“Was macht es da schon, wenn Milch, Butter, Joghurt, Eier, Brot, Brötchen, Obst, Gemüse oder Waschpulver sich im Preis nahezu verdoppeln?”
Die “gefühlte Inflation” wird heutzutage beinahe schon als Blasphemie angesehen. Meist wird sie einfach nur als Einbildung abgetan. Tatsächlich sind Zweifel an der offiziellen Inflationsberechnung – insbesondere in der breiten Bevölkerung – unüberhörbar. Und diese Zweifel sind durchaus berechtigt.
Gefühlte Inflation: “Was sind wir Bürger doch dumm” – “Wir »fühlen« die Teuerung wohl einfach falsch”
>>Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden von Andreas Marquart & Philipp Bagus (Buch) <<
“Die Teuerungsrate gehört wohl zu den komplexesten, am schwierigsten nachzuvollziehenden volkswirtschaftlichen Kennzahlen überhaupt. Wahrscheinlich machen es die Statistiker im Auftrag ihres Arbeitgebers (der Staat) deshalb so kompliziert, damit kein Laie auch nur den Hauch einer Chance hat, die Zahlen zu überprüfen. Und wenn vonseiten der Bürger ab und zu Zweifel an den offiziellen Zahlen zur Preissteigerung aufkommen, dann wiegelt man ab, mit dem Hinweis, das sei alles nur Einbildung, und es handle sich um die sogenannte »gefühlte Inflation«. Was sind wir Bürger doch dumm. Wir »fühlen« die Teuerung wohl einfach falsch.”
Inflationsberechnung: “Damit kein Laie auch nur den Hauch einer Chance hat, die Zahlen zu überprüfen”
Die Debatte über die “gefühlte Inflation” reicht praktisch bis zur Euroeinführung zurück. Schon damals wurde der Euro teilweise als “Teuro” bezeichnet und dieses ungute Gefühl ist bis heute geblieben.
“Im Jahr der Bargeldeinführung Anfang 2002 eine heftige Debatte los” – “Ob der Euro nicht in Wahrheit ein Teuro sei”
>>Sind wir noch zu retten? von Klaus Schweinsberg (Buch) <<
“So brach in Deutschland im Jahr der Bargeldeinführung Anfang 2002 eine heftige Debatte los, ob der Euro nicht in Wahrheit ein Teuro sei. Zwar stiegen die Lebenshaltungskosten laut der amtlichen Statistik lediglich um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, also durchaus stabilitätskonform. Dennoch breitete sich im Land das dumpfe Gefühl aus, der Euro habe die Preise das Laufen gelehrt. Machte nicht jeder tagtäglich dieselben unliebsamen Erfahrungen mit dem neuen Geld? Beim morgendlichen Gang zum Bäcker, beim Einkauf im Lebensmittelladen und beim Essen im Restaurant – alles schien plötzlich viel teurer als zu alten D-Mark-Preisen. Stichproben privater Institute untermauerten die persönlich gesammelten Eindrücke. Sonderauswertungen der amtlichen Statistiken brachten zutage, dass die gefühlte Inflation sich nicht auf Einbildung oder Mark Nostalgie und Euro-Phobie zurückführen ließ. Ursache des allgemeinen Unbehagens waren die Güter des täglichen Bedarfs.”
“Ursache des allgemeinen Unbehagens waren die Güter des täglichen Bedarfs”
Mitnichten handelt es sich hierbei um eine einzelne Meinung, sondern diese Erfahrung haben viele Menschen gesammelt. Insbesondere die Güter des täglichen Bedarfs sind signifikant gestiegen und das ging schon bei der Euroeinführung los.
“Um das Jahr 2002” – “Wahrscheinlich wissen Sie noch, dass der Mantel 300 gekostet hat – aber waren es D-Mark oder Euro?”
>>Limbi – Der Weg zum Glück führt durchs Gehirn von Werner Tiki Küstenmacher (Buch) <<
“Denken Sie einmal an Anschaffungen zurück, die Sie um das Jahr 2002 getätigt haben: Wahrscheinlich wissen Sie noch, dass der Mantel 300 gekostet hat – aber waren es D-Mark oder Euro? Diese Tatsache hat sich vor allem die Gastronomie zunutze gemacht. Nur wenige Jahre nach der Währungsumstellung kostete der frühere 2,90-DM-Kaffee im Speisewagen 2,90 Euro – und sorgte bei der Bevölkerung für eine »gefühlte« Inflation, die viel höher war als die tatsächliche. Denn eklatant verteuert hat sich vor allem dieser alltäglich sichtbare Convenience-Bereich der kleinen Gastronomie. Bei edler Frischkost wie Spargel oder Kirschen schreiben Händler nicht wie sonst den Kilopreis, sondern immer öfter den Betrag pro 100 Gramm aufs Preisschild. »100 g Kirschen für 1,25 Euro« aktiviert das Schmerzzentrum nicht so stark wie »1 kg Kirschen für 12,50 Euro«.
