Lausitzer Gemeinschaft: Wie das Christentum zum Erhalt der Sorbischen Muttersprache beitrug
Das Sorbische Gemeinschaftsgefühl ist nicht nur auf die Christen und Sorben beschränkt, sondern ragt weit in die Lausitz hinein. Schon historische Zeitgenossen haben diese Beobachtung gemacht: Der Besuch eines Gottesdienstes wurde zugleich auch für die Stärkung der Lausitzer Gemeinschaft genutzt. Außerdem haben gerade christliche Traditionen und Bräuche maßgeblich um Erhalt der Sorbischen Sprache beigetragen.
„Das katholische Sorbentum trug auch maßgeblich zum Erhalt der sorbischen Muttersprache bei“
„Vor allem das katholische Sorbentum trug auch maßgeblich zum Erhalt der sorbischen Muttersprache bei, da die katholische Kirche die Muttersprache als göttliches Geschenk betrachtet wird. Außerdem erleichterte es die ultramontane Ausrichtung der katholischen Kirche nach Rom den katholischen Sorben, die sorbische Sprache und Identität zu bewahren. Die evangelische Kirche als Landeskirche unterstand den deutschsprachigen Landesherren, deren seit dem 17. Jahrhundert betriebene Germanisierungspolitik vor allem in der Niederlausitz verheerende Auswirkungen auf das sorbische Sprachgebiet hatte.“
„Katholische Kirche die Muttersprache als göttliches Geschenk betrachtet“
Die engen Verbindung zwischen Lausitzer Sorben und Christen gehen auf viele traditionelle Bräuche – teilweise aus vorchristlicher Zeit – zurück. Das Bindeglied zwischen Sprache und Religion musste sogar die Universität Potsdam anerkennen.
„Religion und Sprache bilden zwei Grundpfeiler der nationalen Identität“
>>Universität Potsdam (PDF-Datei) <<
„Religion und Sprache bilden zwei Grundpfeiler der nationalen Identität. So auch des sorbischen Volkes. Die sorbischen Menschen lebten seit jeher tief verwurzelt in ihrer Religion und seit das sorbische/wendische christliche Schrifttum entstanden war, etwa 50 Jahre nach der Reformation waren die wendische Bibel und das wendische Predigtbuch lange Zeit das Schild des einfachen sorbischen/wendischen Menschen gegen Assimilation und kulturelle Integration. Archidiakonus Haberland, der um die vorige Jahrhundertwende an der Klosterkirche tätig war, schrieb:
„Denn das muss man zum Ruhm der Wenden sagen, dass sie ihre Kirche lieb haben und mit Fleiß und Treue sie besuchen.“
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„Dass sie ihre Kirche lieb haben und mit Fleiß und Treue sie besuchen“
Die beinahe natürliche Bindung zur christlichen Religion hat also lange Zeit das Sorbische vor der Assimilation bewahrt. Noch während der 1920er Jahre waren christlich-sorbische Gottesdienste noch rege besucht, wie historische Chronisten erstaunt der Nachwelt überlieferten.
„Ein besonders reges Sorbisches Gemeindeleben“
„Ein besonders reges sorbisches Gemeindeleben herrschte zu jener Zeit in den Parochien Klitten, Lohsa, Nochten/Tzschelln und Schleife. Die Superintendenten des Bezirks konnten sich während der Visitationen selbst ein Bild hiervon machen, wie das Beispiel der Kirchgemeinde Schleife zeigt:
„Die Visitationsgottesdienste waren beide sehr gut besucht. Der deutsche von ca. 150, der wendische von etwa 800 Gemeindegliedern. Bemerkenswert ist die rege Teilnahme der heranwachsenden Jugend an dem Gottesdienste. Es ist hier noch so, dass die konfirmierte Jugend erst an dem Gottesdienst der Erwachsenen teilnimmt und ein großer Teil der Erwachsenen dann an dem Jugendgottesdienst, der sich dem Hauptgottesdienst anschließt. […] Der Konfirmandenunterricht der großen Mehrheit der Konfirmanden wird in wendischer Sprache gehalten, eine kleine Abteilung empfängt deutschen Konfirmandenunterricht.“
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Das Sorbische Gemeinschaftsgefühl ragt in die ganze Lausitz hinein
Beim Sorbischen Gemeindeleben handelt es sich eben nicht nur um den Besuch eines Gottesdienstes, sondern im Mittelpunkt ist mehr das Leben in der Gemeinschaft und die Geselligkeit zu finden: Viel anders lässt sich die Teilnahme von Erwachsenen an dem Jugendgottesdienst nicht erklären. Besonders in der katholischen Lausitz stellt die Zeit nach dem Gottesdienst meist eine große inoffizielle Gemeindeversammlung dar. Zudem ragt das Sorbische Gemeinschaftsgefühl auch in die übrige Lausitz hinein.