Bodenreform(en): “Tief greifende Umstrukturierungen der Gesellschaftsordnung vorsahen” 

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Bodenreform – Dieser Begriff wird in der heutigen Zeit überwiegend mit der Geschichte der DDR assoziiert. In Wirklichkeit gab es jedoch zahlreiche Bodenreformen – unter verschiedenen Bezeichnungen – die es ermöglichen, die Eigentumsverhältnisse östlich von Elbe und Saale bis in die Gegenwart nachzuvollziehen. Dennoch ist anzumerken, dass die Bodenreform in der DDR die bekannteste Umgestaltung darstellt.

DDR-Bodenreform: “Beide Parteien, KPD und SPD, hatten bereits Ende 1945 Initiativen ergriffen”

>>Goodbye DDR von Guido Knopp (Buch) <<

“Beide Parteien, KPD und SPD, hatten bereits Ende 1945 Initiativen ergriffen, die tief greifende Umstrukturierungen der Gesellschaftsordnung vorsahen. So war eine Bodenreform ins Leben gerufen worden, derzufolge Großbauern, die mehr als 100 Hektar Boden besaßen, wie auch ehemalige Nationalsozialisten in führender Position ohne Entschädigung enteignet werden sollten.”

DDR-Bodenreform: “Tief greifende Umstrukturierungen der Gesellschaftsordnung vorsahen” 

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auch während der Zeit des Nationalsozialismus erhebliche Umverteilungen stattfanden. In dieser Periode wurden zudem große Flächen landwirtschaftlicher Nutzfläche, Grundstücke und Immobilien umverteilt, und einige “NS-Günstlinge” konnten dabei beträchtliche Vorteile erzielen. Durch die Auswirkungen des Krieges, die Existenz von Konzentrationslagern und die politische Flucht vor Verfolgung wurde eine Vielzahl von Ländereien umverteilt, was bis heute nur unzureichend aufgearbeitet ist und die bestehenden Eigentumsverhältnisse oft unhinterfragt übernommen wurden. Die Bodenreform in der DDR wurde im Rahmen der Wiedervereinigung erneut zur Diskussion gestellt.

Bodenreform: “1992 das Abwicklungsgesetz erlassen, das einem Teil der alten Besitzer, respektive deren Erben, ihre Grundstücke zurückerstattete”

>>Einspruch!: Warum unser Geld Privatsphäre verdient von Andreas Lusser (Buch) <<

“Die mit der kommunistischen Machtübernahme Enteigneten mussten für ihre Entschädigung oder Eigentumsrückgabe oft viel Geduld aufbringen. Im Falle der Enteignungen durch die Bodenreform 1945 in der DDR dauerte es mehr als 40 Jahre. Nach der Wiedervereinigung wurde 1992 das Abwicklungsgesetz erlassen, das einem Teil der alten Besitzer, respektive deren Erben, ihre Grundstücke zurückerstattete. Wer nicht in der Land- oder Forstwirtschaft tätig war, sollte seine Grundstücke jedoch nicht zurückerhalten. Diese Regelung wurde durch das Verfassungsgericht in Karlsruhe gestützt, durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 2004 jedoch in einem einstimmigen Entscheid als unrechtmäßig beurteilt.”

“Wer nicht in der Land- oder Forstwirtschaft tätig war, sollte seine Grundstücke jedoch nicht zurückerhalten”

Es ist wichtig, den zeitlichen Rahmen von rund 59 Jahren zu berücksichtigen. Mit dieser Entscheidung wurde jedoch offensichtlich die Umverteilung während der Zeit des Nationalsozialismus vielfach nachträglich legitimiert, sofern die ehemaligen Eigentümer oder deren Nachkommen keine Ansprüche geltend machten und dies auch plausibel nachweisen konnten, was häufig nur schwerlich möglich war. Das Abwicklungsgesetz könnte man demzufolge ebenfalls als eine Art von Bodenreform ansehen. Dennoch gibt es in der Geschichte zahlreiche weitere staatlich initiierte Land- oder Bodenreformen.

