„Kokain – eine Droge für Leute mit Geld“ – Warum der Krieg gegen Drogen nicht funktionieren kann

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Polizei, Gerichte und Staatsanwaltschaft führen gemeinsam einen unerbittlichen Krieg gegen den illegalen Drogenhandel durch. An martialischen Berichten und übergroßen Erfolgsmeldungen herrscht bestimmt kein Mangel vor.

Warum ist der Krieg gegen die Drogen nicht schon längst gewonnen?

Aber nach so vielen erfolgreichen Schlachten im Drogenkrieg taucht dann doch die Frage auf: Warum ist der Krieg gegen die Drogen nicht schon längst gewonnen? – Tatsächlich finden sich auch einige öffentliche Sicherheitskräfte auf der anderen Seite des „Drogenkrieges“ wieder: Eine unschöne Tatsache, die besser im Dunkeln bleiben soll und bei gängigen Berichten nur zwischen den Zeilen zu lesen sei.

„Sechs Gramm Kokain“ – Sieht so ein gewaltiger Schlag gegen die kriminelle Unterwelt aus?

>>Alles-Lausitz.de<<

„Im Rahmen der Ermittlungsmaßnahmen gegen das Duo stellten die Polizisten … sechs Gramm Kokain sicher. Zudem beschlagnahmten die Beamten diverse Utensilien und Verpackungen, die für den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln geeignet sind, … „

Unerbittlicher Krieg gegen Drogen: Warum die verkürzte Erzählung sehr viele Unstimmigkeiten hat

An solchen und vergleichbaren Meldungen sind reichlich vorhanden. Größere Überschrift: Polizei und Öffentliche Sicherheitskräfte finden sich im selbstlosen Einsatz gegen die kriminelle Unterwelt wieder. Allerdings weist die sehr verkürzte Erzählung sehr viele Unstimmigkeiten auf. Denn die Kokainhändler tun ihr Handwerk nicht etwa deswegen, weil sie einfach nur „Böse“ sein sollen, sondern sie haben – im übertragenen Sinn – eine lange Kundenliste im Schrank liegen.

„Und Kokain – eine Droge für Leute mit Geld“

>>Undercover: Ein V-Mann packt ausvon Jörg Diehl & Fidelius Schmid (Buch) <<

„Und Kokain – eine Droge für Leute mit Geld. … Sie war schlank, ihr Haar lang und blond. Sie besuchte die Realschule im nächsten Stadtteil. Ihre Eltern kamen aus Oberschlesien in Polen. … Anna kam immer wieder zur Brücke hinter dem Hochhaus. Nicht nur wegen des Stoffs, auch um zu flirten.“

Kokain-Drogenkultur der Oberschicht: „Nicht nur wegen des Stoffs, auch um zu flirten“

Und genau hier fangen die Probleme bereits an: Zwar ist es relativ einfach dem Drogendealer auf der Straße zu verhaften, aber deren Kunden gehören vielfach der Oberschicht an. Auch Staatsanwälte und Richter sind der Droge Kokain verfallen. – Doch ein drogensüchtiger Staatsanwalt, der würde ganz schlechte Presse abgeben: Zumindest wenn der Fall bekannt würde.

„Kokain – eine Droge für Leute mit Geld“ – Warum festgenommene Drogenhändler seine prominenten Kunden nicht verraten darf

Denn theoretisch würde es ganz Einfach ablaufen: Der festgenommene Drogenhändler verrät seine prominenten Kunden und wird im Gegenzug dafür etwas früher aus dem Gefängnis entlassen. Natürlich ist es alles utopische Theorie und jeder mit etwas gesunden Menschenverstand kann sich an seinen drei Fingern abzählen: So würde es niemals ablaufen. Zugleich sind auch die Kokain-Transitrouten ohne die – tatkräftige behördliche Mithilfe – kaum denkbar.

