“Vorbereitung auf den Tag X” – “Penibel angefertigte Karteikarten und schwarze Listen”
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Welche Auswirkungen könnten die Ereignisse des sogenannten “Tag X” haben? Angesichts der Tatsache, dass der Krieg zunehmend in greifbare Nähe rückt und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst, entstehen in diesem Zusammenhang verständlicherweise viele Fragen. Selbstverständlich sind geheime Dokumente vertraulich, jedoch können aus der Geschichte einige Rückschlüsse gezogen werden. Schließlich hat auch die frühere DDR Vorkehrungen für den “Tag X” getroffen.
“Vorbereitung auf den Tag X”
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“Vorbereitung auf den Tag X” – Die geplanten Isolierungslager der Stasi – Mit einem speziellen Codewort an alle 211 Kreisdienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sollte im Ernstfall eine ungeheuerliche Maschinerie in Gang gesetzt werden: Innerhalb von 24 Stunden sollten über 2.900 Personen festgenommen und über 10.000 in Isolierungslager verschleppt werden. Weitere 72.000 Bürgerinnen und Bürger sollten unter verstärkte Überwachung gestellt werden. So sah es die streng geheime „Direktive 1/67“ vor.”
“Innerhalb von 24 Stunden sollten über 2.900 Personen festgenommen und über 10.000 in Isolierungslager verschleppt werden”
Da die erwähnten Isolierungslager zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden waren, sollten sie kurzfristig als Provisorium eingerichtet werden. Die Verhältnisse in diesen Lagern kann sich folglich jeder vorstellen. In diesem Zusammenhang müssen auch umfassende Listen von Personen angelegt worden sein. Allerdings bezog sich “Tag X” nicht nur auf den Kriegsfall, sondern auch auf andere sicherheitsrelevante Vorfälle.
“Zentrale Einsatzleitung der DDR und die Sicherheitskommission des Politbüros der SED”
“Entstanden waren die Einsatzleitungen aus den Erfahrungen, welche die Partei- und Staatsführung der DDR während des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 machen musste. Im Januar 1954 benannte Willi Stoph, zu jener Zeit noch Innenminister, als eine wichtige Aufgabe der Einsatzleitungen: “Niederschlagung von feindlichen Provokationen wie Streiks, Demonstrationen, Aufruhr und Revolten.” Im gleichen Jahr wurde eine zentrale Einsatzleitung der DDR und die Sicherheitskommission des Politbüros der SED gebildet.”
“Niederschlagung von feindlichen Provokationen wie Streiks, Demonstrationen, Aufruhr und Revolten”
Arbeitsniederlegungen, Protestaktionen, Unruhen und Aufstände sind zweifellos Begriffe, die weitreichend interpretiert werden können, und es war kaum möglich, den genauen Zeitpunkt des sogenannten “Tag X” vorherzusagen. Dennoch haben sich auf der westdeutschen Seite bemerkenswert ähnliche Ereignisse ereignet.
“Verfügte der TD über eine Proskriptionsliste mit Namen deutscher Kommunisten und Sozialdemokraten”
“Der „Bund Deutscher Jugend“ (BDJ) wurde offiziell am 5. September 1950 mit einer Eintragung in das Frankfurter Vereinsregister gegründet. Als Gründer und ideologischer Kopf des stark antikommunistisch ausgerichteten Verbands fungierte Paul Lüth, der darüber hinaus als Arzt und Schriftsteller arbeitete. … Ausgebildet als Partisanengruppe und Stay-Behind-Armee sollten sich die Mitglieder des TD im Falle einer sowjetischen Invasion überrollen lassen und dann in den besetzten Gebieten Sabotageakte durchführen und nachrichtendienstlich relevante Erkenntnisse generieren. Außerdem verfügte der TD über eine Proskriptionsliste mit Namen deutscher Kommunisten und Sozialdemokraten, die im Falle eines solchen Szenarios „kaltgestellt“ werden sollten, darunter auch prominente Akteure wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Herbert Wehner und der niedersächsische Ministerpräsident Hinrich Kopf.”
“Im Falle eines solchen Szenarios „kaltgestellt“ werden sollten”
“Penibel angefertigte Karteikarten und schwarze Listen” – “Sie sollten am Tag X aus dem Verkehr gezogen werden”
“Penibel angefertigte Karteikarten und schwarze Listen entstanden. Darauf standen unter anderem SPD-Parteichef Erich Ollenhauer, der Bundestagsabgeordnete Herbert Wehner, Hessens Innenminister Heinrich Zinnkann, Walter Apel, Hessens Bevollmächtigter bei der Bundesregierung, Hamburgs Bürgermeister Max Brauer und Bremens Bürgermeister Wilhelm Kaisen. Sie sollten am Tag X aus dem Verkehr gezogen werden. Der Tag X bezeichnete den Ernstfall, einen Angriff der Sowjets. Aber was bedeutete die Formulierung »aus dem Verkehr ziehen«? »Beseitigen, notfalls mit der Waffe«, erklärte Hans Otto aus der TD-Führungsriege. Der hessische SPD-Abgeordnete Hans Nitsche bemerkte in der Landtagssitzung vom 8. Oktober 1952 schlicht: »Abgemurkst werden!« Ob Internierung oder Ermordung, gerichtlich wurde das nie geklärt.”
“Was bedeutete die Formulierung »aus dem Verkehr ziehen«?”
Es handelt sich beim sogenannten “Bund Deutscher Jugend” um eine teilweise eigenständige Organisation, die größtenteils durch öffentliche Gelder finanziert wurde und sich überwiegend im Umfeld der Geheimdienste bewegte. Daher kann mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch gegenwärtig ähnliche Organisationen existieren, die vergleichbare Listen von Personen führen.