Wesensgehaltsgarantie des Grundgesetzes – Existiert tatsächlich ein Datenschutz?

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Ist das Recht auf informelle Selbstbestimmung tatsächlich lediglich ein Lippenbekenntnis ohne echte Auswirkungen? In Anbetracht von Datenpannen und dem Diebstahl von Informationen sollte der Datenschutz eigentlich grundlegend reformiert werden.

“Bei unserer Überprüfung hat sich gezeigt, dass es nicht zu allen Abfragen der Polizeidatenbank nachvollziehbare Begründungen gab”

>>Golem<<

“Insgesamt sind laut Polizei rund 20.0000 Beschäftigte zu Abfragen im Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (Poliks) berechtigt. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden die 83 Angestellte, um die es nun geht, bereits in der Vergangenheit darauf angesprochen, dass sie sich nicht an die Vorgaben gehalten haben. Die ehemalige Berliner Datenschutzbeauftragte … kritisierte die Berliner Polizei im vergangen Jahr deutlich. “Bei unserer Überprüfung hat sich gezeigt, dass es nicht zu allen Abfragen der Polizeidatenbank nachvollziehbare Begründungen gab”, … . Dies habe man nach wie vor nicht aufklären können, da die Sicherheitsbehörden mauerten. “Die Polizei ist besonders aufgefordert, keinen Zweifel an ihrer demokratischen und neutralen Gesinnung aufkommen zu lassen.” Oft griffen Polizisten privat auf die Datenbank der Polizei zu und verschafften sich Zugang zu Informationen im System, etwa “um Informationen über Nachbarn zu bekommen oder den Schwager zu ärgern”, … .”

“Oft griffen Polizisten privat auf die Datenbank der Polizei zu”

Die Verantwortlichen scheinen wenig Interesse an Transparenz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit zu haben. Sogar die Verfolgung offener Gesetzesverstöße scheint nicht angestrebt zu werden. Oft wird als Hauptargument die Bekämpfung der Kriminalität angeführt. Dennoch werfen einige Vorgänge Fragen hinsichtlich dieser Darstellung auf.

“25-jährige Polizeikommissar für seinen Bruder” – “Fahndungs- und Fallbearbeitungsplattform “VIVA” abgefragt haben”

>>Presseportal<<

“Wie der “Kölner Stadt-Anzeiger” (Dienstagausgabe) unter Berufung aus Justizkreise berichtet, soll der 25-jährige Polizeikommissar für seinen Bruder, der bei den Staatsschützern wegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ins Blickfeld geraten ist, die Fahndungs- und Fallbearbeitungsplattform “VIVA” abgefragt haben. … Entsprechende Aufnahmen zu den Abfragen fanden sich auf dem beschlagnahmten Handy des beschuldigten Beamten auf Probe. Zudem stießen die Ermittler auf Chats, in denen der Polizist von einem inzwischen inhaftierten Dealer, der in den Drogenkrieg verstrickt ist, je Personenabfrage im Polizeicomputer 50 Euro verlangte.”

“Je Personenabfrage im Polizeicomputer 50 Euro verlangte”

Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass dies kein spezifisches “Polizeiproblem” darstellt. In anderen Institutionen scheinen ähnliche Verhältnisse ebenfalls vorzuliegen.

“Staatsanwalt” – “Der 39-Jährige soll laut einem Bericht mit einem Drogenkartell zusammengearbeitet haben”

>>n-tv<<

“Der Verdacht gegen einen Staatsanwalt aus Hannover ist ungeheuerlich. Der 39-Jährige soll laut einem Bericht mit einem Drogenkartell zusammengearbeitet haben, gegen das er eigentlich hätte ermitteln sollen. Durch seine Tipps seien die Anführer der Bande entkommen. Nun sitzt der Jurist in Untersuchungshaft. … Aus Chats unter Mitgliedern der Bande hätten sich Hinweise auf ein Leck bei einer Behörde ergeben.”

“Aus Chats unter Mitgliedern der Bande hätten sich Hinweise auf ein Leck bei einer Behörde ergeben”

Die “Arbeitsweise” des genannten Staatsanwalts deutet offensichtlich darauf hin, dass er möglicherweise selbst Teil dieser Gruppe war. In der Regel treten derartige Fälle vor allem bei Polizei und Staatsanwaltschaft zutage, da dort oft gegensätzliche Interessen aufeinandertreffen können. Bei anderen Institutionen ist dies demnach häufig nicht der Fall, wie beispielsweise beim Finanzamt.

“Finanzamt von Vermietern auch Kopien von Mietverträgen verlangen kann”

>>Handelsblatt<<

“Streit gibt es aktuell zur Frage, ob das Finanzamt von Vermietern auch Kopien von Mietverträgen verlangen kann, in denen die Namen der Mieter einsehbar sind. Ein Finanzamt in Bayern hatte dies zur „Kontrolle der steuererheblichen Verhältnisse“ eingefordert. Doch ein Vermieter wollte die Namen der Mieter nicht preisgeben. Gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sei dies ohne vorherige Einwilligung der Mieter nicht möglich.”

“Vermieter wollte die Namen der Mieter nicht preisgeben” – “Ohne vorherige Einwilligung der Mieter”

Die Datenschutzgrundverordnung wird seit ihrer Einführung oft als zahnloser Papiertiger wahrgenommen, der vor allem dazu dient, kleine Unternehmen und Privatpersonen zu belästigen. Tatsächliche einklagbare Rechte scheinen daraus kaum abzuleiten zu sein, was auch vom Bundesfinanzhof bestätigt wurde.

Wesensgehaltsgarantie – Gibt es überhaupt einen Datenschutz?

>>Bundesfinanzhof<<

“Die Verarbeitung personenbezogener Daten ‑‑wozu nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch das Erheben und Erfassen der Daten gehört‑‑ ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Bedingungen erfüllt ist. Dies ist unter anderem nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO der Fall, wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.”

Ohne Datenschutz: Darf das Finanzamt alle Mietverträge einsehen und die Daten miteinander verknüpfen?

Es ist durchaus bedeutend, dass das Gericht in dieser Angelegenheit ausschließlich auf die DSGVO Bezug nimmt, obwohl hier ein Grundrecht betroffen ist. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist direkt im Grundgesetz verankert, und tatsächlich hätte hier eine Abwägung stattfinden müssen. Die uneingeschränkte Einsicht in nahezu alle Mietverträge ermöglicht nicht nur Einblicke, die weit über steuerliche Gesichtspunkte hinausgehen, sondern diese Informationen können auch mit anderen vorhandenen Daten kombiniert werden, was ein sehr umfassendes Bild der Persönlichkeit ergibt. Daher ist es kaum vorstellbar, dass dies mit der Wesensgehaltsgarantie in Einklang stehen kann.