„Die profitablen Kokain-Transitrouten“

>>Deutschland, Verbrecherland? – Mein Einsatz gegen die organisierte Kriminalität von Egbert Bülles & Axel Spilcker (Buch) <<

„Die Organisationen kämpfen untereinander und gegen den Staat um die profitablen Kokain-Transitrouten. Über 90 Prozent des von den Amerikanern konsumierten »Weißen Goldes« laufen von Kolumbien über das Drehkreuz Mexiko zu den Abnehmern in den USA. … Und in Westeuropa? … die mächtigen mexikanischen Drogenkartelle wie Los Zetas und Sinaloa in Europa ein Abnehmernetzwerk für Kokain aufbauen. Die Experten warnten davor, dass die extrem gewalttätigen mexikanischen Drogenbosse mit kriminellen Organisationen in Spanien und Italien zusammenarbeiteten.“

„Mächtigen mexikanischen Drogenkartelle“ – „Europa ein Abnehmernetzwerk für Kokain“

Anders als die gängige Meinung lautet: Die Drogenschmuggler fahren nicht blindlings drauf los, sondern deren „Drogenroute“ ist bis ins kleinste Detail geplant. Vereinfacht: Ein kolumbianischer Schiffskapitän fährt mit einer Ladung an Kokain nach Europa und muss dabei einen bestochenen Zollbeamten abpassen, der widerum die Ladung ungesehen durchwinkt. – Alle wichtigen Beteiligten sind auf der Gehaltsliste der Drogenkartelle zu finden.

Drogenrouten – Alle wichtigen Beteiligten sind auf der Gehaltsliste der Drogenkartelle zu finden

Solche Strukturen lassen sich in der Praxis kaum zerschlagen. Zumindest haben da einige vermeintliche „Entwicklungsländer“ schon einen viel größeren Fortschritt hingelegt. Leute, die am Drogenhandel partizipieren werden dort als „Narcosbezeichnet: Ein Begriff der sich nicht mal richtig übersetzen lässt, weil das entsprechende Wort dafür schlicht fehlt. Auch die Verwicklung von staatlichen Stellen in den Drogenhandel wird dort mit einen emotionslosen Schulterzucken zur Kenntnis genommen: In Deutschland sind solche Vorgänge nicht mal – ganz Leise – denkbar. Dabei sind nicht nur einfache Zollbeamte, sondern große Teile des Geheimdienstapparates im – proaktiv – Drogenhandel verstrickt.

„CIA-Flugdienst Air America“ – „Flügen Opium der Bergvölker schmuggelten“

>>Die CIA und das Heroin: Weltpolitik durch Drogenhandel von Alfred W McCoy  (Buch) <<

„Mittlerweile war ich sicher, dass der CIA-Flugdienst Air America für die Hmong-Verbündeten des Geheimdienstes Opium aus den Bergen abtransportierte. Ich wusste auch, dass jemand in der CIA-Station in Vientiane gute Gründe zu haben glaubte, meine Recherche zu stoppen. Warum schließlich der Hinterhalt und die Todesdrohungen, wenn es nur darum gegangen wäre, dass ein paar Soldaten auf ein paar Flügen Opium der Bergvölker schmuggelten? Mir wurde klar, dass ich über die Bergdörfer hinausblicken und die Beteiligung der obersten Ränge des laotischen Militärs untersuchen musste. Eine meiner Quellen, ein amerikanischer Polizeiberater, deutete an, dass der Stabschef der königlich-laotischen Armee, General Ouane Rattikone, die größte Heroinraffinerie in Laos besaß und dort die Heroinmarke »Double-U-O-Globe« produzierte, die damals die US-Armeelager in Südvietnam überschwemmte.“

„Stabschef der königlich-laotischen Armee, General Ouane Rattikone – Die größte Heroinraffinerie in Laos besaß“

Die Fluggesellschaft „Air America“ hatte sich im Nachgang als CIA-Tarnunternehmen herausgestellt, das massiv am Drogenhandel verdient hatte. Diese so verdiente Drogengelder wurde dann gewissermaßen in ihre eigenen kleinen „Geheimdienstkriege“ gesteckt. – Oder anders: Ganz große Politik nur mit andern Mitteln. Letztendlich ist der vermeintliche „Krieg gegen die Drogen“ nur auf den kleinen Dealer auf Straße und einige seiner mittellosen Kunden beschränkt.