Lausitzer Mythen: Der Schatz auf dem Oybin und die Sage von der ersten Bebauung des Felsens

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Im 13. Jahrhundert besaß Quahl, Freiherr von Berka, ohnweit Leippa in Böhmen eine Herrschaft, zu der damals alles Land von Leippa aus bis gen Zittau gehörte, das mehrentheils aus ungeheuren Waldungen bestand. Einst verfolgte folgte ein Jäger des Ritters, Owate genannt, mit etlichen Knechten einen Bären, der bis in die Wälder, welche jetzt die Grenze der Lausitz ausmachen, flüchtete.

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Von Johann Georg Theodor Grässe

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Sein Weg führte ihn auf unsern Sandsteinfelsen: die Jäger ihm nach, und da wo die breiteste Anhöhe des Felsens sich gen Süden hinneigt, erschlugen sie den flüchtenden Feind mit lautem Jauchzen. Die Jäger waren entzückt von der Aussicht auf diesem Berge, und riefen zurückgekehrt ihrem Herrn, dort eine Veste zu erbauen, allein derselbe ließ im Jahr 1211 daselbst nur erst ein hölzernes Jagdhaus errichten. Ohngefähr 20 Jahre später legten die Herren vom Burgberge bei Zittau hier ein Raubschloß an und beunruhigten von hier aus die Umgegend, zwar brachen dasselbe die Zittauer Bürger wieder, allein es ward 1312 von einem Herrn von Leippa nur noch fester wieder aufgebaut.

1319 kam der Oybin in die Hände des Königs Johann von Böhmen, der ihn seiner Schwester Agnes bei ihrer Vermählung mit dem Herzog Heinrich von Jauer als Heirathsgut gab, der die Burg nun durch Vögte verwalten ließ, welche das Räuberhandwerk abermals hervorsuchten. Am 8. Dezember 1343 fiel die Veste in die Hände des Herrn von Michelsberg, der sich bald zu einem der gefürchtetsten Raubritter des ganzen Landes machte. Allein Karl IV. von Böhmen, dieses Unwesens müde, eroberte die Burg 1349 nach tapferer Gegenwehr, und wenige der Räuber entgingen dem Tode, das Felsennest aber ward zerstört. Im Jahre 1369 ward endlich hier ein Cölestinerkloster errichtet, das erst 1568 wiederum einging, und dessen Ruinen noch heute diesen Ort zu einem der romantischesten Punkte der ganzen Oberlausitz machen.

Es läßt sich denken, daß so viele Besitzer dieses Ortes, welche nur vom Raube lebten, sowie angeblich auch die Klosterbrüder große Schätze aufhäuften, die sie in der Erde verbargen, um im Falle der Noth von ihnen Gebrauch zu machen. Plötzlicher Tod oder andere Umstände verhinderten es, daß ihre früheren Herren ihre Absicht ausführen konnten, also liegen sie noch hier in der Erde Schooß und warten, weil sie von bösen Geistern bewacht werden, ihrer Erlösung durch kräftige Bannformeln. Oft ertönt ein grauenvolles Heulen, Stöhnen und klägliches Gewinsel in der Luft, bald dröhnt es an den Ruinen des Burgthurmes mit mächtigen Schlägen, Waffengeklirr wird vernehmbar und Geschrei, wie von Kämpfenden läßt sich mit gemischtem Trompetenschall und wildem Pferdegewieher hören.

Ein andermal erblickt man leuchtende Flämmchen, welche den ihnen Folgenden in Abgründe leiten, wo er beschädigt hinabstürzt, oder wenn es glücklich geht, in entferntere Gegenden gleichsam auf Windesflügeln von einem Wirbel gedreht wird. Bald schwirren in dunkeln Nächten scheußliche Ungeheuer mit glühenden Augen, Flammen aus dem Rachen hauchend durch die Lüfte, und bald erscheinen im halben Lichte des Vollmonds riesige Gestalten in schwarzen Harnischen mit blutrothen Helmbüschen, abwechselnd mit Männern in Mönchskutten und Frauen in alter Kleidung, vollgestopfte Wetscher tragend, die mit grauserregenden Gesichtern, hohlen Augen und widrigen Geberden den hierher Verirrten oder neugierigen Fremdling anglotzen und winken. Bald stürzen wunderbar geformte Vögel mit krummen Schnäbeln und drohenden Fängen unter kreischendem Geschrei aus den Wölken, kämpfen hartnäckig gegen einander und ziehen mit betäubendem Flügelschlage wieder von dannen. Nie aber hat irgend Jemand von den Spukgestalten Geschenke erhalten oder ist ihm durch sie ein Schätze bergender Fleck angezeigt worden, eben so wenig als diejenigen, welche kühn genug daselbst nach Schätzen gruben, dadurch beglückt wurden, sondern entweder verarmten oder mit lebenslänglichen Krankheiten heimgesucht wurden.