Lausitzer Kriminalität: Wie können rund 5.000 Menschen auf Nimmerwiedersehen pro Jahr einfach verschwinden?

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Nach sehr konservativer Rechnung sollen rund 5.000 Menschen auf Nimmerwiedersehen pro Jahr hierzulande einfach verschwinden? – Das würde im Prinzip der Größenordnung einer Kleinstadt entsprechen. Solch eine Art von Verbrechen mag auf den ersten flüchtigen Blick unvorstellbar klingen. Das dichte Netz aus Polizei- und Strafverfolgungsbehörden würde solche Dinge gar nicht möglich machen. Doch, der flüchtige Blick kann täuschen: Selbst amtliche Zahlen haben das Gegenteil bewiesen.

Warum ist das „Verschwindenlassen“ von Personen ein Tabuthema

Das „Verschwindenlassen“ von Personen scheint allen Anschein nach sogenannten Entwicklungsländern vorbehalten zu sein. In manchen Staaten ist dort die organisierte Kriminalität sogar bis in Präsidentenamt vorgedrungen.

„Präsident soll Millionen von Drogenbossen erhalten haben“

>>Zeit<<

„Präsident soll Millionen von Drogenbossen erhalten haben – Die US-Justiz wirft dem Präsidenten von Honduras vor, Bestechungsgelder von Drogenhändlern wie El Chapo angenommen zu haben.“

„Präsidenten von Honduras vor – Bestechungsgelder von Drogenhändlern wie El Chapo angenommen zu haben“

In manchen Staaten gehen die kriminellen Strukturen praktisch fließend in amtliche Ämter über. Natürlich gibt es gegen solche Machenschaften auch Kritik: Aber eine Demonstration dagegen kann schon mal tödlich enden. Nach der Verhaftung durch die Polizei bleiben die Personen auf Nimmerwiedersehen einfach verschwunden.

Verschwindenlassen – „Was wurde aus… 43 verschwundenen Studenten in Mexiko?“

>>Spiegel<<

„Was wurde aus… 43 verschwundenen Studenten in Mexiko?  –  „Ich muss meinen Sohn suchen“ – Sie wollten zu einer Demonstration, wurden verhaftet – und verschwanden spurlos: Seit 2014 werden in Mexiko 43 Studenten vermisst.“

„Sie wollten zu einer Demonstration, wurden verhaftet – und verschwanden spurlos“

Die 43 vermissten mexikanischen Studenten sind zwischenzeitlich teilweise wieder aufgetaut. – Oder genauer: Ihre sterblichen Überreste wurden gefunden. Das sogenannte „Verschwindenlassen“ ist hierzulande kaum ein Thema, aber stellt in anderen Ländern eine gängige Praxis dar.

„Häufiges Verschwindenlassen von Männern, Frauen und Jugendlichen“

>>Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher von Jean Ziegler (Buch) <<

„Dieser Fall hat nämlich den Vorteil, dass er aufgrund zahlreicher in den USA und in der Schweiz anhängiger Gerichtsverfahren genau dokumentiert ist. Marcos herrschte demnach 23 Jahre lang in seinem Palast in Malacanang. Ab 1973 regierte er durch Unterdrückung der Gewerkschaften, der Kirche, der Bauernorganisationen, durch massenhafte Ermordung von Oppositionellen, methodische Folter, häufiges Verschwindenlassen von Männern, Frauen und Jugendlichen, die – sei es auch noch so zaghaft – gegen seinen Größenwahn, seine Tyrannei, seine abgrundtiefe Korruption protestierten. Und so organisierte der Kleptokrat die Ausplünderung seines Volkes … „

„Organisierte der Kleptokrat die Ausplünderung seines Volkes“

Philippinen und Mexiko: Solche Fälle muten auf den ersten flüchtigen Blick ziemlich weit weg an. Aber kriminelle Verstrickungen zwischen organisierte Kriminalität und vermeintlichen Gesetzeshütern ist auch hier anzutreffen. Zugleich weisen die dahinter liegenden kriminellen Muster verblüffende Ähnlichkeiten auf.

„Ermittlungen gegen 21 Polizisten – Beamte sollen Kokain aus der Asservatenkammer geklaut haben“

>>Süddeutsche Zeitung<<

„Drogenskandal weitet sich aus – Ermittlungen gegen 21 Polizisten – Beamte sollen Kokain aus der Asservatenkammer geklaut haben, andere schauten einfach weg. Zudem sollen zwei unschuldige Bürger rechtswidrig bestraft worden sein. … Auch die große Zahl der eingeweihten oder beteiligten Polizistinnen und Polizisten schockiere. „Da hat sich offensichtlich unbemerkt und vor allem unkontrolliert eine kriminelle Gruppe innerhalb der Polizei gebildet und sich gegenseitig gedeckt – das wirft auch Fragen nach der Führungskompetenz in der Behörde auf“, sagte Schulze.“

„Zudem sollen zwei unschuldige Bürger rechtswidrig bestraft worden sein“

Schon längst hat sich Kokain zur Droge wohlhabenden Schickeria etabliert. Zwar mag sogenanntes „Wegsehen“ auch eine eigenständige Straftat sein: Doch Strafvereitelung im Amt ist ohnehin mehr ein sogenannter „Pro-forma-Straftatbestand“ , der nahezu bedeutungslos zu sein scheint. Zudem neigen solche inoffiziellen „behördlichen Organisationen“ ein Eigenleben zu entwickeln. Daher ist die Verfolgung von unschuldigen Bürgern beileibe nichts ungewöhnliches. Schlussendlich: Auch Außenstehenden fallen irgendwann die zwielichtigen Machenschaften auf und diejenigen sollten besser ihren Mund halten. Das „Verschwindenlassen“ von missliebigen Bürgern stellt also letztlich nur einen logischen Schritt dar.

