicher Glaube muss geheim bleiben
Die meisten Christen in Libyen sind Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, die sowohl aus rassistischen als auch aus religiösen Gründen belästigt und diskriminiert werden. Sie werden zudem von verschiedenen islamisch-extremistischen Gruppen und organisierten kriminellen Banden verfolgt. Auch unter den Arbeitsmigranten aus Ägypten gibt es Christen, hinzu kommen die wenigen libyschen Christen muslimischer Herkunft. Aus Sicherheitsgründen müssen sie ihren Glauben geheim halten.
Auf dem Weltverfolgungsindex 2022 belegt Libyen den 4. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.