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“Nur wenige Jahre nach der Währungsumstellung kostete der frühere 2,90-DM-Kaffee im Speisewagen 2,90 Euro”
Die “gefühlte Inflation” macht sich also besonders bei Gütern des täglichen Bedarfs bemerkbar. Und das ist wenig verwunderlich: Denn genau diese Produkte sind im offiziellen Warenkorb bei der Inflationsberechnung verhältnismäßig unterrepräsentiert.
“Was Experten die »gefühlte Inflation« nennen, was uns aber als durchaus real erscheint”
>>Der Crash ist die Lösung von Marc Friedrich & Matthias Weik (Buch) <<
“Unserer Ansicht und Erfahrung nach ist die Inflation jedoch weitaus höher. Hinzu kommt nämlich das, was Experten die »gefühlte Inflation« nennen, was uns aber als durchaus real erscheint. Die EZB erläutert ihren Begriff der gefühlten Inflation durch die folgenden Beobachtungen: »Preisanstiegen wird mehr Beachtung geschenkt als stabilen oder sinkenden Preisen. Laut den Forschern von der EZB bleiben uns Preissteigerungen länger im Gedächtnis, und stabile oder zurückgehende Preise fallen uns weniger auf.«So weit mag man folgen. Nun führt die EZB weiter aus: »Häufig getätigte Anschaffungen werden stärker wahrgenommen.« In den letzten Jahren, so die Forscher, seien die Preise für viele Dinge einigermaßen stabil geblieben oder sogar gefallen. Angestiegen seien sie »nur« bei einigen häufig erworbenen Waren bzw. in Anspruch genommenen Dienstleistungen wie beispielsweise Benzin, Brot oder Bus- und Bahnfahrkarten. So entspreche es nicht dem realen Bild der Preissteigerung, wenn die Verbraucher insgesamt eine Preissteigerung erleben, denn sie haben keinen Überblick über das Gesamtbild, in das die Statistiker die Preise aus quasi allen Marktsegmenten einbeziehen.”
“Angestiegen” – “Wie beispielsweise Benzin, Brot oder Bus- und Bahnfahrkarten”
Allerdings machen die Preise für Benzin, Brot oder Bus- und Bahnfahrkarten gerade für einkommensschwache Bevölkerungsschichten einen Hauptteil der täglichen Ausgaben aus. Auch ist fraglich: Inwieweit ein theoretisch “billig gewordener Computer” tatsächlich die Wirklichkeit der Inflation abbildet? – Denn technische Neuerungen sind grundsätzlich anfangs immer teurer, weil die Entwicklungskosten erst mal eingespielt werden müssen: Doch genau diese Produkte und Dienst machen einem beträchtlichen Teil des Warenkorps zur Inflationsberechnung aus.
“Gefühlte Inflation” – “Nun gibt es die gestreute Demagogie, dass die Menschen sich den Teuro nur einbilden”
>>Euroland: Wo unser Geld verbrennt von Thomas Wieczorek (Buch) <<
“Nun gibt es die gestreute Demagogie, dass die Menschen sich den Teuro nur einbilden (»Gefühlte Inflation«), weil die Bürger in Umfragen einen stärken Preisanstieg vermuteten als von den statistischen Ämtern, zum Beispiel vom Statistischen Bundesamt, ermittelt. Richtig ist, dass die Preise für höherwertige Güter weniger stiegen als die der Produkte für den Alltagsgebrauch, also für Lebensmittel, Verkehr oder Strom und Gas. Wenn Fernreisen, Luxusautos oder Computer billiger werden, was macht es da schon, wenn Milch, Butter, Joghurt, Eier, Brot, Brötchen, Obst, Gemüse oder Waschpulver sich im Preis nahezu verdoppeln? Der »Warenkorb« – mit dem anhand ausgewählter Produkte die Inflationsrate ermittelt wird – ist ein Täuschungsinstrument. Motto: »Kaufen Sie sich nichts zu essen, sondern lieber drei Plasma-Fernseher.« Nun konnte und kann jeder halbwegs klar denkende Normalbürger nach jedem Supermarkteinkauf feststellen, dass es für immer mehr Geld immer weniger gibt. Bei ihm machen die Kosten für die Dinge des täglichen Lebens einen Großteil seiner Ausgaben aus, während sie von den Besserverdienern aus der Portokasse bezahlt werden.”
“Was macht es da schon, wenn Milch, Butter, Joghurt, Eier, Brot, Brötchen, Obst, Gemüse oder Waschpulver sich im Preis nahezu verdoppeln?”
Die “gefühlte Inflation” kann am Ende jeder Mensch unterschiedlich bewerten. Aber der offizielle Warenkorps zur Inflationsberechnung spiegelt wohl eher eine gehobene Einkommensschicht wider. Für die unteren Einkommensgruppen dürfte die “gefühlte Inflation” wesentlich näher an der Wirklichkeit liegen.