Warum Beamte bei Straftaten unter Kollegen einfach wegsehen?

Wer das alles nun für extrem Abgedreht hält: Die echte Wirklichkeit kann sogar noch viel mehr bieten. Und die formal getrennten Behörden Staatsanwaltschaft und Polizei sind häufig auf demselben ideologischen Dampfer unterwegs.

„Staatsanwältin unterbreitet einem psychiatrischen Gutachter am Gericht ein Angebot: Sex gegen Tabletten“

>>Legal Tribune Online<<

„Eine Staatsanwältin unterbreitet einem psychiatrischen Gutachter am Gericht ein Angebot: Sex gegen Tabletten. Dieser willigt ein – Handeln der Frau Ausdruck der sexuellen Selbstbestimmung … „

Staatsanwältin: „Handeln der Frau Ausdruck der sexuellen Selbstbestimmung“

>>Süddeutsche Zeitung<<

„Der Gerichtspsychiater Thomas S. lieferte einer ehemaligen Staatsanwältin Pillen im Austausch gegen Sex. Unter anderem stand ihm die Frau für „softe Sado-Maso-Praktiken“ zur Verfügung.“

Staatsanwältin: „Frau für „softe Sado-Maso-Praktiken“ zur Verfügung“

Auch hier war der Tablettenmissbrauch der Staatsanwältin – lange im Vorfeldbekannt. Sogar als fiktive Romanvorlage wäre die Geschichte um die pillensüchtige Staatsanwältin viel zu abgedreht gewesen. Ohnehin scheint die organisierte Kriminalität die Schwachstellen die Sicherheitsbehörden erkannt zu haben.

„Mitarbeiterin der Hamburger Staatsanwaltschaft“ – „Zahlreiche Ermittlungsergebnisse verraten haben“

>>Welt<<

„Eine 29-jährige Mitarbeiterin der Hamburger Staatsanwaltschaft soll in den letzten Monaten zahlreiche Ermittlungsergebnisse verraten haben. Empfänger der Dienstgeheimnisse war ihr Freund, ein polizeibekannter Drogendealer. … Die 29-Jährige soll brisante Informationen an Drogendealer weitergegeben und auch Drogen in ihrer Wohnung deponiert haben.“

„Mitarbeiterin der Hamburger Staatsanwaltschaft“ – „Ihr Freund, ein polizeibekannter Drogendealer“

Ein polizeibekannter Drogendealer und eine Mitarbeiterin der Hamburger Staatsanwaltschaft gehen also eine Liebesbeziehung ein und wieder einmal soll lange Zeit niemand etwas gemerkt haben? – Modus Operandi des systematischen Wegsehen dürfte mittlerweile sichtbar geworden sein. Das sogar ehemalige Minister versuchen einen Auftragskiller anzuheuern: Das ist nicht nur aus Entwicklungsländern bekannt.

„Auftragskiller informierte die Polizei“ 

>>Spiegel<<

„Auftragskiller informierte die Polizei – Der ehemalige Bauminister von Brandenburg wollte seine 54-jährige Noch-Ehefrau Ursula von einem Killer umbringen lassen.“

„Ehemalige Bauminister von Brandenburg wollte seine 54-jährige Noch-Ehefrau Ursula von einem Killer umbringen“ 

Der ehemalige Minister hat sich also am falschen Auftragskiller gewendet und ist deshalb aufgeflogen. Doch das sich Profikiller an die Polizei wenden: Das dürfte eher die große Ausnahme sein. Zugleich gehen selbst amtliche Gerichtsmediziner allein in Deutschland von bis zu 2.400 unentdeckten Morden jedes einzelne Jahraus. Hinzu kommen die amtlich-bekannten Mordfälle plus Personen, die einfach nur als Vermisst gelten.

Ungefähr 2.700 Vermisste bleiben pro Jahr dauerhaft verschwunden

>>Niederlausitz Aktuell<<

„17-Jährige aus Lauchhammer vermisst. … Die bisherigen Suchmaßnahmen führten nicht zum Auffinden der Jugendlichen.“

„Suchmaßnahmen führten nicht zum Auffinden der Jugendlichen“

Die vermisste Jugendliche ist – wie die meisten Vermisstenfälle – wieder aufgetaucht: Dennoch bleiben selbst nach amtlichen Zahlen jedes Jahr eine große Anzahl von Personen einfach verschwunden: Laut Bundeskriminalamt werden etwa 91.000 Vermisste pro Jahr amtlich gemeldet und ungefähr drei Prozent hiervon bleiben quasi dauerhaft verschwunden. Das wären also ca. 2.700 Fälle pro Jahr: Diese Zahl findet sich also ungefähr im Bereich der unentdeckten Morden wieder. Pro Jahr verschwinden sozusagen in Summe – selbst nach sehr konservativer Rechnung – rund 5.000 Menschen auf Nimmerwiedersehen, was im Prinzip der Größenordnung einer Kleinstadt entspräche.

Anmerkung: Die Zahlen sind alle nach unten hin großzügig abgerundet.