Iran: Ein Pastor begnadigt, ein anderer inhaftiert – am selben Tag
Als Joseph Shahbazian freikam, musste Anooshavan Avedian eine zehnjährige Haftstrafe antreten
An ein und demselben Tag, am 13. September, erreichte eine gute und eine schlechte Nachricht zwei Pastoren aus dem Iran: Joseph Shahbazian erhielt den Bescheid, dass ihm seine Reststrafe von knapp einem Jahr erlassen ist, während Anooshavan Avedian aufgefordert wurde, seine zehnjährige Haftstrafe anzutreten. In beiden Fällen ist der Vorwurf derselbe, nämlich die Aktivität in Hausgottesdiensten, und doch werden sie ungleich behandelt – wodurch die Willkürlichkeit des iranischen Justizsystems zutage tritt, so die Menschenrechtsorganisation „Article18“.
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Von Open Doors
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Straferlass nach 13 Monaten
Nach 13 Monaten Haft wurde Pastor Joseph Shahbazian seine Strafe erlassen und er kam aus dem Teheraner Evin-Gefängnis frei. Der 59-Jährige war im vergangenen Jahr zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er in seinem Haus Gottesdienste abgehalten hatte. Im Mai war die Strafe auf zwei Jahre reduziert worden. Am frühen Abend des 13. September wurde er schließlich über seine Freilassung informiert und konnte umgehend nach Hause zu seiner Familie zurückkehren.
Während seiner Haftzeit litt Shahbazian unter gesundheitlichen Problemen. Lange war ihm ein Arzttermin verweigert worden, und als ihn schließlich doch ein Arzt untersuchte, wurde ihm die Diagnose nicht mitgeteilt. Erst kürzlich erfuhr er, dass bei ihm eine schwere Krankheit vermutet wird. Ob er deshalb freigelassen wurde, ist aber nicht bekannt. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Article18, Mansour Borji, sagte zur Freilassung: „Wir freuen uns über diese seltene gute Nachricht, nachdem in letzter Zeit immer wieder traurige Berichte über einen Anstieg der Verhaftungen zu hören waren, einschließlich der Inhaftierung von mehr als 100 Christen allein in den letzten drei Monaten.“
Zu Hause zum Haftantritt aufgefordert
Am selben Tag, dem 13. September, bekam der 61-jährige Pastor Anooshavan Avedian Besuch von zwei Beamten des iranischen Geheimdienstes. Sie forderten ihn auf, seine zehnjährige Haftstrafe nun anzutreten. Zuvor war Avedian im August 2020 bei einer Razzia in seinem Haus verhaftet worden, als er sich dort mit rund 20 Personen einschließlich seiner Familie zum gemeinsamen Gebet und Lobpreis getroffen hatte. Am 11. April 2022 war er verurteilt worden, mit dem Vorwurf, andere Christen in seinem Haus unterrichtet zu haben und damit der „Propaganda, die der heiligen Religion des Islam widerspricht und sie stört“ schuldig zu sein. Zusätzlich zu Avedians zehnjähriger Haftstrafe drohen ihm nach seiner Entlassung weitere zehn Jahre „Entzug der sozialen Rechte“, zum Beispiel die Einschränkung seiner Beschäftigungsmöglichkeiten.
„Es zeigt den willkürlichen Charakter des Justizsystems im Iran, dass jemand für dieselben Anschuldigungen oder Aktivitäten ins Gefängnis kommt, für die andere begnadigt und freigelassen wurden oder Strafminderung bekommen“, kommentiert Mansour Borji von Article18 die Situation.
Auf dem Weltverfolgungsindex 2023 belegt der Iran den 8. Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.