Heiliger Expetitus & Heutiger Konformismus – Als Adaption des modernen Götterkults?
Der Online-Journalismus hat die gedruckte Presse in weiten Teilen abgelöst. Wie die meisten Berufszweigen sollte auch ihm ein Schutzpatron zur Seite stehen. Dafür würde sich der „Heilige Expetitus“ regelrecht aufdrängen. Denn besonders in hysterischen Zeiten, wo schnell mal eine Nachricht als vermeintliche „Falschmeldung“ deklassiert wird: Bietet sich die Legende von Expedit an.
Expedit: „Er sei Kommandant der 12. römischen Legion“
>>Ökumenisches Heiligenlexikon<<
„Die Legende erzählt von Expedit, er sei Kommandant der 12. römischen Legion „La Fulminante“, „die Schlagkräftige“, gewesen. Als der eine Niederlage drohte, sahen viele der Soldaten ihre letzte Hoffnung im Gebet zum Gott der Christen; tatsächlich kam ein großer Sturm auf, die Gegner verloren die Orientierung, die Schlacht wurde gewonnen, Expedit und viele der Soldaten – darunter auch Rufus, Gaius, Galatas, Aristonis und Hermogenes – bekehrten sich. Nach ihrer Entdeckung blieben sie standhaft bei ihrem Glauben und wurden als Märtyrer enthauptet.“
„Als Märtyrer enthauptet“ – „Expedit und viele der Soldaten“
Wie bei den allermeisten Legenden von Heiligen: Lässt sich deren Wahrheitsgehalt nur schwerlich Überprüfen. Allgemein fällt die schriftliche Quellenlage zur Antike eher dürftig aus. Zwar haben einige schriftliche Zeugnisse die Zeiten überdauert: Aber allzu Viele sind es eben nicht und davon sind die Meisten noch zeitgenössisches Eingefärbt.
„Wahrheit“ – Zwischen eingefärbten Berichten und mangelhaften Fakten
Das bekannteste Beispiel dürfte sicherlich Gaius Iulius Caesar „De bello Gallico“ sein. Seinem Bericht könnte man getrost als antike Propagandaschrift einstufen. Caesar vermeintliche – und tatsächliche – Erfolge werden glorifiziert und seine Feinde generell in einem schlechten Licht dargestellt. Über deren „Wahrheitsgehalt“ ließe sich gewiss lange Streiten. Dennoch gilt das Werk, als eines der wenigen – erhaltenen – schriftlichen Zeugnisse aus jener Epoche. Was genau die „Wahrheit“ letztlich sein soll: Das verschwimmt bei genauer Betrachtung zunehmend im Auge des jeweiligen Betrachters.
Schlechte Quellenlage: Was soll die „Wahrheit“ eigentlich sein?
So auch nicht viel anders bei Expeditus. Sicherlich auch Aufgrund der dürftigen historischen Quellenlage fiel der Heilige bei der Bereinigung des Heiligenkalenders im Jahre 1906 zum Opfer und gilt fortan – offiziell – nicht mehr als Heiliger.
Kein Heiliger: „1906 einer Bereinigung des römischen Heiligenkalenders“
„Expeditus wurde besonders im Mittelmeerraum verehrt, fiel aber unter Papst Pius X. 1906 einer Bereinigung des römischen Heiligenkalenders zum Opfer. Die Gläubigen wandten sich ihm jedoch weiterhin in denjenigen Anliegen zu, die einer schnellen Lösung bedurften.“
„Gläubigen wandten sich ihm jedoch weiterhin in denjenigen Anliegen zu“
Allerdings tut es seiner Beliebtheit keinen Abbruch. Besonders auf der kleinen Insel Reunion wird der „Heilige“ noch immer sehr Lebhaft verehrt. Die Verehrung kommt sicherlich nicht von ungefähr. Denn seine standhafte Konsequenz: Die Entscheidung zum Christentum überzutreten, die beeindruckt noch heute.
Warum Expeditus ein Christ wurde
„Nachdem er beschlossen hatte, Christ zu werden, erschien ihm der Teufel in Gestalt eines Raben, um ihn davon abzuhalten und schrie „cras, cras“ (lat. cras – morgen, procrastinatio -Verschiebung, Verzögerung). Expeditus erkannte, wer der schwarze Vogel war und zertrat ihn. Er wollte seine Entscheidung sofort umsetzen und widersprach: „Ich werde heute Christ sein, heute!“ (lat. hodie – heute). Sein Beruf als Soldat verpflichtete ihn zum Kaiserkult, den er nun nicht mehr ausüben durfte.“
Heilige Expetitus: „Ich werde heute Christ sein, heute!“
Der römische Kaiserkult und Götterkult gehörte zu dieser Zeit zur offiziellen Staatsreligion dazu. Die Leugnung dergleichen kam quasi dem Landesverrat gleich und die Bestrafung hierfür fiel – wie ebenso in unserer Zeit – recht Drakonisch aus. Allerdings hatten zu dieser Zeit bereits viel Römer den christlichen Glauben angenommen, nur waren die Allerwenigsten bereit, hierzu dem Märtyrertod zu wählen. Es war daher weitestgehend Usus: Den römischen Götterkult nach außen hin zu praktizieren und im geheimen Christ zu sein.
Konformismus – Als Adaption des modernen Götterkults?
So ein Verhalten findet sich auch heute in der Gegenwart wieder. Aus Angst vor folgenschweren Konsequenzen trauen sich nur Wenige offen ihre Meinung auszusprechen. Unter Schutz der Anonymität oder unter Gleichgesinnten finden jedoch sehr ehrliche Gespräche statt. Doch nach außen hin herrscht entweder Schweigen oder es wird der „moderne Götterkult“ des Konformismus gepflegt.