“Deutsche Fürsten hatten bereits begonnen, sich ihren Teil des Kuchens zu sichern” – “Ostelbien war immer ein Niemandsland jenseits der Elbe gewesen”

>>Die kürzeste Geschichte Deutschlands von James Hawes (Buch) <<

“Ostelbien war immer ein Niemandsland jenseits der Elbe gewesen: weder deutsch noch polnisch, bewohnt von heidnischen Slawenstämmen, zusammenfassend als Wenden bekannt, eine raue, kalte und abgelegene Gegend voller Sümpfe, Wälder und Flüsse. Doch die längeren Vegetationsperioden ließen auch diese Gegend als potentielles neues Ackerland verlockend erscheinen. Deutsche Fürsten hatten bereits begonnen, sich ihren Teil des Kuchens zu sichern. Im Jahr 1147 verkündeten der Papst und sein Vertrauter und Berater Bernhard von Clairvaux (der Heilige Bernhard) offiziell den Wendenkreuzzug. Die Kirche plante einen totalen Krieg: Die heidnischen Handlanger des Teufels sollten zum Christentum gezwungen werden (im Widerspruch zur üblichen Doktrin, wonach eine Bekehrung nur durch freien Willen möglich sei), und die Schlacht solle nicht enden, bis »entweder ihre Rituale oder ihre Nation selbst ausgelöscht sind«.

Ostelbien: “Gegend als potentielles neues Ackerland verlockend erscheinen”

Selbstverständlich kann dieser militärische Einsatz auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive betrachtet werden. Die besiegten Völker erscheinen plötzlich als enteignete Bürger, da sie im Rahmen einer “Bodenreform” ihrer Grundstücke beraubt wurden. Dieses Vorgehen dürfte wohl als eine althergebrachte Tradition angesehen werden.

Bodenreform: “In Kriegszeiten belohnt der Eroberer durch gewaltsamen Raub seine Krieger mit Landschenkungen”

>>Zum Teufel mit der Steuer! von Reiner Sahm (Buch) <<

“Wer ein Stück Boden bearbeitet, tut es mit der Autorisation der Obrigkeit und entrichtet dafür einen Anteil an der Ernte. In Kriegszeiten belohnt der Eroberer durch gewaltsamen Raub seine Krieger mit Landschenkungen; damit wird das Land für den Adel und den Herrscher gleichermaßen zur Einkommensquelle. Überall, wo politische Macht entsteht, entsteht zur Behauptung, Festigung und Erweiterung der Macht ein Bedarf an wirtschaftlichen Mitteln.”

“Wer ein Stück Boden bearbeitet, tut es mit der Autorisation der Obrigkeit”

Um Grundstücke oder Flächen zu erwerben oder zu halten, sind finanzielle Ressourcen erforderlich. Da das Gebiet östlich der Elbe-Saale jedoch über einen längeren Zeitraum als Kolonie betrachtet wurde, hatten die dort lebenden Menschen kaum die Möglichkeit, ihr eigenes Land zurückzukaufen. Diese wirtschaftlichen Gegebenheiten haben bis in die heutige Zeit Auswirkungen.

“Immobilien machen reich – vor allem im Westen”

>>Spiegel<<

“Immobilien machen reich – vor allem im Westen – Vermögend wird man in der Bundesrepublik mit Unternehmen oder Immobilien. … “Es braucht ein gewisses Startkapital und darüber verfügen Haushalte in Ostdeutschland auch wegen niedrigerer Löhne tendenziell seltener”, erklärt Studienautorin ..die daraus resultierende Vermögensungleichheit.”

“Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt”

>>Welt<<

“Der CDU-Vorsitzende … dringt auf bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer. Ein ausführliches Konzept hierfür müsse im nächsten Grundsatzprogramm der CDU enthalten sein, das im kommenden Jahr verabschiedet werden soll, sagte der Oppositionsführer im Bundestag am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Er warnte: «Wir werden in diesem Land sozialen Frieden nicht erreichen, wenn wir nicht Wohneigentum- und Altersvermögensaufbau besser machen, als wir das gegenwärtig tun.» Eine «besondere Zuwendung» brauchen hier … die ostdeutschen Länder. Denn auch nach 30 Jahren deutscher Einheit würden Vermögen fast nur im Westen vererbt, wie das Aufkommen der Erbschaftssteuer zeige. «Die waren 40 Jahre lang nicht dabei und haben 40 Jahre lang die Chance nicht gehabt, in Frieden, Freiheit und marktwirtschaftlicher Ordnung auch Vermögen zu bilden», sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Menschen in Ostdeutschland. «Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft», bemängelte … .”

“Wir haben keine wirklich durchgreifend gute Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland am Produktivvermögen unserer Volkswirtschaft”

Es existieren unterschiedliche Anzeichen dafür, jedoch weisen sie alle in die gleiche Richtung. Die grundlegenden Eigentumsstrukturen haben sich in den letzten etwa tausend Jahren nur geringfügig gewandelt und können sicherlich nicht ausschließlich durch die 40 Jahre der DDR erklärt werden.